War es eine gute Idee, Björn Höcke zum TV-Duell einzuladen?
Eine direkte Auseinandersetzung auf offener Bühne mit der AfD hatte bislang niemand gewagt. Da kann man nur verlieren, so die These. Hat sie sich bestätigt?
Pro: Demokraten müssen populistischen Unsinn kontern – auch in TV-Duellen
Seit Jahren ringen die anderen Parteien, aber auch Journalisten um den richtigen Umgang mit der AfD. Man hat sich empört, man hat sie kopiert, man hat sie ignoriert, man hat sie hart in der Sache gestellt, man hat sie lächerlich gemacht. Das Ergebnis: Die AfD suhlt sich in ihrer Opferrolle und wurde immer stärker. Eines hatte in der Spitzenpolitik bis dato niemand gewagt: die direkte Auseinandersetzung auf offener Bühne.
Zu groß war die Angst, an die Wand gespielt zu werden. Von wortgewandten Hetzern, für die Wahrheit ein dehnbarer Begriff ist. Da kann man doch nur verlieren – so lautete die These. Das Duell zwischen Thüringens mittelmäßig bekanntem CDU-Chef Mario Voigt und Björn Höcke, Ikone der äußersten Rechten in der AfD, hat phasenweise das Gegenteil bewiesen. Deshalb war es gut, dieses Wagnis einzugehen.
Als Geschichtslehrer kennt Höcke verbotene Nazi-Parolen nicht?
Immer wieder kam Höcke ins Schwimmen. Mal wusste er angeblich nicht, was in seinem eigenen Buch steht, kritisierte dann aber die anderen, dass diese nicht auswendig daraus zitieren konnten. Mal behauptete er, Wladimir Putin sei ein rationaler Mann und Russland wolle einfach nur Frieden. Er, der Geschichtslehrer, behauptete, die verbotene Nazi-Parole „Alles für Deutschland“ nicht gekannt zu haben. Zwischendurch verlor er komplett den Faden und einmal beklagte er weinerlich fehlende Meinungsfreiheit, worauf die Moderatoren kühl konterten, niemand habe an diesem Abend mehr Redezeit bekommen als er.
Höcke ist es eben nicht – wie von vielen befürchtet – gelungen, das Format an sich zu reißen. Die Erkenntnis daraus: Demokraten sollten nicht länger wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren. Sie müssen mit seriösen Lösungen populistischen Unsinn kontern. Damit lassen sich Rechtsextremisten, Verschwörungsideologen und Demokratieverächter nicht überzeugen. Aber all jene, die aus anderen Gründen oder purem Frust daran denken, AfD zu wählen, obwohl sie von deren Ideen eigentlich gar nichts halten, muss man immer wieder in die Verlegenheit bringen, nachdenklich zu werden. (Michael Stifter)
Contra: Höcke konnte all die Hetze unterbringen, die er schon seit Jahren versprüht
Mit der Schlagzeile „Umstrittenster Schlagabtausch Deutschlands“ hatte der Fernsehsender Welt TV das Aufeinandertreffen des Rechtsextremisten Björn Höcke von der AfD und des Demokraten Mario Voigt von der CDU beworben. In Wahrheit war es der unnötigste Schlagabtausch, den Deutschland seit langer Zeit erlebt hat. Voigts Ansinnen, die Unterschiede zwischen CDU und AfD deutlich zu machen, ging einerseits auf, brachte den Zuschauerinnen und Zuschauern aber keinen Erkenntnisgewinn. Sowohl Anhänger der Christdemokraten als auch der Alternative für Deutschland durften sich in ihren Haltungen jeweils bestätigt fühlen. Dass auch nur einer oder eine ins andere Lager wechselt, darf nach diesem Auftritt hingegen bezweifelt werden.
Genau das jedoch war es, was Voigt erreichen wollte: Höcke sollte vorgeführt, politisch gestellt, am besten blamiert werden. Gelungen ist das nicht, der thüringische AfD-Vorsitzende brachte all den Hass und die Hetze unter, die er schon seit Jahren versprüht. Er durfte von der „Remigration“ faseln und von der „Globalisierungsagentur“ Europäische Union. Er durfte herumjammern und sich als Opfer darstellen, weil ihm die Gedenkstätte Buchenwald Hausverbot erteilt hat.
Schon während des Duells lief die AfD-Propagandamaschine an
Voigt und Welt TV sind Höcke voll auf den Leim gegangen. Bereits während der Sendung lief die Propagandamaschine der AfD, sie zerpflückte Voigts Aussagen parallel in einem „Faktencheck“, die CDU und der Sender kamen überhaupt nicht hinterher. Anschließend tat die rechte Partei das, was sie gerne tut: Sie riss einzelne Sätze aus dem Zusammenhang und ließ damit Höcke als Helden und Voigt als Versager dastehen.
Das sogenannte TV-Duell hat Voigt unterm Strich vielleicht nicht geschadet. Genützt hat es ihm und der Demokratie aber nichts. Höcke hingegen bekam eine weitere Bühne, die er nahezu frei bespielen durfte. Das Moderatorenteam war ihm ausgeliefert, die knappe Zeit ließ eine Einordnung seiner hanebüchenen Aussagen nicht zu.
Zur Bundestagswahl wird die AfD wohl einen Kanzlerkandidaten stellen und muss dann öfter in solche Runden eingeladen werden. Es bleibt zu hoffen, dass Medien wie Politik wenigstens ihre Lehren aus diesem misslungenen Versuch ziehen. (Stefan Lange)
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Dass Mario Voigt (CDU) gegen Björn Höcke (AfD) im Rededuell antreten musste, war Selbstmord, denn Voigt fehlten die Argumente.
Ehrlich gesagt langweilen Ihre Provokationen mittlerweile nur noch. Ich schlafe schon bei dieser Antwort fast ein.
Ich bin durchaus dafür, auch die AfD-Kandidaten in die Diskussionen und TV-Duelle einzubeziehen, denn nur so kann man sie stellen: mit guten, demokratischen Argumenten, mit einer guten Diskussionsleitung, die keine Schwurbeleien und völkische Reden zulässt, mit Fachleuten, die den Unsinn mit belegbaren Fakten entlarven, den die Rechtsextremisten verbreiten. Nur so wird man der AfD beikommen können, nicht mit der Drohung eines Verbots, denn damit bedient man nur die Opferrolle, in die sie sich gerne flüchten, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen.
Dieser Argumentation möchte ich mich voll und ganz anschließen.
Grundsätzlich halte ich es für richtig, auch mit und gegen Extremisten zu diskutieren. Das frühere Argument „die nicht aufwerten und denen kein Podium bieten“ gilt nicht mehr angesichts der zweistelligen Zustimmungszahlen der AFD.
Demokratie muss sich zeigen und seine Wege und Ziele erklären. Und dann die Wege und Ziele der Extremisten ablehnen und kritisieren.
Das kann auch mal schiefgehen. Doch wir Demokratinnen und Demokraten haben gute Werte und Ziele und können mit guten Argumenten aufzeigen, dass beispielsweise die AFD Politik für Reiche macht, unsere Umwelt und somit unsere Lebensgrundlagen weiter schädigen will, wenig Herz für Menschen hat, mit der Ablehnung der EU eine wichtige Grundlage unserer rohstoffarmen und exportorientierten Wirtschaft gefährdet, …
Insofern fand ich das Vorgehen von Herrn Voigt richtig.
Raimund Kamm
Der Bürger und Wähler ist mündig und braucht keine Aufpasser, die bestimmen was er lesen, hören und sehen darf. Die Demokratie lebt vom freien Meinungsaustausch und der sollte wegen der AfD nicht eingeschränkt werden. Wenn die AfD das Grundgesetzt aushebeln, will, dann wird die Partei verboten. Die Grenzen sind im Grundgesetz festgelegt. Die Demokratie ist geschützt und der Souverän sorgt dafür, dass sich alle in einem freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Staat entfalten können.
Gunther Kropp, Basel