Nach dem Sturm
Erst allmählich wird das ganze Ausmaß der Zerstörung sichtbar: Riesige Schäden in den Wäldern. Gestern noch immer Haushalte ohne Strom
Landkreis Zwei Tage nach dem schweren Gewittersturm wird das Ausmaß der Schäden ist allmählich sichtbar. Besonders hart hat es die Waldbesitzer und Landwirte getroffen.
Josef Mack, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft, vergleicht das Gewitterausmaß gar mit den Schäden, den Orkan Lothar am 26. Dezember 1999 angerichtet hatte. Der Sturm am Samstag habe vor allem im westlichen Landkreis eine zehn Kilometer breite Schneise geschlagen und großflächig Bäume zu Fall gebracht. Teilweise seien auf zwei bis vier Hektar großen Flächen Bäume wie Streichhölzer geknickt. Am Sonntag hätten die Waldbesitzer das Ausmaß noch nicht überrissen. Gestern zeigte sich: „Es sind Riesenschäden entstanden, gigantisch.“ Macks ersten Schätzungen zufolge hat das Gewitter 15000 bis 20000 Festmeter Schadholz zurückgelassen, „die halbe Menge dessen, was wir sonst vermarkten“, so Mack. Am härtesten habe es die Gebiete um Holzheim, Kadeltshofen und Hittistetten getroffen. Das kaputte Holz müsse nun so schnell wie möglich aufgearbeitet werden, um dem Borkenkäfer und der Fäule keinen Raum zu geben.
Schlimm erwischt hat es auch die Auwälder entlang der Donau. Wie Volker Fiedler, Betriebsleiter des Forstbetriebs Weißenhorn der Bayerischen Staatsforsten, berichtet, hat der Sturm an der Nahtstelle zwischen den Landkreisen Neu-Ulm und Günzburg besonders gewütet. Fiedler schätzt, dass im Revier Autenried, das sich bis nach Oberelchingen erstreckt, der Bruchanfall wohl bei 15000 bis 20000 Festmetern liegt. Hinzu kommen etwa noch 8000 Festmeter Bruch aus den anderen acht Revieren, um die sich der Forstbetrieb kümmert. Gewaltige Zahlen, die laut Fiedler jedoch im normalen Hiebsatz noch aufgefangen werden können. Mehr als 30 Forstwirte und Unternehmer sind jetzt im Einsatz, um vor allem die Wege zu den Donaukraftwerken freizuräumen. Volker Fiedler und auch Josef Mack warnen eindringlich davor, in den betroffenen Waldgebieten spazieren zu gehen. „Das ist hochgefährlich“, betonen beide unisono.
Verheerende Schäden müssen einige Landwirte in der Region in Kauf nehmen. Vor allem wer Mais angebaut hat, muss wohl teilweise mit Totalausfällen rechnen. Bei Reinhold Kaufmann im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Krumbachstand stand gestern das Telefon nicht mehr still. Ein Betroffener nach dem anderen wandte sich hilfesuchend an den Pflanzenbaufachberater, ob sich der niedergeknickte Mais wieder aufrichte oder wie es mit Nachbaumöglichkeiten aussehe. Kaufmann blieb keine andere Antwort übrig als: „Abwarten. Wenn der Mais nicht geknickt oder gebrochen ist, schafft er es vielleicht noch mal.“ Wenn nicht, sei es sehr schwierig, den kaputten Mais überhaupt zu heckseln, da er viel zu weich gewachsen sei.
Die Techniker der Stromversorger LEW und SWU sind seit Samstagnacht praktisch im Dauereinsatz. Zahlreiche Bäume und Äste waren auf Stromleitungen gestürzt, Blitze hatten Kurzschlüsse ausgelöst. In hunderten von Haushalten in vielen Ortschaften in der Region war es dadurch zu Stromausfällen gekommen. Stark betroffen war der Raum Pfaffenhofen – zwischen Kadeltshofen und Berg waren Starkstromleitungsseile von umstürzenden Bäumen durchtrennt worden, bei Diepertshofen brach ein Betonmast, so LEW-Sprecher Eckart Wruck. Fast alle durch den Sturm entstandenen Lücken im Elektrizitätsnetz seien mittlerweile wieder geschlossen. Ohne Strom waren gestern noch drei Haushalte in Neu-Ulm-Steinheim, darunter eine Bank und ein Gewerbebetrieb, die gestern geschlossen hatten. Ein Privathaushalt werde über ein Nachbarhaus mit Strom versorgt, so Wruck.
Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm meldeten gestern: „Es gibt überall wieder Strom.“ Viele Schäden seien aber bislang nur provisorisch behoben, die Arbeiten würden noch tagelang andauern, so Sprecher Marc Fuchs.
Die Straßen sind inzwischen wieder frei befahrbar, teilte Michael Wagner vom Staatlichen Bauamt in Krumbach gestern mit. Dutzende Straßen, wie beispielsweise die B10 bei Unterfahlheim oder die Nu 17 zwischen Weißenhorn und Reichenbach, waren am Samstagabend kurzfristig wegen umgestürzter Bäume gesperrt worden. Was die Feuerwehren nicht beseitigt hätten, würden jetzt die Straßenmeistereien aufräumen.
Viel Zeit zum Aufräumen bleibt allerdings nicht, denn die nächsten Unwetter drohen schon wieder. Wie Markus Michl von der Wetterwarte in Stötten gestern auf Anfrage sagte, steigen ab Mittwoch die Temperaturen und damit die Gefahr der Gewitter. Dass sie allerdings ähnlich heftig ausfallen wie am vergangenen Wochenende, kann sich der Wetterbeobachter nicht vorstellen. Allein am Samstagabend hatte es nach den Messungen des Wetterbeobachters im Raum Ulm mehr als 30 Liter pro Quadratmeter geregnet, hinzu kamen Windgeschwindigkeiten von 18,6 Meter pro Sekunde.
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