Braucht es eine Reform? Der Lokführer-Streik provoziert Kritik am Streikrecht
Der Arbeitskampf der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer nervt viele Menschen im Land. Jetzt gibt es Forderungen, die ihre Möglichkeiten einschränken sollen.
Der Verdruss über den mehrtägigen GDL-Bahnstreik und seine Folgen hat in Deutschland eine Debatte über ein Tabuthema ausgelöst: Die Einschränkung des Streikrechts. „Ein Streik an kritischen Infrastrukturen wie der Bahn muss immer das letzte Mittel sein, nie das erste“, sagte die Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU), unserer Redaktion, und ergänzte: „Daher fordern wir für neuralgische Infrastruktur wie im Bahnverkehr, in der Energieversorgung oder an Flughäfen einen Streik-Vorlauf von mindestens vier Tagen, einen Notdienst und vor allem ein zuvor abgeschlossenes Schlichtungsverfahren.“ Für eine verpflichtende Schlichtung plädierte auch der Wirtschaftsrat der CDU. Die FDP im Bundestag fordert die GDL und ihren Vorsitzenden Claus Weselsky zum Dialog auf.
Bisher sind in Deutschland grundsätzlich nur freiwillige Schlichtungsverfahren zulässig. Eine staatliche Zwangsschlichtung von Tarifkonflikten wäre verfassungswidrig, erklärt etwa die Gewerkschaft Verdi. Sie beharrt auf dem geltenden Streikrecht und hat für die nächste Zeit Arbeitsniederlegungen angekündigt, um die Lohnforderungen der Beschäftigten im Handel durchzusetzen.
GDL agiert unverhältnismäßig
Vom Lokführerstreik sind bis Montagabend unter anderem die Personenzüge der Deutschen Bahn betroffen. Der Konzern zeigt sich ratlos, Personalvorstand Martin Seiler sagte: „Es gibt absolut keinen Grund mehr, sich Gesprächen zu verweigern.“ Die Bahn bietet unter anderem eine 37-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt sowie eine Lohnerhöhung auf bis zu 13 Prozent. GDL-Chef Weselsky lehnt das ab und stößt damit auf Kritik. „Die GDL darf die Gesprächsangebote der Deutschen Bahn nicht einfach ignorieren“, forderte etwa FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler und ergänzte: „Statt blinder Streiks ohne erkennbare Perspektiven sollte die GDL jetzt in den Dialog eintreten."
Das Arbeitskampfrecht ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt, sondern im Wesentlichen durch die Rechtsprechung entwickelt worden, wie es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages heißt. Durch die GDL-Streiks könnte sich das ändern. Denn: „Die GDL agiert unverhältnismäßig“, argumentiert MIT-Chefin Connemann, die dem mit rund 25.000 Mitgliedern größten parteipolitischen Wirtschaftsverband in Deutschland vorsteht. Weselsky verweigere Gespräche und nehme „dennoch das ganze Land in Geiselhaft“. Für den Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, legt der GDL-Streik „ein Defizit des Streikrechts offen: Für zentrale Aufgaben und die Infrastruktur unseres Landes muss bei verfahrenen Tarifverhandlungen eine verpflichtende Schlichtung eingeführt werden. Dieser Schlichterspruch muss dann am Ende von beiden Seiten angenommen werden."
Mehr Geld mit Tarifvertrag
Darüberhinausgehende Maßnahmen lehnt Steiger ab. „Ich halte hingegen nichts von Versuchen, der GDL ihren Gewerkschaftsstatus abzusprechen“, sagte er unserer Redaktion. „Wir erleben es in anderen lebensnotwendigen Bereichen des Öffentlichen Dienstes, dass dort DGB-Gewerkschaften wie Verdi statt der GDL ganze Städte oder das Land als Faustpfand benutzen."
DGB-Chefin Yasmin Fahimi macht derweil weiter Druck „auf die politischen Akteure in den Ländern und im Bund, damit sie sich für mehr Tarifbindung einsetzen – auch durch neue gesetzliche Regelungen.“ Hintergrund ist, dass nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten in Tarifverträgen gebunden ist. Vor zwanzig Jahren waren es noch gut zwei Drittel. Tarifbeschäftigte bekommen laut DGB im Schnitt 844 Euro brutto mehr.
Die Diskussion ist geschlossen.
Wer bei der Lohnfindung die Verhältnismäßigkeit ins Spiel bringen will um damit dämpfend zu wirken wird nicht umhin kommen, das auch bei der Preisgestaltung zu tun.
Dass ein großer Teil der gemessenen Inflation einfach Mitnahmeffekte sind und auf illegalen Preis-Absprachen beruhen ist bekannt.
Ich bin auch nach wie vor der Ansicht, daß einer der obersten Grundsätze unseres Rechtssystems, die Verhältnismäßigkeit, "ziehen" müsste. Verhältnismäßig sind die Attacken der GDL m. e. schon lange nicht mehr. Aber die Bewertung der Verhältnismäßigkeit ist eben manchmal Ansichtssache.
@Wolfgang B. Sie haben leider recht, gestern wurde in den Nachrichten ausführlich darüber berichtet, andererseits, wenn man sieht, was jeder Tag die Wirtschaft kostet, da kommen schöne Summen zusammen.
Mit gutem Grund hat man bei dem früheren Stastsbetrieb verbeamtet...
Durch die Privatisierung ist ja dann auch alles viel besser geworden.
Ein streik ist dann gerechtfertigt, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften trotz längeren Verhandlungen und gegenseitigen Entgegenkommen nicht einigen können. Dabei dürfen aber Unbeteiligte nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn doch, sollten beide Parteien einen Schadensausgleich für diese leisten müssen. Was hier die GDL und auch Verdi, praktizieren, sind Forderungen, welche auf dem Rücken der unbeteiligten Bevölkerung zu deren Nachteil ausgetragen werden.
Beim jetzigen Streik der GDL kommt hinzu, dass diese keine "Verhandlungen" führt, sondern Forderungen stellt, ohne sich dabei zu bewegen. Dies Verhalten grenzt ja schon an Erpressung.
Auch sollte man im Interesse der (hauptsächlich arbeitenden) Bevölkerung und des Landes staatlicher Seite gerade den ÖPNV von Streiks ausnehmen, da dieser für das Land und u.U. der Sicherheit relevant ist.
Nein. Nach deutschem Recht ist ein Streik dann gerechtfertigt wenn er von einer Gewerkschaft getragen wird und wenn sich die Streikinhalte gegen Dinge richten, die in einem Tarifvertrag geregelt werden können, also im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses liegen.
@WOLFGANG B
Ein Streik ist nicht im "deutschen Rechtswesen" genau beschrieben bzw. definiert. Für mein Dafürhalten wäre eben dann ein Streik, wie von mir beschrieben, "gerechtfertigt".
Es ist dringend an der Zeit, die Auswüchse der in letzer Zeit abgehaltene Streiks besser zu regeln, um unnötige Belastungen/Behinderungen für die Bevölkerung zu vermeiden. Ganz zu Schweigen von den finaziellen Verlusten, welche der, ohne an dem Streik beteiligten, Volkswirtschaft zugefügt werden.
Grottenfalsch. Machen Sie sich doch mit den einfachsten Grundlagen deutschen Rechts vertraut bevor Sie so einen Unsinn schreiben.
Ein Streik, sofern rechtmäßig und nicht wild, ist durch Art. 8 GG gedeckt. Eineindeutig.
@WOLFGANG B.
Vielleicht haben Sie es nicht verstanden: das ist meine Meinung.
Und weiter: manche Streiks werden auch durch verschiedene Gerichte teilweise auch anders bewertet, wobei es auch zu Untersagungen kommt. Daher ist eine Streikankündigung der Gewerkschaften u.U. nicht immer rechtsmäßig auch dadurch, weil eben die Rechtssprechung über den Umfang/Sinn eines Streiks nicht eindeutig ist.Nicht alle ist durch den Artikel 8 GG gedeckt, der übrigens die Versammlungsfreiheit beschreibt.
"Streikversammlungen sind von der Koalitionsfreiheit geschützt, unterfallen allerdings im Grundsatz den für Versammlungen geltenden Regelungen". Ende der Nachhilfe.
In der DDR hätten sie diesen Weselsky schon längst eingesperrt, hier bei uns kann er sich alles erlauben, das nennt man Demokratie
Wollen Sie Verhältnisse wie in der DDR? Die Rechtmäßigkeit von Streiks kann man vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen, hat die DB aber nicht getan.