Der Kandidat, der im Ries punkten muss
Wolfgang Fackler (CSU) hat sich von seiner eigenen Partei einiges anhören müssen. Jetzt kämpft er als Nachfolger von Georg Schmid um Wählerstimmen
Von Bernd Schied
Nördlingen Wolfgang Fackler überlegt kurz: „Ja, seit meiner Nominierung hatte ich mehr Veranstaltungen im Ries als im südlichen Landkreis.“ Der Direktkandidat der Kreis-CSU für den Bayerischen Landtag weiß, dass er vor allem im Norden des Landkreises punkten und das Vertrauen der Menschen dort gewinnen muss. In den zurückliegenden heftigen Grabenkämpfen innerhalb des Kreisverbandes um die Landtagskandidatur blieb kein Auge trocken und er, Wolfgang Fackler, war mittendrin. Dass ihn nur die Belange des Südens interessierten, er von Bernd Lerch und Georg Schmid gesteuert werde und zum Kreisvorsitzenden nicht tauge, weil zu unerfahren – all das musste er sich anhören.
Das nagte mächtig an dem 38-jährigen Steuerjuristen, der bisher auf der politischen Bühne kaum in Erscheinung trat – zumindest nicht über seine Heimatstadt Donauwörth hinaus, wo er im Stadtrat sitzt und den CSU-Ortsverband führt. Er hat sich fest vorgenommen, es seinen Kritikern zu zeigen, vor allem denen in den eigenen Reihen, und zu beweisen, dass er der geeignete Direktkandidat für den Landtag ist und nicht etwa Wolfgang Kilian oder Reinhold Bittner.
Bei der Visite in Hohenaltheim noch sichtlich angespannt
Ein Dienstagnachmittag. Wolfgang Fackler ist nach Hohenaltheim gekommen. Bürgermeister Wulf-Dietrich Kavasch hat ihn in seiner Eigenschaft als CSU-Ortsvorsitzender eingeladen. Es ist glühend heiß.
Die Visite, zu der Fackler seinen Bruder mitbringt, beginnt mit einer Ortsbesichtigung. Das Museum der Familie Pfister ist einen Abstecher wert, ebenso der Straußenhof und der Ortsteil Niederaltheim. Ein offenes Ohr hat Fackler für die Anliegen des Bürgermeisters, der ihn bittet, die Südriesgemeinde so gut es geht zu unterstützen. Der Kandidat nickt und sagt seine Unterstützung zu – was soll er auch sonst tun?
Danach geht’s zum Sportheim, wo auf der Terrasse rund 25 Zuhörer an Biertischen warten. Fackler, in Jeans, Krawatte und Jackett, ist sichtlich angespannt. Sein linkes Bein wippt ständig auf und ab. Der Blick wandert immer wieder zu den handschriftlichen Unterlagen.
Wulf Kavasch richtet gleich bei seiner Begrüßung eine Spitze gegen den Neuen: Er zweifle, ob Fackler vorher gewusst habe, wo Hohenaltheim überhaupt liege. Und außerdem will er heute Abend von ihm Klartext hören, etwa zur gKU-Misere. Auch die Zuhörer sollten sich nicht zurückhalten mit kritischen Anmerkungen. Freilich sei dem Kandidaten die Unterstützung von der Hohenaltheimer CSU sicher, meint Kavasch mit Blick auf die viel beschworene Parteiräson.
Fackler kontert spontan: „Zu meiner aktiven Fußballerzeit habe ich hier schon gespielt. Ich weiß also durchaus, wo Ihre Gemeinde liegt.“ Seither sei er zugegebenermaßen allerdings nicht mehr hier gewesen.
Anfangs fremdeln die Zuhörer noch
Die Zuhörer fremdeln anfangs sichtlich mit dem Donauwörther. Schließlich haben sie 20 Jahre lang den omnipräsenten Kümmerer Georg Schmid erlebt. Und jetzt ein Neuer, von dem man außer in den Rieser Nachrichten noch nicht viel gehört hat?
Wolfgang Fackler, der inzwischen das Jackett abgelegt hat, holt tief Luft, bevor er zu seiner Rede ansetzt. Strukturiert und rhetorisch sicher spult er sie ab, immer wieder auf sein Manuskript blickend. Finanz- und Wirtschaftspolitik, Breitbandausbau, Bildung, ländlicher Raum – Themen, die zur Jobbeschreibung eines künftigen Landtagsabgeordneten gehören. Er verteidigt mit Nachdruck die Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich. Dass der Freistaat ein Land wie Berlin praktisch finanziere, könne nicht angehen. Eine schlichte Botschaft, die ankommt.
Für schnelle Internetverbindungen fordert er einen flächendeckenden Ausbau mit Glasfaser. „Das ist unabdingbar für die ländlichen Regionen.“
Knapp eine halbe Stunde dauert das Statement, bevor er sich unter die Zuhörer mischt und einen kräftigen Schluck Mineralwasser nimmt. Wie es denn um Georg Schmid stehe, will einer wissen. Fackler zuckt mit den Schultern, geht auf Distanz: „Keine Ahnung, was er gerade macht. Ich hab’ lang nicht mehr mit ihm gesprochen.“ Auch um das Thema gKU kommt er weitgehend herum. Nur das: Dazu könne er nicht viel sagen. Keiner wisse bis jetzt, wo die Ursachen für die Probleme lägen. So viel zu den brisanten Themen. Nachfragen? Fehlanzeige.
Das Ehrenamt und dessen geringe Anerkennung durch die Politik werden noch angesprochen. Der Kandidat stimmt zu, diskutiert mit – nahe am Menschen will er sein, getreu dem CSU-Slogan.
Auftritt bei der Mitglieder- versammlung in Nördlingen
Ein paar Tage später in Nördlingen. Wolfgang Fackler hat einen Auftritt bei der Mitgliederversammlung des CSU-Ortsverbandes im Hotel am Ring. Er ist an diesem Abend nicht der einzige Referent. Ulrich Lange, der Bundestagsabgeordnete ist da, ebenso Landrat Stefan Rößle. Beide stehlen ihm etwas die Schau, weil sie das gKU und den CSU-Streit deutlich ansprechen. Facklers Themen sind weitgehend die gleichen wie in Hohenaltheim. Hinzu kommt die Landwirtschaft: Da, so sagt er vorsichtig, müsse man schauen, den Spagat zwischen den Belangen der Landwirte und der Kritik in Teilen der Gesellschaft hinzubekommen.
Es folgen dann Allgemeinplätze: Die Politik sei eine Gemeinschaftsaufgabe, in der CSU müsse man an einem Strang ziehen, um sie so stark wie möglich zu machen und so weiter.
Fackler wirbt auch für seinen Mitbewerber um ein Landtagsmandat, Reinhold Bittner aus Oettingen, den er schon mal als Rosinenpicker bezeichnet hat, als der den Anspruch auf die Direktkandidatur erhob. Im Wahlkampf haben Rivalitäten freilich nichts mehr zu suchen, Einigkeit ist gefragt, zumindest nach außen.
Was er denn von der Wiedereinführung des NÖ-Kennzeichens halte, wollte ein Mitglied wissen. „Wenn’s der Identitätsfindung dient, warum nicht“, sagt Wolfgang Fackler. Seine Mimik drückt jedoch aus, dass er andere Dinge für wichtiger erachtet.
Vierstündige Tour durch Wallerstein
Eine weitere Station auf der Ries-Tour des studierten Juristen ist Wallerstein. Die Hitze lastet bleiern auf der Marktgemeinde, als er zusammen mit der Listenkandidatin für den Bezirkstag, Claudia Marb, vom örtlichen CSU-Ortsverband und dessen Vorsitzendem Heiner Weng begrüßt wird. Weng hat es gut gemeint und den beiden vor der abendlichen Veranstaltung eine vierstündige Tortur zu einigen Wirtschaftsunternehmen in der Gemeinde aufs Auge gedrückt.
Als die Gruppe am Abend im Sportheim eintrifft, sind alle etwas geschafft. Die Zuhörerzahl ist recht überschaubar. Heiner Weng schiebt das auf die Hitze.
Wolfgang Fackler spult wieder sein Repertoire ab. Seine Unterlagen sind mittlerweile etwas abgegriffen. Der Kandidat wirkt dennoch lockerer als die Wochen zuvor. Die Hand in der rechten Hosentasche vermittelt er stark gestikulierend den Zuhörern die gewonnene Sicherheit.
Auf die Bildung wird er angesprochen. Er räumt ein, auf diesem Gebiet kein Experte zu sein. Er wolle sich aber in die Problematik einarbeiten, verspricht er, weil sie doch vielen Familien auf den Nägeln brenne. Die so stark propagierten flexiblen Klassenzimmer in den Schulen, wie etwa am Oettinger Gymnasium, stellt Fackler schon mal infrage, was vermuten lässt, dass er eher die traditionellen Unterrichtsformen präferiert.
Es ist 22.30 Uhr, als er zusammen mit Claudia Marb wieder gen Süden aufbricht.
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