Von der Satire-Partei zur FDP und zurück: Der Fall des Bernd Sandner
Mit der FDP wollte Bernd Sandner ernsthaft Politik machen. Doch dann kam die Sache mit der "Partei" des Magazins Titanic.
Humorlosigkeit kann man Bernd Sandner nun wirklich nicht unterstellen. Im Gegenteil: Der 41-Jährige aus Weichering (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) liebt den schrägen Humor. Nicht ohne Grund hat er es deshalb bei der „Partei“ bis zum Generalsekretär honoris causa geschafft.
Die Splitterpartei, die 2004 von Redakteuren des Satiremagazins Titanic gegründet wurde, zeichnet sich vor allem durch eines aus: Ihr Programm ist inhaltsleer und populistisch – so wie das aller anderen Parteien auch. Sagt die „Partei“. Und deshalb darf sie auch den Wiederaufbau der Mauer fordern, die Einführung einer Faulenquote propagieren oder ihre Jugendgruppierung „Hintnerjugend“ nennen. In der Welt der Satire muss Humor wehtun dürfen. Das kann man witzig finden oder nicht.
Bernd Sandner fand das witzig. 2008 wollte er als Stimmkreiskandidat der Satiriker in den Landtag einziehen. Sein Ziel: Der „Partei“ zur Alleinherrschaft in Bayern zu verhelfen und Roberto Blanco zum Bundespräsidenten zu machen.
Die Kreisvorsitzende lobte seine liberalen Ansichten
Doch 2011 hatte Sandner keine Lust mehr auf lustig sein. Er wollte endlich ernsthaft Politik machen, weil es in der „Partei“ doch nur um Spaß und Alkohol ginge, wie er selbst sagte. Den Grünen hatte er schon in den 90ern den Rücken gekehrt, jetzt probierte er es bei der FDP – ausgerechnet jener Partei, mit der die „Partei“ niemals zusammenarbeiten würde, „weil wir keine Spaßpartei sind“, wie Vorsitzender Martin Sonneborn nimmermüde betont.
Sei’s drum: Sandner trat in den FDP-Kreisverband in Neuburg-Schrobenhausen ein, wurde stellvertretender Kreisvorsitzender und schließlich auch zum Direktkandidaten für die Bezirkstagswahl gekürt. Die FDP-Kreischefin lobte ihn für seine liberalen Ansichten und sein Engagement. Dass dieses allerdings über die FDP hinaus geht, hatte sie nicht vermutet.
In seiner Freizeit war sich Sandner nämlich nicht zu schade, einer ehemaligen „Partei“-Kollegin unter die Arme zu greifen. Bewaffnet mit Unterschriftenliste und zwei Flaschen Likör, kam der FDP-Mann an einem sonnigen Sonntagnachmittag an den Weicheringer Badesee und machte Werbung für die „Partei“. Die Aussicht auf ein Becherchen Eierlikör sollte die Bereitschaft zur Unterschrift erhöhen – was bei dem einen oder anderen Badegast auch funktionierte. „Eigentlich habe ich davon keine Ahnung!“, gab ein Mann unumwunden zu, während er seine Unterschrift nichtsdestotrotz auf das Blatt Papier setzte. Doch Sandner störte das nicht: „Macht nix, dann sind Sie genau richtig bei uns! Unwissenheit unterstützen wir!“ Zur Belohnung gab’s einen Lutscher obendrauf.
Auf eine Entschuldigung hoffte die FDP vergebens
Dass der Vize-Chef im Landkreis öffentlich an einem Badesee „fremd ging“, sorgte bei den Liberalen für wenig Begeisterung. Auch Sandner verging das Lachen, als unsere Zeitung darüber berichtete. Die ersten Reaktionen seinerseits waren deshalb eher Abwehrversuche als Erklärungen. „Ich steht dazu und ich würde es jederzeit wieder machen – auch für die Piraten oder sonst wen“, verteidigte er sich. Gemeint war die Hilfestellung beim Überwinden einer Hürde: Splitterparteien, die beispielsweise in den Bundestag einziehen wollen, müssen zuvor mindestens 200 Unterstützungsunterschriften vorweisen. Und eben aus diesem Grund habe er seiner „Partei“-Freundin geholfen.
Als die FDP-Führungsspitze auch Tage später kein Wort der Entschuldigung oder Einsicht ihres Bezirkstagskandidaten zu hören bekam, sondern sich stattdessen im Internet „Verleumdungen“ vorwerfen lassen musste, platzte den ansonsten so Liberalen der Kragen: Spätestens nach den Wahlen sollte der Parteiausschluss vorangetrieben werden.
Dem kam Sandner allerdings zuvor. In einem knappen Satz teilte er der FDP mit, dass er zum 1. September austritt – auf einem Briefpapier der „Partei“. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte Sandner seinen Humor wieder gefunden haben.
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