Wie der Mindestlohn den Arbeitsmarkt stützen soll
Trotz Pandemie ist der Arbeitsmarkt stabil – auch dank der Corona-Hilfen. Weil die aber nicht ewig gezahlt werden können, arbeitet Minister Heil an Alternativen.
Durchschnittswerte blenden oft das Schicksal Einzelner aus. So haben im vergangenen Jahr zwar nicht wie befürchtet massenhaft Menschen ihre Arbeit verloren. Die Arbeitslosenzahl lag im Mittel bei 2,6 Millionen, das entspricht einer Quote von 5,7 Prozent. Trotz der vierten Welle fanden wieder mehr Stellensucher zurück ins Berufsleben. Im Dezember wurden 2,3 Millionen Arbeitslose gezählt, die Quote lag bei 5,1 Prozent. Deutschland nähere sich damit dem Vorkrisenniveau an, betonte Arbeitsminister Hubertus Heil am Dienstag in Berlin.
Gleichzeitig können viele Menschen wegen der Pandemie ihrer Arbeit gar nicht oder nur phasenweise nachgehen. Die Kurzarbeit stieg zuletzt wieder an, im Dezember lag sie bei 710.000. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum November mit 537.000 Personen, aber immer noch weit entfernt von den sechs Millionen Menschen, die zum Ausbruch der Pandemie in Kurzarbeit geschickt wurden.
Die guten Zahlen sind teuer erkauft. Allein für die Finanzierung der Kurzarbeit wurden bislang 42 Milliarden Euro aufgewendet. Nach Einschätzung von Heil gut angelegtes Geld, denn „die Alternative, Massenarbeitslosigkeit zuzulassen, wäre viel teurer geworden“, bekräftigte der SPD-Politiker. Klar ist aber auch, dass es nicht ewig Milliardenhilfen geben kann: Das Corona-Kurzarbeitergeld wurde zwar verlängert, aber vorerst nur bis Ende März.
Wann erholt sich die Wirtschaft von Corona? Omikron dämpft den Optimismus
Die Bundesregierung hofft, dass die Wirtschaft bald wieder anzieht und die Corona-Folgen heilt. Omikron allerdings dämpft den Optimismus. So wird die kräftige Erholung wohl noch ein paar Monate auf sich warten lassen. Außerdem gab es schon vor der Pandemie Probleme auf dem Beschäftigungsmarkt. Heil geht deshalb mit einer „arbeitsmarktpolitischen Doppelstrategie“ ins neue Jahr. Er will einerseits den Arbeitsmarkt stabil durch die Pandemie bringen und zweitens „Antworten auf strukturelle Fragen“ geben. Dazu gehört die Sicherung der Fachkräftebasis etwa in Krankenhäusern, bei Speditionen und der Gastronomie, ebenso wie eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen.
Am größten Brocken arbeitet Heil gerade – am Gesetzentwurf zum Mindestlohn von zwölf Euro. Er will einen konkreten Zeitplan vorlegen, kündigte der Minister an. Der SPD-Politiker kann in seiner zweiten Amtszeit als Einziger im Kabinett von Kanzler Olaf Scholz auf langjährige Erfahrungswerte zurückgreifen, er weiß, dass die Anhebung der Lohnuntergrenze ein Kampf mit den Arbeitgebern werden wird. Die sind gewarnt, seit Scholz im Wahlkampf mit den zwölf Euro Mindestlohn warb. Klagen sind möglich, Streit ist garantiert.
Im Gebäudereiniger-Handwerk beispielsweise – mit knapp 700.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eigenen Angaben zufolge die beschäftigungsstärkste Handwerksbranche Deutschlands – wurde der Mindestlohn gerade um rund vier Prozent auf 11,55 Euro angehoben. Obwohl das vom angestrebten Ziel nicht mehr so weit weg ist, kritisierte Bundesinnungsmeister Thomas Dietrich am Dienstag die Pläne der Ampel: Diese bedeuteten „das Aussetzen der Tarifautonomie, sowie eine Sabotage der Mindestlohnkommission“. Bisher legt eine Kommission aus Arbeitgebern, den Gewerkschaften und Wissenschaftlern die Höhe der Mindestbezahlung fest. Diese will die Ampel-Koalition nicht abschaffen. Sie soll jedoch einmalig ignoriert und die neue Lohnuntergrenze von 12 Euro brutto in einem Schritt festgesetzt werden. Dietrich plädierte für ein Inkrafttreten des neuen gesetzlichen Mindestlohns nicht vor 2023.
Ein Mindestlohn von 12 Euro stärkt die Kaufkraft
Heil blickt der Auseinandersetzung gelassen entgegen. „Ich weiß, dass es die üblichen Bedenkenträger gibt. Die hat es bei der Einführung des Mindestlohns auch schon gegeben“, sagte er. Die Sozialpartner hätten die Möglichkeit, sich im Rahmen von Anhörungen zum Thema zu äußern. „Ich setze darauf, dass sich die Debatte da versachlichen wird“, ergänzte der Minister und verwies auf Untersuchungen, denen zufolge viele der üblichen Argumente gegen einen Mindestlohn falsch seien. „Es wird keine massiven Verluste von Arbeitsplätzen durch die Erhöhung des Mindestlohns geben“, erklärte Heil. Es sei vielmehr von einer Produktivitätssteigerung und einem Plus bei der Kaufkraft auszugehen.
Nach Einschätzung der IG Bau wird der Kaufkraftzuwachs rund 9,8 Milliarden Euro im Jahr betragen. „Wer lediglich den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, der hat mit dem Tag, an dem dieser auf 12 Euro hochklettert, 2,18 Euro pro Stunde mehr in der Lohntüte als heute“, rechnete Gewerkschaftsboss Robert Feiger vor. Das zusätzliche Geld gehe nahezu eins zu eins in den Konsum.
„Die Menschen werden damit notwendige Anschaffungen für den Haushalt machen und sich Dinge leisten, auf die sie bislang verzichten mussten“, erklärte er mit Blick auf eine volkswirtschaftliche Mindestlohn-Untersuchung, die seine Gewerkschaft beim Pestel-Institut (Hannover) in Auftrag gegeben hat. Von der Erhöhung des Mindestlohns würden demnach sieben Millionen Beschäftigte in Deutschland profitieren.
Die Diskussion ist geschlossen.
Ich kann gerne darauf mit anderen Quellen antworten.
Strompreise
https://energiemarie.de/strompreis/europa
Steuern und Abgaben
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/oecd-studie-die-hoechsten-steuern-und-abgaben-deutschland-ist-weltmeister/27143260.html
Bei den Arbeitskosten liegen wir auf Platz 3 im verarbeitenden Gewerbe.
Die Gesamtsumme der Fakten ist das Problem. Bei allen drei genannten Bereichen in der Negativ-Liste sind wir Ranking ganz oben dabei.
Aber was bringt es. Eine Diskussion über die Zukunftsfähigkeit Deutschlands war in den letzten Jahren und und jetzt nie ein Thema. Da werden doch lieber die ideologischen Wünsche von Partein auf Kosten aller Steuerzahler realisiert, anstatt einmal zu überlegen wie man einen effizienten und kostengünstigeren Staatsapparat zustande bringt, sowie die vielen teuren Wohlstandsgeschenke reduziert.
Mit dem nächsten Streik oder Wahlversprechen bzw. Lohnerhöhung ist ja alles wieder im Lot und das Leben geht weiter. Wir haben die Politiker verdient, die wir haben. Weil es in Deutschland zu lange so funktioniert hat und es halt bequem ist bei diesem System zu bleiben.
Wirtschaftsminister Habeck wird es schon in 2 Jahren verstanden haben; seine Wähler wahrscheinlich nicht. Die werden noch immer naiv darauf hinweisen, dass Belgien für Arbeitnehmer noch schlimmer als Deutschland ist.
Ich kann einfach nur den Kopf schütteln. Den Klientel-Träumern der SPD fehlt offensichtlich der Blick für die Zusammenhänge und Realität. Deutschland ist EU-Rekordhalter in vielen Bereichen: die höchsten Lohnkosten, die höchsten Steuern u. Abgaben, die höchsten Energiekosten ... Wer glaubt, dass dies ewig gut gehen wird, irrt gewaltig. Weitere Kostenerhöhungen, egal in welchem Bereich werden das Rad von höheren Preisen und der dann folgenden Forderung nach höheren Löhnen am Laufen halten. Letztendlich bedeutet dies ein Nullsummen-Spiel. Eine reale Einkommenssteigerung findet faktisch nie statt. Hinzu kommt, dass der Druck für viele Unternehmen noch intensiviert wird Arbeitsplätze ins kostengünstigere Ausland zu verlegen oder soweit es irgenwie geht menschliche Arbeitsleistung durch technische Alternativen zu ersetzen. Wer die Augen aufmacht sieht dies bereits in den Supermärkten oder Möbelhäusern, in denen sich die Leute selbst die Abrechnung machen. Die Industrie investiert heute schon in ganz anderen Dimensionen, um Menschen durch Maschinen zu ersetzen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Jede weitere Steigerung des Mindestlohns verstärkt diese Effekte und vernichtet Arbeitsplätze für unqualifizierte Menschen, so sehr ich auch allen Nutznießern mehr Geld in der Tasche gönne. Die Rechnung wird jedoch in einigen Jahren uns allen präsentiert.
"Deutschland ist EU-Rekordhalter in vielen Bereichen: die höchsten Lohnkosten, ..."
Nö, die hat Dänemark: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/05/PD21_203_624.html
"... die höchsten Steuern u. Abgaben, ..."
Nö, die hat Belgien: https://www.gevestor.de/finanzwissen/oekonomie/rankings/5-laender-mit-den-hoechsten-steuern-und-sozialabgaben-weltweit-768375.html
"... die höchsten Energiekosten..."
Nö, auch nicht wirklich: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/energiepreise-eu-105.html