Reaktion auf Brandbriefe: Wie wird Bad Wörishofen fit für die Zukunft?
Es geht um eine höhere Grundsteuer, um Höhe der Gewerbesteuer und um weitere heikle Themen. Wie es nun weitergeht, wurde im Strategieausschuss Bad Wörishofen deutlich.
Nichts weniger als die Zukunft Bad Wörishofen war nun Thema im Strategieausschuss des Stadtrates. Manfred Gittel (FW) hatte den Anstoß dazu gegeben und auch durchgesetzt, dass öffentlich beraten wird, was Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) zunächst anders geplant hatte. Der Stadtrat werde "immer wieder mit so genannten Brandbriefen konfrontiert", nannte Gittel den Grund für seinen Vorstoß. "Mal sind es die Einzelhändler, mal die Hoteliers, mal die Ärzte, mal ist es ein Bürger, eine Bürgerin – nicht immer erreichen uns diese Brandbriefe direkt, aber irgendwie erfahren wir dann doch von den Nöten und Besorgnissen." Das Problem: "Darüber diskutiert wird kaum und wenn ja, wird diskutiert, ohne die Beteiligten selbst anzuhören." Das geht so nicht", zudem brauche man eine klare Vorstellung davon, wie es in Bad Wörishofen an entscheidenden Stellen weitergehen soll. Wirtschaftsreferentin Christine Waibl (CSU) hakte gleich ein und wurde deutlich. Zum Beispiel wäre es schon gut "mal in die Puschen zu kommen", was Kindergärten und das Platzproblem in der Grundschule angehe. Das war nicht alles.
Gittel forderte, man müsse Betroffene im Rat direkt einbinden und gemeinsam Lösungen erarbeiten. "Ursprünglich hatte ich gedacht, wir könnten das in einer Sitzung tun, doch sehe ich ein, dass es einfach zu viele Gruppierungen und Interessen gibt, die anzuhören sind", sagte Gittel. Diese Bedenken hatte zuvor auch Bürgermeister Welzel geäußert. Gittel hatte mehrere Handlungsfelder ermittelt, um die es gehen müsse. "Haben wir eine Zukunft mit Kneipp?", frage Gittel. "Können wir diese Zukunft alleine stemmen oder braucht es nicht über unseren Stadtrand hinaus reichende umfassende Unterstützung – auch finanzieller Art?" Auch um Integration geht es ihm. "Wie kann Integration, Miteinander gelingen? Wie viel Zuzug vertragen wir überhaupt?", sind seine Fragen. Leerstehende Gebäude, Baulücken, darum müsse man sich ebenfalls kümmern.
Lungenfacharzt ist aus Bad Wörishofen abgewandert, Ärztezentren entstehen in den größeren Städten
Wie steht es um die Arztversorgung in Bad Wörishofen? "Der Lungenfacharzt ist abgewandert nach Mindelheim, Arztzentren sind immer mehr in Mindelheim und Kaufbeuren", kritisierte Gittel. Er befürchtet, dass Bad Wörishofen bald nur noch ein Titel ohne Inhalt sei. Arbeitsmarkt, Schulen, Kindergärten, Kultur, Kirchen, alles Handlungsfelder, betonte Gittel. Auch die Gewerbesteuer brachte er auf. Mann müsse darüber diskutieren, ob es sinnvoll sei "bei Hebesatz 240 zu bleiben". Gittel fordert eine Grundsatzdiskussion. Er kritisierte außerdem die "Gebührenexplosion bei Abwasser, Friedhof, Kindergarten". Für Gittel ist klar: "Man kann die Bürger nicht über Gebühr belasten, das geht einfach nicht." Diskutiert wird im Rat offenbar auch über eine höhere Grundsteuer in Bad Wörishofen, wie Gittels Ausführungen zu entnehmen war. "Wie hoch soll sie sein? Wie viel mehr belastet sie die Bürger?", wollte er wissen. Es waren längst nicht alle Punkte. Es tue sich "ein wahrer Fragenkatalog auf", sagte Gittel.
Manfred Gittel kritisiert die "Gebührenexplosion" bei Abwasser, Friedhof und Kindergärten
Er fordert mehrere zeitnahe und öffentliche Sitzungen, thematisch gegliedert, mit den relevanten Organisationen und Personen als Diskussionspartnern. Wirtschaftsreferentin Christine Waibl (CSU) sagte, auf manche Fragen gebe es jetzt schon Antworten. Man könnte in Bad Wörishofen den Haushalt einfach mal früher aufstellen oder "mal in die Puschen kommen", was die Kindergärten und das Platzproblem in der Grundschule angeht. Aktuell gebe es in Bad Wörishofen keine freien Kindergartenplätze mehr, hatte jüngst CSU-Fraktionssprecher und Sozialreferent Tobias Kotonksi berichtet. Die Grund- und Mittelschule platzt aus allen Nähten, die Stadt will jetzt Container kaufen, um die Zeit bis zu einem Anbau oder Neubau einer Außenstelle überbrücken zu können. Was genau gemacht wird, soll eine Studie zeigen. "Die Themen stehen, aber die Verwaltung müsste halt mal loslegen", kritisierte Waibl.
"Die Themen stehen, aber die Verwaltung müsste halt mal loslegen", kritisiert Wirtschaftsreferentin Christine Waibl
Dass es dabei auch darum gehe, "die Leute mitzunehmen", machte Gittel deutlich. "Da findet kein Austausch statt", kritisierte er. Wolfgang Schweyer (Generation Fortschritt) sagte, es gebe "ganz viele Punkte", bei denen Gittel recht habe. Es gebe aber auch viele, wo "wir ohne Verwaltung nicht weiterkommen", betonte er. Er sprach die "Grundsteuerreform" an. "Da wissen wir, dass das dringend besprochen werden muss", sagte Schweyer.
Gittels Fraktionskollege Christoph Hienle betonte in Anlehnung an ein bekanntes Strategiespiel, man dürfe "mit Bad Wörishofen jetzt nicht Siedler von Catan spielen". Es könne nicht um die Frage gehen: "Wie schaffe ich eine perfekte Stadt?". Das werde man nicht schaffen. "Das würde höchstens in einer Planwirtschaft funktionieren", sagte Hienle. Waibl wiederum war dafür, die Menschen "positiv zu motivieren und nicht mit Verboten".
Dass es am Ende oft ums Geld geht, machte Dritte Bürgermeisterin Michaela Bahle-Schmid (CSU) deutlich. "Wir sind als Kommunen am untersten Ende der Nahrungskette", betonte sie. "Die Mittel fließen nicht so, wie sie sollten." Sie gebe Gittel recht, der gefordert hatte, auch da müsse man Druck machen. In der Sitzung wurden am Ende keine Maßnahmen beschlossen. Bürgermeister Welzel regte an, dass zunächst in den Fraktionen diskutiert werde. So wird es nun auch gemacht.
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