Seehofer und Söder – kann das funktionieren?
Die CSU zieht mit einer aus der Not geborenen „Doppelspitze“ in den Landtagswahlkampf. Die absolute Mehrheit in Bayern ist kaum zu verteidigen.
Der reine Machtinstinkt gebietet es der CSU, dem Publikum nach monatelangem Hauen und Stechen nun wieder das Bild einer geschlossenen Partei zu suggerieren. Also wird man auf dem Parteitag das Ende des Machtkampfes zelebrieren und die alte Tugend der Kameradschaft beschwören. Die Delegierten wissen, dass die CSU als zerstrittener Haufen ganz gewiss keine Zukunft hat und die aufgerissenen Gräben rasch zuschütten muss – es bleibt ja nicht mehr viel Zeit bis zur Landtagswahl. Also werden die meisten der Versuchung widerstehen, dem alten und neuen Vorsitzenden Seehofer sowie dem neuen Spitzenkandidaten Söder Denkzettel zu verpassen. Wenn die „Doppelspitze“ bei den Wählern tatsächlich als Signal der Erneuerung ankommen soll, dann braucht es nicht nur inszenierte Bilder der Harmonie, sondern auch gute, als Vertrauensbeweise vorzeigbare Abstimmungsergebnisse. Andernfalls werden die berechtigten Zweifel daran, ob das aus der Not geborene Bündnis zweier verfeindeter Männer überhaupt funktionieren kann, noch verstärkt.
Seehofer und Söder: Kann das klappen?
Das gilt umso mehr, als Söder die Teilung der Macht am Ende mit der Brechstange erzwungen hat und die „Hofübergabe“ nicht so geordnet erfolgte, wie es Seehofer für einen späteren Zeitpunkt vorschwebte. Der Ministerpräsident räumt erzwungenermaßen seinen Posten – für einen Mann, den er bis zuletzt verhindern wollte. Dass Seehofer, für eine Übergangszeit, an Bord und Parteichef bleibt, lässt diesen Erbstreit in einem milderen Licht erscheinen als den Sturz Stoibers 2007. Aber es ändert nichts daran, dass Söder, der raubeinige Held der Landtagsfraktion, gegen starke Kräfte ans Ziel gelangt ist und die Wunden, die der Kampf der beiden Lager geschlagen hat, nicht über Nacht verheilen.
Die Doppelspitze ist die zur Stunde für die CSU beste Lösung. Seehofer als der Mann, der den bundespolitischen Einfluss der CSU sichert und die ganze Bandbreite der Volkspartei verkörpert. Ihm zur Seite Söder als der Mann, der in Bayern für frischen Wind sorgt und konservative Wähler von FDP und AfD zurückholt. Das kann klappen, so wie einst mit den Tandems Waigel/Streibl und – alles in allem jedenfalls – Waigel/Stoiber. Aber das tut es nur, wenn die Protagonisten ihre persönlichen Animositäten hintanstellen und ihre Spielfelder abstecken. Wie es damit in der Praxis bestellt ist, wird sich schon bei den Verhandlungen über eine neue Bundesregierung zeigen.
40 Prozent wären für die CSU ein gutes Wahlergebnis
Söder hat sich durchgesetzt, weil er unter den Kronprinzen der stärkste war und am ehesten in der Lage scheint, einen Absturz bei der Landtagswahl zu verhindern. Ob der Franke das Zeug dazu hat und den richtigen Ton trifft, wird sich erst am Wahltag erweisen. Sicher ist: Die Verteidigung der Alleinregierung ist eine nahezu aussichtslose Mission. Dass das prosperierende Bayern besser regiert wird als andere Länder und die CSU das Lebensgefühl der Bayern noch immer besser trifft als andere Parteien, garantiert keinen Erfolg mehr. Der Anspruch der CSU auf Alleinherrschaft wirkt heutzutage überholt und arrogant. Gleich drei Konkurrenten – Freie Wähler, FDP und AfD – wildern jetzt in den Revieren der Union, deren rechte Flanke bei der Bundestagswahl sperrangelweit offenstand. In einem Landtag mit sechs Parteien liegt die Latte für die absolute Mehrheit der Mandate sehr hoch.
Die CSU wird sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass ihre ganz große Zeit vorbei ist und gut 40 Prozent im Herbst 2018 schon ganz passabel wären. Das reichte ja, mit einem Koalitionspartner, zum Regieren. Sollte es so kommen, würde allerdings über die Zukunft Söders und das Erbe Seehofers noch einmal verhandelt.
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