Ulm schafft 1000 neue Plätze für Flüchtlinge und eine Unterkunft in Wiblingen
In Ulm platzt die Unterbringung von Geflüchteten aus allen Nähten. Nun müssen zusätzliche Plätze geschaffen werden. Ein neues Containerdorf in Wiblingen sorgt bereits im Vorfeld für Kritik.
Eine gewisse Hilflosigkeit war in den Reihen des Ulmer Gemeinderats zu spüren, als Andreas Krämer, der bei der Stadt für das Thema zuständig ist, zum Thema Geflüchtete referierte. 2838, so die jüngste Zahl aus dem Dezember, sind derzeit in der Stadt untergebracht. Um die kommenden Anforderungen zu erfüllen, müssten 1000 zusätzliche Plätze geschaffen werden.
Haarklein rechnete die Verwaltung aus, wie in den Stadtteilen das Verhältnis von Geflüchtete in Prozent pro Einwohner aus. Die Werte reichen von 4,17 (Eselsberg) bis 0,7 in Wiblingen. Somit ist aus Sicht von Krämer also klar, wo als erstes zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden sollen.
Neue Container für Geflüchtete in Ulm-Wiblingen
Pläne dafür liegen bereits in der Schublade: Drei Orte im Ulmer Stadtteil, der vor allem durch sein Kloster bekannt ist, werden in die engere Wahl genommen: im Bereich der Schrebergärten an der Johannes-Palm-Straße, beim Sportplatz des TV Wiblingen und beim Friedhof. Wobei die Stadt bereits einen Favoriten hat: Jenen Standort am Gottesacker direkt beim Kreisverkehr an der Unterkirchberger Straße hat das Krämer-Team als Favoriten auserkoren. Egal, wo die Container für 250 Plätze in Wiblingen entstehen, die Kosten beziffert die Verwaltung mit etwa neun Millionen Euro. Zur Standortauswahl soll es eine Diskussionsveranstaltung in Wiblingen geben, bevor Anfang Februar im Ulmer Gemeinderat eine Entscheidung fallen soll.
Schon jetzt regt sich in der Ulmer Bürgervertretung Widerstand: "Schon jetzt erreicht die AfD in Wiblingen 20 Prozent. Was meint ihr, was wir da erreichen", sagte FDP-Stadtrat Wolfgang Stittrich. "Wir produzieren große Probleme", die uns irgendwann erschlagen."
Ulms OB Gunter Czisch: "Die Zumutungen werden größer"
"Die Probleme und die Zumutungen werden größer werden", sagt Ulms OB Gunter Czisch. Dem Stadtoberhaupt sei klar, dass "das nicht auf große Begeisterung stoßen wird". Auch weil neben der Anmietung Häusern und Wohnungen sowie dem Ausbau von bestehenden Unterkünften, Ulm wohl nicht um an der Nutzung von Turnhallen vorbeikomme.
Doch Ulm sei gesetzlich zur Aufnahme von Flüchtlingen verpflichtet. "Wenn wir sagen, wir nehmen nicht auf, stehen die trotzdem da", sagt jener Mann, der im Oktober vergangenen Jahres in den Schlagzeilen stand, weil er die Belastungsgrenze der Stadt bei der Aufnahme von Geflüchtete als überschritten bezeichnete. Ulm komme aufgrund der vielen Krisen der Welt und der Gesetzeslage nicht drumherum, neue Kapazitäten zu schaffen. "Realismus, auch wenn es weh tut, würde ich empfehlen."
Dennoch verweigerten sieben gewählte Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, dem Antrag der Verwaltung, für zusätzlich 250 Plätze neun Millionen Euro zu reservieren und dem "Ausbauziel von prognostizierten erforderlichen zusätzlichen 1.000 Unterbringungsplätzen ihre Zustimmung. Neben Stittrich und dem jüngst wegen dieser Thematik aus der CDU ausgetretenen Stadtrat Hans-Walter Roth auch der Fraktionschef der CDU, Thomas Kienle.
Geflüchtete in die Ulmer Wilhelmsburg?
Stadtrat Hans-Walter Roth sagte, dass es sich die Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik zu einfach mache, und so die Kommunen erpresse. "Da dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Bürger abtrünnig werden." Als Unterkunft für Geflüchtete brachte Roth die Wilhelmsburg ins Spiel, die bereits nach dem Krieg Heimat für 3000 Menschen gewesen sei. Die Stadtspitze entgegnete, dass das grundsätzlich zu prüfen wäre aber kurzfristig keine Lösung sei. So habe Ulm aus Zeitgründen derzeit keine Wahl zwischen Containern oder der Wilhelmsburg.
Der Ex-Landtagskandidat Kienle kritisierte, dass ein von der CDU seit anderthalb Jahren gefordertes "Integrationskonzept" bislang im Gemeinderat ignoriert worden sei. Statt mit Sprachkursen, Security-Konzept und Kita-Planungen auf so viele Flüchtlinge vorberietet zu sein, werde jetzt eine neue Container-Siedlung in "drei Wochen durchgepeitscht". Das sei keine solide und keine nachhaltige Politik.
Widerspruch kam auch aus der Fraktion der CDU. "Hier kommen Menschen, nicht irgendeine Masse", sagte Karin Graf. Im Gemeinderat werde der Aspekt vergessen, dass die zusätzlichen Menschen in einer Stadt, die an Fachkräftemangel leidet, auch eine Chance sein könnten.
Ulms künftiger OB Martin Ansbacher muss (noch) zuschauen
Ulms künftiger OB Martin Ansbacher schaute sich die hitzige Diskussion, die wohl seine am 1. März beginnende Amtszeit mitbestimmen wird, von den Zuschauerrängen an. Der Neu-OB war zuvor aus dem Gremium verabschiedet worden. Auf seinem Platz sitzt jetzt die neue SPD-Stadträtin Ulrike Schanz.
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