Volksbegehren gestartet - G8-Nachbesserungen angekündigt
München (dpa/lby) - Unmittelbar nach dem Start des Volksbegehrens "G9" hat Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) Nachbesserungen für das umstrittene achtjährige Gymnasium in Bayern angekündigt. Die Unterrichtszeiten in den unteren Klassen sollen reduziert werden. "Wir kommen damit den Wünschen vieler Eltern entgegen", erklärte Schneider am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München.
München (dpa/lby) - Unmittelbar nach dem Start des Volksbegehrens "G9" hat Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) Nachbesserungen für das umstrittene achtjährige Gymnasium in Bayern angekündigt. Die Unterrichtszeit in der Mittelstufe soll um jeweils eine Wochenstunde gekürzt werden. Auch in der fünften und sechsten Klasse soll es die Möglichkeit geben, eine Stunde einzusparen. "Wir kommen damit den Wünschen vieler Eltern entgegen", erklärte Schneider am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München.
Die Initiatoren des Volksbegehrens sprachen von einem "konzeptlosen Herumdoktern an den Stundentafeln". Auch SPD, Grüne und Verbände reagierten zurückhaltend. Erst am Morgen war bayernweit die zweiwöchige Eintragungsfrist für das Volksbegehren zur Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums (G9) angelaufen.
Mit der Initiative will eine Elterngruppe aus Unterfranken gegen die ihrer Ansicht nach übermäßige Belastung der Schüler durch das im vergangenen Herbst eingeführte achtjährige Gymnasium mobil machen. Rund 916 000 Bürger - zehn Prozent der Wahlberechtigten - müssten sich bis zum 27. Juni in die Unterschriftenlisten in den Rathäusern eintragen, damit das Volksbegehren Erfolg hat.
Schneider betonte dagegen: "Das achtjährige Gymnasium ist und bleibt das Gymnasium der Zukunft." Im Interesse der Schülerinnen und Schüler werde man an seiner "Fortentwicklung" arbeiten. Dazu kündigte er auch weitere Fortbildungsangebote für Lehrer und eine Oberstufenreform an. Vorgesehen ist, Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache als Kernfächer zu stärken. Das Abitur soll in fünf statt wie bisher in vier Fächern abgelegt werden.
Die Beauftragten des Volksbegehrens "G9" erklärten, die Ankündigung "populistischer Veränderungen" punktgenau zum Start der Unterschriftensammlung zeige die Planlosigkeit des Kultusministeriums. Durch den Wegfall von Stunden werde die Qualität des Abiturs weiter gemindert, andererseits werde sich nichts an der Belastung durch Nachmittagsunterricht ändern.
SPD-Bildungsexpertin Marianne Schieder verlangte ein Gesamtkonzept für das G8: "Die Flickschusterei und Konzeptionslosigkeit der Staatsregierung in puncto G8 muss nun wirklich ein Ende haben." Die Grünen forderten den Schulminister zum "Nachsitzen" auf. Es nütze nichts, eine Stunde Nachmittagsunterricht zu streichen, wenn sich nichts an der Menge des Lernstoffs ändere, erklärte Grünen- Bildungsexpertin Simone Tolle. Der Bayerische Philologenverband warnte davor, die Änderungen als Einsparpotenzial zu nutzen.
Konkrete Entscheidungen über die Anzahl der Pflichtstunden für die einzelnen Klassen sollen Schneider zufolge bis zum Jahresende fallen. Vorgesehen sei, den Schulen in den Jahrgangsstufen fünf und sechs die Möglichkeit einzuräumen, eine der drei so genannten Intensivierungsstunden mit den Fachunterrichtsstunden zu verknüpfen.
Damit könnten die fünften Klassen ganz ohne verpflichtenden Nachmittagsunterricht auskommen, in der sechsten Klasse gäbe es höchstens einmal pro Woche Nachmittagsunterricht. "In jedem Fall bleibt es jedoch bei einer stärkeren individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler in geteilten Gruppen", versicherte Schneider. Insgesamt sei das achtjährige Gymnasium gut angelaufen.
Darüber hinaus kündigte der im April als Nachfolger von Monika Hohlmeier ins Amt berufene Kultusminister weitere Reformen auch für andere Schularten an. Schon im kommenden Schuljahr sollten die Schulen mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung bekommen. Die Qualitätsstandards würden dabei durch bayernweite Leistungstests überprüft. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband begrüßte die Pläne. Notwendig sei jedoch dringend eine gezielte und individuelle Förderung aller Schüler.
Die Grünen warfen dem Kultusministerium unterdessen vor, Fördermittel des Bundes für Ganztagsschulen zu zögerlich zu nutzen. Von den 149 Millionen Euro, die das Investitionsprogramm "Zukunft, Bildung und Betreuung" (IZBB) jährlich für Bayern bereitstelle, seien Ende Mai erst knapp 69 Millionen für Schulen bewilligt gewesen, rechnete Tolle vor. Das Kultusministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Fördermittel würden im vollen Rahmen ausgeschöpft, allerdings werde das Geld erst ausgezahlt, wenn dem Schulträger die Kosten entstanden seien.
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