Masern-Fälle verdreifacht - obwohl die Krankheit ausgerottet sein sollte
Die Masern sollten eigentlich schon ausgerottet sein - stattdessen erkrankten 2017 dreimal so viele Menschen wie im Vorjahr. Auch in Bayern sind viele Kinder nicht geschützt.
Der Tod der sechsjährigen Alina sorgte 2016 bundesweit für Bestürzung und zeigte, wie gefährlich die Masern sein können. Das Mädchen starb an der Masern-Gehirnentzündung SSPE und damit an einer Spätfolge des Virus. Nach den Plänen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hätte die Krankheit zu diesem Zeitpunkt in Europa gar nicht mehr existieren dürfen: Sie hatte nämlich das Ziel herausgegeben, die Masern bis zum Jahr 2015 auszurotten.
Die Zahlen aus dem Jahr 2017 unterstreichen, dass die WHO mit diesen Plänen gescheitert ist: In Deutschland wurden mehr als 900 Masern-Fälle nachgewiesen - damit erkrankten dreimal so viele Menschen wie im Vorjahr. Für das Robert-Koch-Institut (RKI) zeigt das, dass die Menschen in Deutschland nicht ausreichend vor der Krankheit geschützt sind, bei der Betroffene unter Fieber, Kopfschmerzen und Schleimhautentzündungen leiden.
Warum die Zahl der Masern-Fälle stark schwankt
Außergewöhnlich ist die Verdreifachung der Masern-Fälle laut RKI nicht. "Bei Masern-Ausbrüchen gibt es jährlich große Schwankungen", erklärt Sprecherin Susanne Glasmacher. Ein Blick auf die Entwicklung seit 2001 zeigt, dass unter anderem 2015 deutlich mehr Menschen an Masern erkrankt waren:
Warum schwanken die Masern-Fälle von Jahr zu Jahr so stark? Laut Glasmacher liege das vor allem daran, dass betroffene Menschen nach einer Krankheitswelle immun seien. "Wenn dann neue Kinder geboren werden und heranwachsen, steigen die Fälle wieder", sagt die Sprecherin.
Daneben spiele es auch eine Rolle, ob es regional zu größeren Ausbrüchen komme. Wie viele Menschen an Masern erkranken, könne von Bundesland zu Bundesland stark schwanken. In Bayern stiegen zwar 2017 die Fälle von 33 auf über 50 - damit war die Zunahme aber geringer als der bundesweite Trend. Mit 520 Fällen gab es in Nordrhein-Westfalen deutlich mehr Erkrankungen, was vor allem an Ausbrüchen in Großstädten wie Duisburg lag. In Bayern gab es zuletzt 2001 und 2002 große Ausbrüche.
In den vergangenen Jahren erkrankten vergleichsweise wenige Menschen im Freistaat an Masern, wie diese Grafik verdeutlicht:
Fehlende Masern-Impfungen auch in Schwaben und Oberbayern
Laut RKI wären Masern schon längst kein Problem mehr, wenn sich alle Menschen in Deutschland dagegen impfen ließen. RKI-Sprecherin Glasmacher sagt: "In den vergangenen Jahren hat sich der Schutz von Kindern unter zwei Jahren verbessert - die Lage ist aber immer noch nicht gut."
Für den zuverlässigen Schutz seien zwei Impfungen vor Masern nötig. Die erste sollen Kinder idealerweise im Alter von 11 bis 14 Monaten bekommen, die zweite im Alter von 15 bis 23 Monaten.
Auch in Bayern sind längst nicht alle Kinder geschützt. Eine Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung zu Masern für die Jahre von 2009 bis 2014 zeigt, dass die Impflücken bei Kindern bis zu zwei Jahren besonders in Schwaben und Oberbayern groß sind. Bundesweit haben 63 Prozent der Kleinkinder beide Masern-Impfungen bekommen. In 27 bayerischen Landkreisen fällt die Quote deutlich niedriger aus - unter anderem im Unter- und Ostallgäu ist nur rund die Hälfte der Kinder geschützt. Diese interaktive Karte zeigt die Impfquoten für alle bayerischen Landkreise:
Das RKI weist darauf hin, dass auch vielen Erwachsenen der Schutz vor Masern fehle. "Das betrifft vor allem diejenigen, die vor der Einführung der Masern-Impfung im Jahr 1970 geboren wurden", erklärt Glasmacher. Bei fehlendem Schutz soll die Impfung im Erwachsenenalter nachgeholt werden - damit die Masern tatsächlich ausgerottet werden können.
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