"Ich bin nicht als Mitläufer zu diesem Verein gekommen"
Zu den eigentümlichsten Elementen in der Profifußballbranche gehört die Geschwindigkeit, mit der junge Kicker ihren Weg machen. Der erste Profivertrag, die erste teure Uhr, das erste schicke Cabrio sind die Aufnahmeriten in die Welt der Profikicker.
Meistens werden sie noch vor dem 21. Geburtstag absolviert. Die Geschwindigkeit beginnender Fußballkarrieren gleicht der eines Kometen - sowohl was die Aufwärtsbewegung, als auch die Dauer bis zu ihrem Verglühen angeht.
Bei Sören Dreßler, dem Neuzugang des FC Ingolstadt für die kommende Saison, sieht dagegen vieles anders aus. Krachiges Auftreten oder protzige Kleidung sind nicht die Sache des 32-Jährigen. Dreßler überlegt, bevor er etwas sagt. Sein Wort hat Gewicht. Das war bei seiner letzten Station in Augsburg so, wo der gebürtige Thüringer Kapitän war, das soll auch in Ingolstadt so sein. "Ich will nicht als Mitläufer zu diesem Verein kommen, sondern will Verantwortung übernehmen und den jungen Spielern helfen."
Dass Dreßler einen etwas anderen Blick auf das Profigeschäft hat, mag auch an der Geschwindigkeit liegen, mit der er seine Karriere gestartet hat. Erst mit 24 Jahren unterschrieb er seinen ersten Profivertrag. Der damalige Trainer des SSV Reutlingen, Armin Veh, holte ihn von Bayreuth aus der Oberliga und stattete ihn mit einem Profivertrag aus. "Das war ein Riesengefühl, da ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen." Zuvor hatte Dreßler eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker gemacht, arbeitete und trainierte gleichzeitig. Dreßler beklagt sich nicht über die Strapazen. "Mir hat meine Arbeit als Mechaniker auch Spaß gemacht. Es ist ein absoluter Glücksfall, dass ich Profi geworden bin und ich kann das richtig einschätzen. Manche Dinge sehe ich deswegen entspannter."
Dass beim FC Ingolstadt der Kader nur punktuell ergänzt wird und auf eine junge Mannschaft gesetzt wird, findet Dreßler gut. "Ich denke, es ist der richtige Weg, junge und willige Spieler zu holen, die etwas lernen wollen und auf eine gewachsene Mannschaft zu setzen." Bei seinem ehemaligen Verein FC Augsburg passierte genau das nicht. "Vor den beiden Zweitliga-Spielzeiten wurde fast der ganze Kader ausgewechselt. In der ersten Saison hatten wir uns als Mannschaft gefunden. Jeder wusste, was er zu tun hatte und konnte sich auf den anderen verlassen, wir wurden Siebter. Das Gefüge ist in der abgelaufenen Saison ohne Not aufgebrochen worden, die Führung der Mannschaft wurde zerstört."
Generell sei vieles schief gelaufen in Augsburg. Dass er selbst zum Verkauf stünde, erfuhr Dreßler als amtierender FCA-Kapitän vom damaligen Trainer des FC Ingolstadt, Jürgen Press. "Es wurde mir von Herrn Press berichtet, dass ich den Verein verlassen darf, wenn ich will. Es ist schwierig, an seine Leistung heranzukommen, wenn mit einem so umgegangen wird. Ich habe immer alles gegeben und kam mir da schon ein bisschen veräppelt vor. Da muss für die Zukunft auch ein bisschen umgedacht werden in Augsburg." Dreßler zweifelte in dieser Zeit am Leistungsprinzip, die Gründe für seine Ausbootung kennt er bis heute nicht: "Mit dem damaligen Trainer Rainer Hörgl bin ich gut ausgekommen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass er offener mit mir redet, auch über diese Sache. Das fand ich schade, aber ich habe ihm viel zu verdanken." Teilweise sei nicht ganz klar gewesen, wer im internen Gefüge das Sagen hatte: "Es liegt sehr viel am Trainer beziehungsweise wie weit sich dieser reinreden lässt. Ich denke, dass Holger Fach ein Trainer ist, der das nicht zulässt."
Dreßlers Abschied nach sechs Jahren Augsburg sei ihm wegen dieser Querelen zuletzt auch nicht mehr schwer gefallen. "Ein Jahr lang habe ich mich mit dem Gedanken befasst, den Verein zu verlassen. Deswegen ist es jetzt kein Problem, einen Schlussstrich zu ziehen. Ich freue mich riesig auf Ingolstadt." Die Parallelen der beiden Vereine seien unbestritten, die Situation des FCI lasse sich gut mit der des FCA beim Aufstieg vergleichen. "Ich glaube, dass wir mit Ingolstadt eine gute Rolle spielen können. Wir müssen die Stimmung hochhalten, das ist wichtig. Die Erwartungshaltung ist klar: Man will guten und attraktiven Fußball sehen. Wichtig ist, dass man klare Vorstellungen hat."
Diese klaren Vorstellungen scheint Dreßler in der Donaustadt gefunden zu haben. Trotzdem wird seine Familie weiterhin in Diedorf bei Augsburg wohnen, Dreßler hat sich eine Wohnung im Ingolstädter Stadtkern genommen und wird pendeln. "Mein Sohn Julian geht dort in die Schule, unsere Familie hat ihren Freundeskreis in Augsburg." Seine Lebensgefährtin Nadine und Tochter Elea wollte Dreßler nicht aus dem gewohnten Umfeld reißen. "Familie ist wichtig, wichtiger als die Arbeit. Eine Familie hast du ein Leben lang, der Job endet irgendwann." Manche Dinge sieht Sören Dreßler eben entspannter, er hat seinen eigenen Rhythmus.
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