Massenhaft Unfälle: Wie der Winterdienst gegen spiegelglatte Straßen kämpft
Der Winterdienstkoordinator Thomas Ritter erklärt, warum am Dienstagmorgen eine schwierige Lage entstanden ist – und wie man sich im Bauamt darauf vorbereitet.
Ein voll besetzter Schulbus, eine spiegelglatte Straße und ein entgegenkommender Fahrer, der die Kontrolle über sein Auto verliert – das Szenario, das am Dienstagmorgen zwischen Obergessertshausen und Könghausen folgte, kann man erahnen. Der 32-jährige Pkw-Fahrer wurde schwer verletzt, Busfahrer und Schüler waren unter Schock. Das blieb nicht der einzige Einsatz für Rettungskräfte, Polizei und Feuerwehren. An insgesamt elf Orten krachte es in den frühen Morgenstunden im Landkreis Günzburg. Alle Unfälle entstanden nach Angaben der Beamten wegen rutschiger Eisflächen auf der Straße. Hat an diesem Tag etwa der Winterdienst verschlafen?
Trotz Plusgraden war der Winterdienst auch an diesem ereignisreichen Tag unterwegs. Wann es überhaupt zu einem Einsatz, vor allem zu einem Streueinsatz kommt, erklärt Thomas Ritter, der Sachgebietsleiter Betriebsdienst beim Staatlichen Bauamt in Krumbach. Als ein Anhaltspunkt dienen zunächst einmal die Wetterprognosen, so der Fachmann. Sind niedrige Temperaturen angesagt, sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Rufbereitschaft. Ob nun das Telefon in den frühen Morgenstunden klingelt, hängt daraufhin von den Messungen der Einsatzleiter ab.
Für die Einsatzleiter des Winterdienstes beginnt die Schicht schon um halb drei
Für die Einsatzleiter beginnt der Arbeitstag schon sehr früh: Um 2.30 Uhr stapfen sie an die Kontrollstationen, um die Temperaturen zu messen. Zum einen vom Straßenbelag selbst und zum anderen zehn Zentimeter unter der Fahrbahn. So auch an dem besagten "Vorabend" des verhängnisvollen Unfalltags im gesamten Landkreis Günzburg. Laut Thomas Ritter lagen die Temperaturen zwischen viereinhalb und fünf Grad – also "nicht sonderlich bedenklich". Die Temperatur habe sich auch bei den Kontrollmessungen der nächsten Stunden nicht verändert.
Doch die Lage gestaltete sich nach einem Anruf der Polizei gänzlich anders: Dieser ging nach dem ersten Glätteunfall in Bayersried gegen 5.30 Uhr ein. Ein 22-jähriger Autofahrer kam kurz nach dem Ortsende in südlicher Richtung von der Fahrbahn ab und landete in einem angrenzenden Feld. Trotz der herrschenden Plusgrade war die Straße laut Polizeibericht spiegelglatt, weshalb das Auto ins Rutschen kam. Für den Winterdienst bedeuteten der Unfall und der Hinweis auf die Eisfläche vor allem eins: Volleinsatz, alle Kräfte ausrücken. Ab 6 Uhr wurde daher auf den Straßen gestreut.
Am Dienstagmorgen krachte es an elf Orten im Landkreis Günzburg
Wieso es nun gerade an jenem Morgen zu so vielen Glätteunfällen kam, ist Thomas Ritter auch nicht ganz klar. Denn: Es lag kein Schnee und das Thermometer zeigte Plusgrade an. Und wenn sich einer auskennt, dann muss es er sein: Seit 2007 ist er der Sachgebietsleiter des Betriebsdiensts beim Staatlichen Bauamt Krumbach – und damit für den Winterdienst der Bundes- und Staatsstraßen in den Landkreisen Neu-Ulm, Günzburg und Dillingen zuständig. Ritter verwundert am meisten, dass es nur in bestimmten Bereichen im Landkreis Günzburg gefährlich wurde, während die bekannten kritischen Punkte, wie etwa Obenhausen bei Weißenhorn (Kreis Neu-Ulm), lediglich nass waren. Generell blieb der ganze Landkreis Neu-Ulm von eisigen Stellen verschont. Doch der Mitarbeiter des Bauamts hat eine Vermutung, was die spiegelglatten Stellen auslöste: "Vermutlich war es eine Kombination aus Frost im Boden und einem eiskalten Wind, der lokal über die Stellen zieht." Daher haben sich wohl vereinzelte Bereiche zu einer gefährlichen Eisfläche verwandelt.
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