Wie Bundeswehr-Altlasten bayerische Gewässer vergiften
Rund um Militärflughäfen ist sogar Grundwasser mit Chemikalien verunreinigt. Während in Manching nun etwas getan wird, wächst im Rest Bayerns der Unmut.
Gleich mehrere Orte in Bayern kämpfen mit verunreinigtem Wasser. Grund dafür sind frühere Löschübungen an militärischen Flugplätzen. Obwohl schon lange bekannt ist, dass dabei giftige Stoffe in Boden und Wasser gelangten, hat sich bis heute wenig getan. So sollen an der Friedberger Ach keine Tiere mehr getränkt werden, in Neuburg rät ein Experte dazu, den Badeweiher zu meiden. Betroffene machen Druck, die Behörden vertrösten häufig. Das oberbayerische Manching geht nun deutschlandweit voran.
Für Menschen sind die PFC- und PFAS-Stoffe gefährlich
Seit den 1950ern wurde bei Übungen und Einsätzen an Flugplätzen Löschschaum verwendet, der sogenannte per- und polyfluorierte Chemikalien (kurz: PFC oder PFAS) enthielt. Für Menschen und Tiere sind diese Stoffe bei hoher Konzentration giftig. Entdeckt haben Expertinnen und Experten die Giftstoffe rund um die Flugplätze teilweise schon vor über zehn Jahren. Durch die früheren Feuerlösch-Übungen gelangten große Mengen davon in die Böden, Flüsse, Seen und ins Grundwasser. Auch, wenn diese Art von Schaum mittlerweile nicht mehr benutzt wird, bleibt das Problem: denn die PFAS-Chemikalien zerfallen nicht durch Sonnenlicht oder andere natürliche Einflüsse.
Weil die Stoffe sich in der Umwelt nicht von selbst abbauen, die Natur dadurch verseucht wird und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass sie für Menschen krebserregend sind, muss das Problem bei Überschreitung der Grenzwerte aktiv angegangen werden. Sowohl am Fliegerhorst in Neuburg (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen), am ehemaligen Fluggelände Penzing (Kreis Landsberg) und am Flugplatz Manching (Kreis Pfaffenhofen an der Ilm) sind die Probleme bekannt.
Doch nur in Manching tut sich nun etwas. Rund um den Flugplatz sollen sieben Brunnen gegraben werden, die das kontaminierte Grundwasser reinigen und dann wieder zurück in den Boden bringen. Laut Staatlichem Bauamt Ingolstadt sollen Mitte September erste Bohrarbeiten dafür beginnen. Damit ist Manching der erste kontaminierte Flugplatz Deutschlands, bei dem derart konkrete Lösungsschritte beginnen. Das für die Maßnahmen zuständige Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr spricht bei der Manchinger PFAS-Sanierung deshalb sogar von einer Vorreiterrolle. Vorangegangen sind den Schritten etliche Jahre der Untersuchungen, Planungen und Genehmigungen.
PFAS-Sanierung: In Manching geht es voran
Über diese Planungsphasen sind die Behörden bei den Flugplätzen Neuburg und Penzing noch nicht hinausgekommen. Seit mehreren Jahren werden an beiden Orten umfassende Untersuchungen sowie Boden- und Wasserproben vorgenommen. Neben Warnungen ist bisher aber wenig passiert. So sind für Badeweiher rund um den Neuburger Fliegerhorst jüngst neuste Messergebnisse vorgestellt worden. Resultat: Im beliebten Zeller Weiher sind auch mehr als zehn Jahre nach Entdeckung der giftigen Chemikalien noch derart hohe PFAS-Werte vorhanden, dass der Leiter des örtlichen Gesundheitsamts dazu rät, den Weiher zu meiden oder zumindest seltener dort zu baden.
Verantwortliche verweisen auf die laufende Sanierungsplanungen und gesetzliche Vorgaben, an die man sich halten müsse. Vor Ort sorgt das für Unverständnis. So machte der Neuburger Landrat Peter von der Grün (Freie Wähler) zuletzt mehrfach deutlich, dass ihm das alles zu lange dauere. Gemeinsam mit Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) forderte von der Grün zuletzt gar einen umfassenden Bodenaustausch rund um die verseuchten Feuerlöschübungsbecken. Die Bundeswehr rechnet frühestens bis Ende des Jahres mit Ergebnissen der Untersuchungen und darauf folgenden Schritten. Auch eine Bürgerversammlung in der Region, bei der konkrete Lösungen gefordert wurden, änderte am Zeitplan der Bundeswehr nichts.
Wann weitere Orte von den giftigen Chemikalien befreit werden, ist unklar
Ähnlich frustriert sind viele Menschen auch über die Situation am früheren Fliegerhorst Penzing. Durch die seit Jahren andauernden Untersuchungen wissen die Einwohnerinnen und Einwohner der zum Flugplatz anliegenden Gemeinden Epfenhausen und Untermühlhausen noch immer nicht, wie gefährlich die PFAS-Chemikalien in ihrer Heimat wirklich sind. Vor einigen Monaten installierte das dort zuständige Bundesamt für Immobilienaufgaben (Bima) über dem ehemaligen Löschbecken eine Abdeckung, die verhindern soll, dass weiterhin Regenwasser die Chemikalien in Richtung Grundwasser treibt. Betroffene haben vor Ort einen Zweckverband gegründet, der die möglichen Langzeitfolgen und die Kosten durch die Bundeswehr-Altlasten für die eigene Region adressiert.
Wann in Penzing endlich saniert werden kann, wie hoch die Kosten dafür werden und wer diese letztlich trägt, ist unklar. Nicht zuletzt deshalb wurde im örtlichen Zweckverband und bei einigen Kommunalpolitikern sogar laut über eine Klage gegen das Bima nachgedacht.
Die giftigen Chemikalien gelangen aus Schwaben in die Donau
Auch Menschen, die fern der Flugplätze wohnen, sind von den Bundeswehr-Altlasten betroffen. Denn von Penzing aus gerät seit Jahren kontaminiertes Wasser in den nahegelegenen Bach, der ein paar Kilometer flussabwärts zur Friedberger Ach (Landkreis Aichach-Friedberg) wird. Hier bestätigen Proben seit Jahren eine hohe Konzentration der giftigen PFAS-Chemikalien im Wasser. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) warnt deshalb über den gesamten Flussverlauf vor dem Verzehr von Fischen, außerdem sollen Nutztiere nicht mit dem Wasser getränkt werden.
Von Penzing aus werden die Industriechemikalien also etwa 100 Kilometer von Süd nach Nord durchs Wasser getragen. Auch in einer Reihe von Weihern rund um Königsbrunn (Landkreis Augsburg) wurden 2020 erstmals die gesundheitsschädlichen Stoffe gemessen und ebenfalls eine Verzehr-Warnung für Fische ausgestellt. Allein die Altlasten aus Penzing verteilen sich über ein riesiges Gebiet: über fünf Landkreise und zwei Regierungsbezirke, bis in die Donau hinein. Wann die betroffenen Menschen mit einer endgültigen Lösung rechnen können, bleibt weiterhin unklar. Immerhin: Das Trinkwasser in den Regionen ist weiterhin genießbar.
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