Union und SPD immer stärker auf Konfrontationskurs
Berlin (dpa) - Union und SPD gehen im Bundestagswahlkampf immer stärker auf Konfrontationskurs. Zunehmend schießen sich die Sozialdemokraten auf Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ein.
SPD-Chef Franz Müntefering bekräftigte seinen Vorwurf, Bundeskanzlerin Angela Merkel sei die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit egal. Die CDU-Chefin sagte bei einem Wahlkampfauftritt in Bremen mit Blick auf die Kritik Münteferings: "Ich halte nichts davon, davon zu leben, dass man den anderen für dumm erklärt."
Die SPD-Spitze griff den Wirtschaftsminister massiv wegen der Vorschläge zur Industrie- und Arbeitsmarktpolitik aus seinem Haus an. "Was Herr zu Guttenberg anstrebt, lässt mich grausen: Arbeitnehmerrechte beschneiden, Mindestlöhne wieder abschaffen und Mehrwertsteuer erhöhen. Was im Guttenberg-Papier steht, führt zu mehr Arbeitslosigkeit", sagte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Mit diesem Konzept habe Guttenberg "die Katze aus dem Sack gelassen", erklärte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag nach einer Sitzung des Parteirats in Berlin. Der Ressortchef traue sich, das zu sagen, was in der Union gedacht werde, aber vor der Wahl verschwiegen werden solle. Die Kanzlerin dürfe sich vor diesen Plänen nicht "wegducken", sondern müsse dazu unverzüglich Stellung nehmen.
Guttenberg wies die SPD-Kritik als Wahlkampfmanöver zurück. Er habe sich längst von dem Entwurf aus seinem Haus distanziert. "Das, was gerade kursiert, ist blanker Unsinn. Das ist auch von mir verworfen und hat keine Rolle bei meiner Entscheidungsfindung gespielt", sagte er im Saarländischen Rundfunk. Nach Angaben seines Sprechers wird an dem Konzept aber weiter gearbeitet. Offen sei, ob Vorschläge noch vor der Bundestagswahl Ende September veröffentlicht werden.
In einem Entwurf (Stand Juli) hatten Guttenbergs Beamte unter anderem eine Lockerung des Kündigungsschutzes, das Zurückdrehen von Mindestlöhnen, niedrigere Einkommensteuern sowie Steuervergünstigungen für die Industrie vorgeschlagen. Auch sollten Klima-Auflagen für Unternehmen gestrichen werden. Nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm gab es für das Papier keinen Auftrag der Kanzlerin. In der Wirtschaftspolitik gelte das Regierungsprogramm von CDU und CSU. Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla betonte, das industriepolitische Papier aus dem Wirtschaftsministerium habe nichts mit Unions-Plänen für die nächste Wahlperiode zutun.
Die IG Metall warf Guttenberg vor, er wolle sich "als Abwrackminister von Arbeitnehmerrechten" profilieren. Das sieht auch die Linke so. "Niedriglöhne, Kopfpauschale, Hire and Fire, das ist ein Horrorkatalog für die Beschäftigten und ein Wunschzettel der Arbeitgeberverbände", sagte der Linke-Wirtschaftspolitiker Herbert Schui.
Müntefering hielt Merkel vor, Steinmeiers detaillierte Pläne zum Abbau der Arbeitslosigkeit unredlich genannt zu haben. Wer so reagiere, sei nicht glaubwürdig. "Und dem ist vor allen Dingen egal, wie hoch die Arbeitslosigkeit dann letztendlich sein wird." Als "Ausruf der Verzweiflung" bezeichnete Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) die Vorhaltungen Münteferings. "Wir haben in der großen Koalition eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um Arbeitslosigkeit zu verhindern", sagte er. Pofalla erklärte: "Wir verstehen unter Wahlkampf nicht das Diffamieren und notorische Schlechtmachen des politischen Gegners. Das überlassen wir Herrn Müntefering und der SPD."
Steinmeiers Wahlkampf-Chefberater Thomas Steg warnte die SPD vor überzogenen persönlichen Attacken auf Merkel. Von Herabsetzungen oder Verunglimpfungen könne er nur dringend abraten, sagte Steg dem Magazin "Cicero". Solche Polemik führe nur dazu, dass sich die Wähler mit Merkel solidarisierten.
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