50 Jahre, 50 Köpfe: Die berührenden Geschichten hinter einer Ausstellung
Zum 50. Geburtstag des Landkreises Augsburg begann ein ganz besonderes Projekt, mit dem Menschen aus dem Augsburger Land vorgestellt wurden. Jetzt ist es vollendet.
Da ist Makis, die Henna-Künstlerin aus Klosterlechfeld. Lange hat sie sich nicht getraut, ein Kopftuch zu tragen. "Viele haben gesagt, dass ich im Schul- und Berufsleben damit Nachteile haben werde. Aber dann bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht immer auf andere hören will, sondern meinen Weg gehen mag. Ich bin ja der gleiche Mensch, nur mein Kopf ist bedeckt. Das verstehen viele leider nicht. Aber es fühlt sich einfach richtig für mich an und ich bereue es nicht. Ich finde, meine Generation hat es etwas schwer mit dem Thema Identität. Ich bin hier geboren und aufgewachsen, aber bin eben auch Afghanin."
Und da wäre Franz Kisch aus Deuringen, der sich als Lehrbub seine erste Trompete mühsam zusammengespart hat und dem die Blasmusik heute noch Ein und Alles ist. Er sagt: "Man erlebt schon schöne Dinge mit der Musik, aber das erfährt eben nur der, der Musik macht."
Makis und Kisch sind zwei von 50 ganz unterschiedlichen Menschen, die sich jetzt in einem besonderen Projekt zusammengefunden haben. Unter dem Schlagwort "50 Jahre - 50 Menschen - 50 Geschichten" sind ihre Bilder und Geschichten seit Kurzem im Internet zu sehen, zum Teil mit Ton- und Videoaufnahmen ergänzt. Gleichzeitig hängt eine Ausstellung mit Fotos und Texten noch bis Jahresende im Landratsamt in Augsburg. Gemeinsam haben die 50 Frauen und Männer mit ihren so unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensentwürfen nur eins: Sie leben im Landkreis Augsburg. Nun sollen sie die Vielfalt von dessen Bevölkerung abbilden.
Mehr als 260.000 Einwohner im Landkreis Augsburg
"Der Landkreis ist bunt." So lautete einmal der Arbeitstitel des Projekts, das zum 50. Landkreisgeburtstag im vergangenen Jahr an den Start ging, erzählt Theresa Bitsch. Die stellvertretende Pressesprecherin des Landratsamts führte die Interviews, ihre Kollegin Julia Pietsch fotografierte die Menschen. 50 von mehr als 260.000 Einwohnern entsprechen einem Anteil von weniger als 0,0002 Prozent und dieser Anteil wird zunehmend kleiner. Denn die Bevölkerung im Kreis Augsburg wächst aufgrund von Zuzug weiter. In einigen Jahren sollen es schon mehr als 270.000 Menschen sein.
Die Physiotherapeutin Doris Freihalter erinnert sich noch gut, wie sie mit ihrer Familie nach Oberottmarshausen zog: "Die Offenheit, die ich so von unseren Urlauben kenne, die habe ich hier in Oberottmarshausen wiedergefunden, als wir damals hergezogen sind, und das hat mir sehr gut gefallen. Wir sind hier ganz schnell angekommen, es ist wirklich sehr unkompliziert und zugewandt." Für Franziska Aumann aus Dinkelscherben dagegen ist "das Freibad schon ein Stück Heimat. Ich wohne direkt daneben, nur drei Minuten entfernt. Da gehst du einfach hin, schwimmst deine Bahnen und triffst immer irgendjemanden", erzählt die Rettungsschwimmerin.
Eine Frau erklärt, warum sie im Augsburger Land Kopftuch trägt
Doch wie sind Bitsch und Pietsch auf ihre Gesprächspartner gekommen? Hier halfen die vielen Fachbereiche des Landratsamtes und die Gemeindeverwaltungen, die mit vielen Lebensbereichen in Berührung kommen. Dabei ergeben sich viele Kontakte, bei denen die Interviewerinnen nachfragen konnten. So ergab sich eine bunte Teilnehmerschar. Die Palette reicht von der Klosterschwester bis zum Klimacamp-Aktivisten.
Was Theresa Bitsch selbst ein wenig überrascht hat: Bei ihren Interview-Anfragen kassierte sie keine Absagen. "Vielen war das eine Ehre." Für sie war es wichtig, die Interviewpartner und ihre Geschichten in den Vordergrund zu rücken. Deshalb seien die Fotos auch in Schwarz-Weiß gehalten worden. Bitsch: "Jeder hat eine interessante Geschichte zur erzählen. Man muss sich nur die Zeit nehmen, zuzuhören."
Eine Lieblingsgeschichte unter den 50 erzählten habe sie nicht, sagt Theresa Bitsch. "Aber es gibt natürlich schon welche, die einen doller ergreifen." So erzählt der Hirblinger Werner Mittelbach ganz nüchtern, wie er begann, mit dem Mund zu malen, weil es mit den Händen nicht mehr ging. "Wenn ich ein Bild fertig gemalt habe, dann ändere ich im Nachhinein meistens noch einiges, weil ich häufig eigentlich nicht zufrieden bin, irgendwas ist immer. Für die Zukunft wünsche ich mir deshalb nur eins: Noch besser werden."
Njamy Sitson aus Kamerun, der heute in Diedorf lebt, hat dagegen in der Musik seine Erfüllung gefunden, die er überwiegend auf traditionellen afrikanischen Instrumenten spielt. Für ihn ist Musik "mein Weg: der Weg der Völkerverständigung. Ich definiere mich dabei selbst als Kulturträger, als wandelnde Bibliothek, so wie meine Vorfahren. Ich bin ein Mensch in Bewegung, ein Weltbürger."
Info: Alle 50 Bilder und Geschichten finden Sie unter https://landkreis-fuer-alle.de/projekt-50-jahre-50-menschen-50-geschichten/. Zudem ist die Ausstellung im Landratsamt in Augsburg zu sehen.
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