Westerwelle knipst die Ampel aus
Mit einem klaren Nein zu einer Koalition mit SPD und Grünen will die FDP Frank-Walter Steinmeier die letzte Chance nehmen, noch Kanzler zu werden. Von Rudi Wais
Auch mit Angela Merkel wird das Regieren kein Vergnügen. Ihr Mentor Helmut Kohl, höhnt Niedersachsens Wirtschaftsminister Philipp Rösler, habe einst das Aussitzen von Problemen zum politischen Prinzip erhoben und Gerhard Schröder später mit seiner Politik der ruhigen Hand das Abwarten. "Frau Merkel", spottet der junge Liberale, "kombiniert nun beides: das Aussitzen und das Abwarten."
Potsdam, Filmpark Babelsberg. Zur inneren Dramaturgie des FDP-Parteitages gehören auch solche kleinen, wohldosierten Spitzen gegen den erklärten Wunschpartner. Am Ende aber steht eine unter tosendem Beifall verabschiedete Solidaritätsadresse an CDU und CSU. "Wir setzen auf eine bürgerliche Mehrheit, sagt Parteichef Guido Westerwelle. Und: "Dieses Wort gilt." Wer am Sonntag die Union wähle, bekomme womöglich wieder eine Große Koalition. Wer die Sozialdemokraten oder die Grünen wähle, lande irgendwann vielleicht bei der Linkspartei. Wer dagegen die FDP wähle, könne sicher sein: "Er kriegt eine Regierung der Mitte."
Im sogenannten Wahlaufruf, den die Delegierten bei nur einer Enthaltung kurz zuvor verabschiedet haben, heißt es ebenfalls unmissverständlich: "Weil die Programme von SPD und Grünen zu mehr Belastungen der Bürger führen, stehen wir Freien Demokraten nicht als Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung." Das bedeutet: Die sogenannte Ampelkoalition, auf die Frank-Walter Steinmeier und die SPD alle (Kanzler-)Hoffnungen setzen, ist seit diesem Wochenende so wahrscheinlich wie eine Skisprung-Weltmeisterschaft in der Sahara.
Mehr als eine Stunde redet Westerwelle, als garantiere schon die schiere Redezeit ein gutes Wahlergebnis. Niedrigere Steuern, mehr Bürgerrechte, eine bessere Bildung, ein Neuanfang in der Gesundheitspolitik: Es sind die bekannten Themen und die bekannten Pointen, mit denen der Vorsitzende seine Partei auf den Schlussspurt des Wahlkampfes einstimmt. Nach 1949, dem Gründungsjahr der Republik, der ersten sozialliberalen Koalition 1969 und dem Fall der Mauer 1989 werde sich auch im Jahr 2009 wieder "ein Stück Geschichte für unsere Republik entscheiden", prophezeit er. Und jedes Mal in diesem historischen 20-Jahres-Turnus seien es die Freidemokraten gewesen, die die Weichen richtig mitgestellt hätten.
Den Vorwurf der Gegenseite, mit ihm komme die kühle Politik der Besserverdiener an die Macht, weist Westerwelle scharf zurück. Die FDP als gelbe Gefahr? "Das sind doch Szenarien für Kleinkinder!" 60 Millionen Menschen in Deutschland würden heute von Union und FDP regiert. "Und nirgendwo ist auch nur eine soziale Sicherung durchgebrannt." Die liberalen Steuerpläne etwa, nach denen eine vierköpfige Familie erst ab einem Jahreseinkommen von 40 000 Euro überhaupt Steuern zahlen würde, seien "sozialer als jede rote Fahne am 1. Mai".
Dass eine Regierung mit der Union gleichwohl alles andere wird als vergnügungssteuerpflichtig, weiß auch Generalsekretär Dirk Niebel. Dazu muss er nur einen Blick nach München werfen, wo es gerade heftig knirscht. In Bayern, grinst er, "haben sie jetzt seit einem Jahr Demokratie. Das ist nicht leicht."
(Rudi Wais)
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