Bayerns Himmel weint, und er wird das nahezu in einer Tour noch bis Dienstag tun. Aber wenn der Dauerregen samt dicker Abkühlung eine gute Seite hat, dann die: Weitere schwere Gewitter sind fürs Erste unwahrscheinlich. Das, was sich in den vergangenen Tagen über Schwaben und Oberbayern entladen hat, ist auch schon heftig genug.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hatte es zunächst vor allem Lindau und Nördlingen erwischt. Am Bodensee musste ein Campingplatz mit rund 900 Menschen evakuiert werden. Auf dem Gelände waren Bäume umgestürzt und auf Zelte und Wohnwagen geknallt; mehrere Menschen wurden verletzt. Im Ries tobte ein Sturm während eines Festivals von Motorrad-Fans. Zehn Menschen wurden von umherfliegenden Teilen verletzt, drei von ihnen kamen ins Krankenhaus.
100 Bewohner eines Seniorenheims in Kissing wurden in Sicherheit gebracht
Am Samstagnachmittag folgte dann das nächste Unwetter. Diesmal im Zentrum: Augsburg und ein großer Bereich südlich der Stadt. Unzählige Scheiben, Gärten, Fassaden und Dächer wurden beschädigt oder völlig zerstört, Keller liefen voll. Manche Häuserfronten sehen jetzt aus, als hätten sie Einschusslöcher. Noch am Sonntag waren viele Straßen überschwemmt. Die Feuerwehren zählten Hunderte Einsätze. Aquaplaning sorgte zudem für mehrere Unfälle.
In der Gemeinde Kissing im Landkreis Aichach-Friedberg deckten enorme Windböen das Dach eines Seniorenheims ab, die umliegenden Straßen waren übersät mit Trümmerteilen. Das Haus wurde noch am Abend geräumt und ein Großteil der etwa 100 Bewohnerinnen und Bewohner in andere Heime gebracht; einige mussten die Nacht in einer Mehrzweckhalle verbringen. Augenzeugen berichteten von riesigen Hagelkörnern, die Scheiben von Häusern und geparkten Fahrzeugen zertrümmerten.
Im Ort stürzte ein Zelt ein, das Freiwillige gerade für ein bevorstehendes Fest aufbauten. 30 Menschen mussten von Rettungskräften versorgt werden, zehn wurden zur weiteren Behandlung in umliegende Krankenhäuser gebracht, einer davon mit dem Rettungshubschrauber. Auch die Gäste einer privaten Geburtstagsfeier wurden vom Unwetter überrascht, drei mussten im Krankenhaus versorgt werden. Zudem hieß es, im Hagelsturm seien drei Pferde gestorben, ein viertes werde noch gesucht.
Tischtennisballgroße Hagelkörner demolierten mehrere Luxus-Karossen
In Augsburg war gerade der Herbstplärrer, Schwabens größtes Volksfest, eröffnet worden, als die Regenmassen über dem Gelände niedergingen. Viele Besucherinnen und Besucher ergriffen die Flucht, andere brachten sich in den Bierzelten in Sicherheit. Zuvor war der Festumzug am Mittag bei zwar drückender Hitze, aber wenigstens trocken über die Bühne gegangen. Weil später im Stadtgebiet viele Bäume umfielen und zum Teil auf Leitungen stürzten, stand der Nahverkehr still. Die Berufsfeuerwehr meldete am späten Abend durch Hagel insgesamt 15 Verletzte. In der Stadt und den beiden Nachbarlandkreisen seien bei der Integrierten Leitstelle rund 1000 Anrufe eingegangen, sagte Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch.
Land unter herrschte auch in Teilen des Landkreises Unterallgäu. In Tiefenried, einem Ortsteil von Kirchheim, drangen die Wassermassen in einen Viehstall ein und blockierten die Tore. Mehrere Kälber kamen ums Leben. In Königsbrunn im Landkreis Augsburg standen Geschäfte unter Wasser, tischtennisballgroße Hagelkörner demolierten mehrere Luxus-Karossen eines Autohändlers. Die Stadt Lindenberg im Westallgäu brach gegen 14.30 Uhr wegen der Unwetterwarnung das Internationale Käse- und Gourmetfest ab.
Es gibt eine neue Unwetterwarnung, diesmal vor Starkregen
Im südlichen Oberbayern berichteten Menschen von Hagelkörnern, die so groß wie Tennisbälle gewesen sein sollen. Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks wurde in Bad Bayersoien im Landkreis Garmisch-Partenkirchen der ganze Kurort verwüstet. Rund 150 Dächer seien schwer beschädigt worden, teilweise sei kein Dachziegel mehr an seinem Platz. Das Landratsamt rief den Katastrophenfall aus, um zur Bewältigung der großen Schäden auch Einsatzkräfte aus anderen Landkreisen offiziell anfordern zu können. Auf dem Chiemsee mussten laut Bayerischem Roten Kreuz mehrere Boote teils mit Insassen abgeschleppt werden.
Noch am Samstagabend teilte der Deutsche Wetterdienst mit, dass mit einer weiteren Unwetterwarnung vor extremen Gewittern vorerst nicht mehr zu rechnen sei. Stattdessen gab es am Sonntag eine vor Starkregen in ganz Südbayern. Der viele Regen lässt die Pegel an den Flüssen steigen. Nach Berechnungen des Hochwassernachrichtendienstes am Landesamt für Umwelt kann bis Dienstag vereinzelt Meldestufe 1 erreicht werden, beispielsweise an der Donau. Ab Mittwoch soll es dann freundlicher werden, Temperaturen jenseits der 20-Grad-Marke sind aber voraussichtlich erst am kommenden Wochenende wieder drin.