Mauern um Atomlager sollen vor Terroranschlägen schützen
Die neuen Mauern um die deutschen Atomlager sollen vor Terror schützen. Zum Anlass und zu sonstigen Details der Maßnahme schweigen die Behörden. Die Grünen fordern Aufklärung.
Die Bundesregierung reagiert offenbar auf die Zweifel an der Sicherheit der deutschen Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle: Wie das Bundesumweltministerium bestätigt, wird an den Sicherheitsvorkehrungen nun bundesweit nachgerüstet. Betroffen davon sind alle Zwischenlager - sowohl die standortnahen an den Kernkraftwerken, wie etwa in Gundremmingen (Kreis Günzburg), als auch die zentralen Zwischenlager in Gorleben, Ahaus und Lubmin.
Die baulichen Maßnahmen an den Anlagen dienen laut Bundesumweltministerium dem Schutz vor "Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter", wobei explizit auch Terroranschläge genannt werden. Eine Stellungnahme des Umweltministeriums Niedersachsen, in der es um das Atommülllager Gorleben geht, wird etwas konkreter. Demnach gebe es "neue Erkenntnisse über Tatmittel und Täterverhalten."
In Gundremmingen stimmte der Gemeinderat den entsprechenden Planungen am Dienstagabend zu. Demnach soll das Atommüll-Zwischenlager auf dem Gelände des Atomkraftwerks mit einer zehn Meter hohen, 85 Zentimeter dicken und 210 Meter langen Mauer aus Stahlbeton geschützt werden. Die Nachrüstung sorgt in der Gemeinde für große Verwirrung. Denn obwohl der Rat den Bauantrag einstimmig bewilligte - über die Hintergründe des Mauerbaus ist kaum etwas bekannt. Auf Nachfrage im Gemeinderat erklärte Bürgermeister Wolfgang Mayer lediglich, es handle sich um keine freiwillige Maßnahme der Betreiber. "Wieso, weshalb, warum entzieht sich - ehrlich gesagt - meiner Kenntnis", räumte er in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk ein.
Baubeginn noch in diesem Jahr
Auf welche konkreten Bedrohungsszenarien die Baumaßnahmen abzielen, darüber schweigt sich das Bundesumweltministerium aus. Die Betreiber von Gundremmingen und das Bayerische Umweltministerium verweisen beide darauf, dass Details der Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen.
Die Planung wurde nach Behördenangaben bereits vor der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima eingeleitet und sind ein Resultat regelmäßiger Sicherheitsuntersuchungen. Wie das Bundesumweltministerium mitteilt, wurden die Betreiber der Anlagen und die zuständigen Behörden der Länder bereits im vergangenen Jahr informiert und gebeten, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein.
Größtes Standort-Zwischenlager in Deutschland
In Gundremmingen steht Deutschlands größtes Standort-Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe. Diese werden zunächst fünf Jahre lang in Abklingbecken innerhalb des Reaktorgebäudes gelagert, bevor sie in den Castoren im so genannten Standort-Zwischenlager untergebracht werden. Das Gebäude, in dem 192 Behältern Platz haben, gleicht von außen einer gewöhnlichen Industriehalle, ist laut Beschreibung der Betreiber mit seinen 0,85 Meter starken Außenwänden und dem 0,55 Meter dicken Dach - beide aus Stahlbeton - aber "eine äußerst robuste Konstruktion". Trotzdem soll dieses Gebäude nun mit der massiven Stahlbetonmauer weiter verstärkt werden.
Grüne fordern Aufklärung vom Umweltminister
Nicht nur in der Gemeinde Gundremmingen wurde man von dieser neuen Sicherheitslage offensichtlich völlig überrumpelt, auch die Grünen im Landtag zeigen sich überrascht und forderten die bayerische Atomaufsicht auf, die Öffentlichkeit näher zu informiere. „Diese Nacht-und-Nebel-Politik bei einer so sensiblen Materie ist völlig unangemessen", sagt der energiepolitische Sprecher Ludwig Hartmann. Der Umweltminister müsse Klarheit darüber herstellen, was es mit den Baumaßnahmen auf sich habe, und ob es für die Bürger ein erhöhtes Sicherheitsrisiko gebe. „Bislang wurde immer versichert, dass die Zwischenlager ausreichend geschützt seien."
Die Diskussion ist geschlossen.