"Nationalteam" in Schwaben untergetaucht
Sie kamen als Handballmannschaft und waren in Wirklichkeit Flüchtlinge. Jetzt standen die Drahtzieher des Menschenhandels vor Gericht.
Von Till Hofmann
Dillingen/Wittislingen. Sie wurden im September 2004 von ihren Gastgebern in Wittislingen (Kreis Dillingen) empfangen wie Staatsgäste. Schließlich war die Handball-Nationalmannschaft Sri Lankas zu Besuch. Doch die vermeintlichen Elitesportler entpuppten sich kurze Zeit später als Singhalesen auf der Flucht - auf dem Weg in eine bessere Zukunft.
Die Posse um die über Nacht verschwundenen "Handballer", die sich nach Italien abgesetzt hatten, fand am Dienstag vor dem Dillinger Amtsgericht ein juristisches Nachspiel.
Erschienen waren sechs Landsleute aus dem Raum Köln, die gegen einen Strafbefehl (neun Monate auf Bewährung) Einspruch eingelegt hatten. Gegen drei Angeklagte wurde nach ausgiebigen Beratungen am Dienstag das Verfahren gegen eine Geldbuße von jeweils 2000 Euro eingestellt. Die übrigen drei bekannten sich schuldig und wurden zu einer Geldstrafe zu je 900 Euro verurteilt. Dass die Strafe geringer ausfiel als die Geldauflage in den drei eingestellten Verfahren, begründete das Gericht mit dem geringen Einkommen und den vielen Kindern der Verurteilten.
Alle Angeklagten stammen aus Sri Lanka. Eine Handynummer, die die 23 ausgebüxten Singhalesen zu Beginn ihrer Flucht aus Wittislingen einem Taxifahrer zugesteckt hatten, führte die Ermittler auf die Fährte der Fluchthelfer. Darunter waren aus Sicht von Amtsrichterin Ursula Janosi "keine Leute, die die großen Schleuserprovisionen abkassiert haben". Die Verteidigung sprach von einem "Freundschaftsdienst". An die Drahtzieher der Handball-Flucht versuchten Beamte des Bundeskriminalamtes in Sri Lanka heranzukommen - jedoch ohne Erfolg.
Was bleibt, ist der Rückblick auf eine Gruppe Singhalesen, die 15 Reisekoffer und einen Abschiedsbrief vor gut drei Jahren zurückgelassen hatten; ein angebliches Nationalteam, das "gut singen, trommeln und trinken, aber schlecht Handball spielen" konnte, erinnern sich Augen- und Ohrenzeugen.
Das Schicksal der Truppe soll auf augenzwinkernde Weise im Kino nacherzählt werden. Der italienische Regisseur Uberto Pasolini hat den Streifen bereits abgedreht. Arbeitstitel: "No Fucking Handball".
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