Welche Möglichkeiten stecken noch in Illertissens Innenstadt?
Gemeinsam mit Weißenhorn hat man sich in Illertissen Gedanken über die Zukunft gemacht. Dabei wird deutlich: Es gibt viel Potenzial – doch die Zeit drängt.
Die Prognosen lassen nichts Gutes ahnen: Bundesweit gehen Experten davon aus, dass es leerer werden wird in den Innenstädten. In Klein- und Mittelstädten stünden derzeit selbst in besten Lagen rund 15 Prozent der Geschäfte leer, hat eine Umfrage des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) ergeben. Und die Zahlen dürften in den kommenden Jahren noch weiter steigen. Dabei trägt nicht allein Corona Schuld. Das Problem trifft praktisch alle Städte. Illertissen möchte nun etwas dagegen tun – und das möglichst schnell. Die Weichen dazu hat der Stadtrat jetzt gestellt.
Den Anstoß dazu gab ein Projekt, das mit Mitteln der IHK Schwaben finanziert wurde. Vertreter der Städte Weißenhorn und Illertissen trafen sich Anfang Oktober, um die Entwicklung der beiden Städte während und nach der Corona-Pandemie zu besprechen. Unter dem verheißungsvollen Titel "Innenstadt Reloaded" sprachen Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft darüber, wo in den beiden Städten die Probleme liegen – und ob es schon Ideen für die Lösung gibt.
Illertissen bringt schon viele Voraussetzungen mit
Peter Markert von der Imakomm-Akademie leitete den Workshop – und hatte zumindest für Illertissen bereits hoffnungsvolle Erkenntnisse mitgebracht: "Mir fällt beim besten Willen nicht ein, wieso Illertissen den Kopf in den Sand stecken sollte", so Markert. "Wenn Sie wüssten, wie gut Sie sind!" Markert meint damit die gute Erreichbarkeit, die Themen Garten- und Bienenstadt, aber auch die personellen Voraussetzungen wie Henning Tatje als "Kümmerer" für die Belange der Innenstadt und Simon Ziegler als Klimaschutzmanager. Aber auch die vielen Kleinode, die sich im Innenstadtbereich befinden: "Es sieht aus wie im Urlaub", so der Experte. "Nur: Sie führen die Leute da nicht hin."
Bei seinen Untersuchungen und im Workshop hat Markert aber auch einige Hemmnisse ausgemacht. Bei vielen Akteuren herrsche eine gewisse Lethargie, der Austausch zwischen der Politik und den privaten Akteuren komme zu kurz – und auch bei den vereinsinternen Strukturen innerhalb der Werbegemeinschaft gebe es Mängel. Ganz aktuell tut sich allerdings auch hier bereits etwas: Die Werbegemeinschaft Illertissen habe sich bei ihrer Jahreshauptversammlung am Tag vor der Stadtratssitzung unter der Führung von Rainer Weikmann neu aufgestellt, informierte Bürgermeister Jürgen Eisen.
Was also kann Illertissen besser machen? Markert nennt dabei als zentralen Punkt die "Entschleunigung" der Hauptstraße. Damit ist kein weiteres Tempolimit in dem ohnehin auf 20 Stundenkilometer reduzierten Bereich vorgesehen, sondern eine neue Aufteilung des Raumes. "Keiner kommt in eine Innenstadt wegen des Parkens", konstatierte er. Parkmöglichkeiten spielten eine wichtige Rolle, sie müssten jedoch nach seinen Worten konzentriert werden – zugunsten von mehr Aufenthaltsqualität. Die Hauptstraße als komplette Handelsstraße "können Sie auf Dauer vergessen", so seine Prognose. Deshalb müssten auch andere Gründe geschaffen werden, die Innenstadt aufzusuchen. Oder, wie es Markert formuliert: "Ihre bestehenden Wettbewerbsvorteile müssen Sie durch andere Besuchsgründe ergänzen."
20.000 Euro Budget für den neuen Initiativkreis in Illertissen
Dabei ist nach seiner Einschätzung neben einer langfristigen Strategie vor allem Schnelligkeit gefragt, was Ideen und ihre Umsetzung anbelangt: "Wir müssen vom Tanker zum Speedboat werden." Ein solches "Speedboat" soll nun der Initiativkreis werden, dessen Gründung der Stadtrat einhellig beschlossen hat. Mitglieder der Werbegemeinschaft, aus allen Stadtratsfraktionen sowie der Wirtschaftsförderer und die Kulturbeauftragte der Stadt sollen hier mitarbeiten und Ideen entwickeln, die sich im kommenden Jahr bereits umsetzen lassen. 20.000 Euro Budget gibt es dafür zusätzlich. Markert: "Die Arbeit in diesem Initiativkreis hat etwas mit Mut zu tun – und auch damit, Fehler zu machen."
"Wir versuchen bereits viel", so Bürgermeister Jürgen Eisen, der in diesem Zusammenhang den kürzlich gestarteten Bücherwagen, den Wasserspielplatz mit Sonnensegel und die Veranstaltungen auf dem Marktplatz nannte. "Aber es ist nie genug." Erste Ideen, was sich noch entwickeln könnte, kamen auch schon in der Sitzung zur Sprache: Susanna Oberdorfer-Bögel (Freie Wähler) regte an, die Stadt könnte eines der leer stehenden Geschäfte in der Innenstadt anmieten und für einen begrenzten Zeitraum für Start-ups zur Verfügung stellen. Ansgar Batzner verwies auf die im Stadtrat vorhandene Expertise von Geschäftsleuten, die für die Konzeption genutzt werden sollte. Und auch er mahnte: "Wir machen da bislang nicht genug Tempo."
Die Geschwindigkeit soll sich jetzt allerdings deutlich steigern. Denn spätestens am 31. März 2022 soll der neu gegründete Initiativkreis dem Stadtrat sein erstes Konzept vorstellen. Die Voraussetzungen sind laut Peter Markert denkbar gut. "Andere Städte müssen den Ball erst auf den Elfmeterpunkt bringen. Bei Ihnen liegt er schon da."
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