KZ-Gedenkstätte: Ärger um Merkels Dachau-Besuch
Nach dem KZ-Besuch zu einer Wahlkampfrede ins Bierzelt. Die Grünen finden die Tour der Bundeskanzlerin geschmacklos.
Für Konfliktstoff hatte der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der KZ-Gedenkstätte Dachau bereits im Vorfeld gesorgt. Kanzlerin Angela Merkel wurde am Dienstagabend in dem ehemaligen Konzentrationslager in Dachau erwartet - in einem kurzen Zeitfenster zwischen zwei Wahlkampfauftritten in Erlangen bei Nürnberg und in der Stadt Dachau bei München.
Künast: So ein Besuch nicht im Wahlkampf
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag): "Wer es ernst mit dem Gedenken an einem solchen Ort des Grauens meint, der macht einen solchen Besuch garantiert nicht im Wahlkampf."
Auch Historiker kritisiert Angela Merkel
Renate Künast nannte es eine "geschmacklose und unmögliche Kombination", dass Merkel direkt nach ihrem KZ-Besuch eine Wahlkampfrede im CSU-Bierzelt halten will. Der Historiker Wolfgang Benz kritisierte im Bayerischen Rundfunk, es wirke beiläufig, "wenn man, kurz bevor man dann ins Festzelt zum Wahlkampf geht, noch den Kranz niederlegt und Betroffenheit äußert".
Zentralrat der Juden verteidigt Kanzlerin
Der Zentralrat der Juden in Deutschland verteidigte die Regierungschefin hingegen: "Mit Frau Merkel besucht immerhin erstmals ein deutscher Kanzler die KZ-Gedenkstätte in Dachau", sagte der Zentralratsvorsitzende Dieter Graumann zu "Spiegel Online". Er werde auf jeden Fall der letzte Mensch im Land sein, der einen Besuch der Kanzlerin in Dachau kritisiere.
Graumann fügte hinzu: "Was ihren anschließenden Auftritt in einem CSU-Bierzelt angeht - ich bin auch in diesem Fall dagegen, dass wir uns jetzt in eine Meckerecke stellen. Denn wenn die Kanzlerin nur den Wahlkampfauftritt in Dachau wahrgenommen hätte, hätte man sie wiederum dafür kritisieren können, dass sie nicht die KZ-Gedenkstätte besucht hat."
Merkel wird für KZ-Besuch im Wahlkampf in Schutz genommen
Auch die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, es sei "lobenswert, dass die Kanzlerin die Gelegenheit ihres Besuchs in der Region wahrnimmt, um die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers zu besuchen". Und es sei "bemerkenswert", dass Merkel ihre Planungen mitten in der heißen Wahlkampfphase kurzfristig ändere.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) nahmen Merkel ebenfalls in Schutz. "Mit ihrem Besuch in der KZ-Gedenkstätte setzt die Bundeskanzlerin ein eindrucksvolles und ernsthaftes Zeichen - für die Opfer, für die Überlebenden und für die Dachauer Bürgerinnen und Bürger insgesamt. Dafür sind wir ihr sehr dankbar", so Hasselfeldt.
Merkel will am Mahnmal einen Kranz niederlegen
Noch kein amtierender deutscher Regierungschef hat vor Angela Merkel das frühere Konzentrationslager in der Nähe von München besucht. Die Kanzlerin war im vergangenen Herbst vom Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer (93) eingeladen worden. Mannheimer will Merkel am Abend an der Gedenkstätte begrüßen. Am Internationalen Mahnmal will sie einen Kranz niederlegen, im Anschluss sind die Besichtigung des Museums und ein Treffen mit Überlebenden geplant.
In ihrem wöchentlichen Video-Podcast hatte Merkel am Wochenende betont, sie sei sehr berührt, dass Mannheimer sie eingeladen habe. Sie reise mit einem "Gefühl der Scham und der Betroffenheit" nach Dachau. "Denn das, was in den Konzentrationslagern vor sich ging, ist und bleibt unfassbar." Sie wisse, "dass das ein nicht einfacher Termin ist".
Das KZ Dachau diente den Nationalsozialisten als Modell für alle späteren Konzentrationslager. In den zwölf Jahren seines Bestehens wurden dort und in zahlreichen Außenlagern mehr als 200 000 Menschen aus ganz Europa gefangen gehalten. Mehr als 43 000 Häftlinge wurden ermordet. dpa/AZ
Die Diskussion ist geschlossen.