Regierung verspricht eine Milliarde Euro: Saurer Geldregen für die Bauern
Die Bundesregierung sichert den frustrierten Landwirten eine Milliarde Euro zu. Warum sich deren Begeisterung trotzdem in Grenzen hält.
Selten hat sich jemand so wenig über eine Milliarde Euro gefreut wie Deutschlands Landwirte. Um das zu verstehen, muss man etwas tiefer graben: Weil Bauern immer neue und schärfere Auflagen zum Umwelt- und Klimaschutz erfüllen sollen, gehen sie seit Monaten auf die Barrikaden. Und nun lässt die Bundesregierung Geld regnen, CSU-Chef Markus Söder spricht stolz von der „Bauernmilliarde“ und „großer Wertschätzung“. Doch falls die Große Koalition gehofft hatte, den Protesten so den Boden zu entziehen, hat sie sich wohl verrechnet.
Bayerns Bauernpräsident lässt sich nicht beeindrucken
Bayerns Bauernpräsident ist jedenfalls nicht gerade beeindruckt: „Wir sind enttäuscht, weil es nicht die aktuellen Problemfelder löst“, sagt Walter Heidl. Was er meint: Das Thema, das die Landwirte am meisten frustriert, ist nicht vom Tisch. Es geht um die Frage, wann, wo und wie viel auf den Feldern gedüngt werden darf. Weil die Nitratwerte im Grundwasser zu hoch sind, hatte die EU-Kommission Deutschland verklagt – und vom Europäischen Gerichtshof recht bekommen. Um weiteren Ärger mit Brüssel zu vermeiden, muss die Bundesregierung die 2017 erst erlassene Düngeverordnung verschärfen. Dagegen laufen die Bauern Sturm. Sie zweifeln an den Messergebnissen und fürchten eine Unterversorgung ihrer Pflanzen mit Nährstoffen. Das Einzige, was auf den Äckern verlässlich wächst, ist die Wut. Heidl hält den derzeitigen Entwurf der neuen Verordnung für „hirnrissig“ und stellt klar: „Das Düngeproblem ist mit Geld nicht zu lösen.“
Tatsächlich könnten damit allenfalls zusätzliche Lager für Gülle gebaut werden, die nicht aufs Feld darf. Aber das war es auch schon. Ist die Milliarde also nur ein sehr teures Trostpflaster? Versucht die Regierung einfach, sich Ruhe zu erkaufen? Gerade die CSU fürchtet ja bei der Kommunalwahl im März den Zorn der Bauern, die jahrzehntelang ihr Kreuz treu bei der Regierungspartei gemacht hatten und nun enttäuscht sind. Auch die Freien Wähler denken bereits an die Wahlen. So wie der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der auf die Offerte aus Berlin zurückhaltend reagiert: „Man muss jetzt genau klären, wofür diese Milliarde, auf vier Jahre verteilt, fließen soll. Auf alle Fälle darf das nicht als Ersatz für eine dringend nötige Korrektur der verkorksten Düngeverordnung gesehen werden, sondern bestenfalls als Flankierung“, sagt Aiwanger auf Anfrage unserer Redaktion.
Union und SPD sprechen von Erleichterung für die Bauern
Union und SPD argumentieren, mit dem Geld solle es den Betroffenen erleichtert werden, den notwendigen Wandel, zum Beispiel zu weniger Massentierhaltung und weniger intensiver Landwirtschaft, zu bewältigen. Doch die Initiative „Land schafft Verbindung“, die immer wieder zu Großdemonstrationen aufruft, lässt keinen Zweifel, was sie von der Charmeoffensive der Koalition hält: „Wegen einer einmaligen Zahlung, sozusagen als Schweigegeld, ist keiner der Landwirte die letzten vier Monate auf die Straße gegangen“, heißt es in einer ersten Reaktion. Unrecht lasse sich nicht mit Geld zu Recht machen.
Die Grünem vermuten hinter der „Bauernmilliarde“ ebenfalls ein politisches Manöver. Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, sagt, die Koalition wolle damit „vom eigenen Politikversagen ablenken“. Und auch die Umweltschützer von Greenpeace zürnen: „Jetzt sollen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für jahrzehntelange Versäumnisse in der Agrarpolitik aufkommen.“
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner muss noch Details liefern
Wer am Ende wofür finanzielle Hilfe bekommt, muss nun Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner entscheiden. Abgesehen vom Versprechen, das Geld werde „so einfach und pragmatisch wie möglich vor Ort ankommen“, ist von der CDU-Politikerin aber noch nichts Konkretes zu erfahren. Umweltministerin Svenja Schulze sieht in der Finanzspritze ein „wichtiges Signal, dass wir die Landwirte bei diesem Veränderungsprozess nicht alleine lassen“. Die SPD-Politikerin betont allerdings auch: „Trotzdem führt an einem strengeren Düngerecht kein Weg mehr vorbei, denn wir haben die gemeinsame Pflicht, unser Grundwasser sauber zu halten.“
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