Grüne greifen Piraten scharf an
Die Grünen gehen zum Angriff auf die Piraten über: "Eine Partei, die alles umsonst fordert, gibt es eigentlich schon: Das ist die Linkspartei", sagte Parteichef Cem Özdemir.
Ende der Schonfrist für die Piratenpartei: Wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein- Westfalen gehen die Grünen zum Angriff über. In der ersten Bundesvorstandssitzung nach der Osterpause knöpften sie sich am Montag in Düsseldorf die Versprechen der Piraten vor. Das Ergebnis brachte Parteichef Cem Özedemir auf den Punkt: "Eine Partei, die alles umsonst fordert, gibt es eigentlich schon: Das ist die Linkspartei."
Piraten-Fantasien entzaubern
Jetzt wollen die Grünen in die große Blase pieksen und Piraten-Fantasien entzaubern. "Ohne Aggression, ohne Arroganz", versprach Parteichefin Claudia Roth. Offensiv wollen sie den Bürgern vor Augen führen, was geht und was Träumerei ist - aber auch, was sie kriegen könnten, wenn sie an der Wahlurne auf Freiheit und Abenteuer setzen sollten. "Wer die Piraten wählt, bekommt am Ende die große Koalition", warnte der schleswig-holsteinische Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, im "Hamburger Abendblatt" (Montag).
Grüne: "Der Name Piraten ist cool. Das macht Eindruck"
"Der Name Piraten ist cool. Das macht Eindruck", gibt der 42-Jährige zu. Und dann noch ein Segel im Logo. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann vermisst dahinter aber die tragende politische Idee. "Bisher sind die Piraten nur eine Protestpartei", sagte der Grüne dem Blatt. Mit Nulltarif-Forderungen könne man kein Land regieren - "und noch nicht mal ernsthaft opponieren".
Fakt ist, dass die Jungpartei im Berliner Abgeordnetenhaus ein halbes Jahr nach ihrem spektakulären Einzug schon hart auf dem Boden der Tatsachen gelandet ist. Oft wirken die Piraten überfordert, verheddern sich in Regularien, ringen - ganz wie die etablierten Parteien - um Formulierungen und kämpfen mit sich selbst.
Piraten: Grüne wollen in Wunde bohren
In dieser Wunde wollen die Grünen nun bohren. "Wir werden uns deutlich von der Behauptung absetzen, dass alle Anderen gleich sind und das Establishment verkörpern", kündigte Roth an. Und attestiert den Piraten gleich "ein bissl Aktualisierungsbedarf" in ihrem schleswig-holsteinischen Wahlprogramm. Dort sei bemerkenswerterweise noch der bereits beschlossene Atomausstieg als Forderung verankert, stichelte die Grüne.
Özdemir will die Programmatik der Piraten "ernster nehmen als sie es selber gerne hätten" und überall nachhaken, wie denn die Forderungen "durchgerechnet" seien. Roth sieht auch "erheblichen Nachholbedarf" in Sachen Geschlechtergerechtigkeit - für die von Männern dominierte Piratenpartei sei das kein Thema, kritisierte sie.
Piraten-Programm: "Unbezahlbar, pädagogisch brisant und enttäuschend"
Die nordrhein-westfälische Spitzenkandidatin, Schulministerin Sylvia Löhrmann, nimmt vor allem die am Wochenende beschlossene Bildungsprogrammatik der NRW-Piraten aufs Korn. Ihr Fazit: unbezahlbar, pädagogisch brisant und enttäuschend. Wer die Schulen technisch aufrüsten wolle, dürfe nicht vergessen, dass Technik "Hilfsmittel und nicht Selbstzweck" sei, mahnte die Pädagogin.
Die Grünen wollen sich im Wahlkampf auch gegen den Vorwurf wehren, eine Partei der Verbote und Reglementierungen zu sein - etwa beim Rauchverbot und Tempolimit. Die Grünen träfen "gemeinwohlorientierte Werteentscheidungen", unterstrich Löhrmann. Bei den Piraten gebe es dagegen eher "Ellbogenfreiheit statt Freiheit in Verantwortung", kritisierte Roth.
Piratenpartei bei 13 Prozent
Dass die Piraten in einer Umfrage bundesweit schon bei 13 Prozent und vor den Grünen gesehen wurden, wischt die Parteispitze als wenig belastbar vom Tisch. "Wir wollen nicht Umfragemeister werden", wiegelte Roth ab. Ihre Einladung an die Piraten klingt wie eine Drohung: "Willkommen an Bord einer ernsthaft geführten politischen Auseinandersetzung." (dpa, AZ)
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