Ein „großes Theaterjahr“ für die Bühnen im Wittelsbacher Land
Bühnen im Wittelsbacher Land haben 36 Produktionen auf die Bühne gebracht. Bei der Amateurtheatertagung wirbt Michael Schmidberger für mehr Mut bei der Stückauswahl.
Der oft zitierte Vergleich mit dem Fleckerlteppich lässt sich in gewisser Weise auch auf das Amateurtheater im Landkreis Aichach-Friedberg anwenden, fand Kreisheimatpfleger und Amateurtheaterberater Michael Schmidberger. Hier werde ein solcher Teppich im Format eines großen Gobelins von 35 Bühnen gewebt und gewirkt, stellte er am Samstag bei der Amateurtheatertagung im Landratsamt in Aichach fest. 55 Teilnehmer von 19 Laienbühnen waren dabei. Landrat Klaus Metzger schloss sich Schmidberger an: „Hier wird die ganze Palette des Theaters gelebt!“ Er lobte die Laiendarsteller, die viel besser seien als die derzeitigen Profi-Darsteller auf der politischen Bühne.
Schmidberger lobte die Theatermacher: „Sie, die Bühnen, entscheiden mit ihren Produktionen die Farben und die Qualität des Gesamtkunstwerks.“ Der Beifall der Besucher und die Berichte der Medien seien ein konkreter Ausdruck für die Anerkennung dieser farbenprächtigen und ideenreichen Beiträge zum kulturellen Leben im Landkreis.
Von 35 Theatervereinen waren 32 aktiv
Er habe 2023 ein großes Theaterjahr erlebt. Aktuell gebe es 35 Theatervereine und -gruppen, von denen 32 auch aktiv waren. Weil vier dieser 32 Bühnen nicht nur eine, sondern zwei Spielzeiten bestritten, ergibt sich für 2023 eine Summe von 36 Produktionen. Diese besonders aktiven Theatervereine mit zwei Spielzeiten waren das Aichacher Volkstheater, das Neue Theater Mering, die Theaterfreunde Ried und das Hofberg-Freilichttheater Schiltberg. Eine reine Einakter-Saison wurden geboten von der Theatergruppe Rehrosbach/Rinnenthal, den Theaterfreunden Schmiechen und der Theatergruppe Zahling. Eine Dreiakter-Einakter-Kombination war traditionell zu sehen bei der Theatergruppe Grimolzhausen. Bei der Volksbühne Mering gab es Marionettentheater und der Hofberg-Theaterverein Schiltberg und die Theaterfreunde Wittelsbach spielten im Freien. Eigene Kinder- und/oder Jugend-Ensembles haben das Neue Theater Mering, die Theaterfreunde Ried und die Hofbergjugend Schiltberg.
Die Rangliste der meistgespielten Autoren führt 2023 wieder mit sieben Dreiaktern Ralph Wallner an. Mit zwei Dreiaktern belegen Beate Irmisch, Markus Scheble/Sebastian Kolb Rang zwei. Mit je einem Dreiakter waren die ehemaligen Landkreis-Favoriten Peter Landstorfer und Ulla Kling vertreten. Schmidberger brachte hier eine leise Kritik an. „Die „meistgespielten Autoren“ seien vertraute Realität und Erfolgsgarantie. „Mit ihren Stücken sei man auf der sicheren Seite und könne auf Vorbilder von Fernsehen, Internet und Profibühnen zurückgreifen.“
Sehr anerkennenswert fand er die Inszenierung von noch weniger bekannten Autoren. Um frischen Wind bemüht waren zum Beispiel Baindlkirch mit „Zwei Engel wider Willen“ von Toralf Rückert, der Eurasburg mit „Der Landgendarm“ von Andrea Döring, Hofhegnenberg mit „Leg doch mal die Nonne um“ von Heidi Faltlhauser oder Merching mit der Komödie „Die Spezialitätensauna“ von Joachim Herm. Obwohl sich einige Bühnen dem Literaturtheater verschrieben haben, dominieren im Wittelsbacher Land vor allem die Spielgattungen Schwank, Schelmenstück, Komödie, Satire und Sketch. Schmidberger bedankte sich für die vielen Einladungen zu Premieren und Vorstellungen, von denen er 14 tatsächlich „gerne und mit Vergnügen“ besuchte.
Wie finden Theatergruppen das richtige Stück?
Wie man das richtige Stück findet, darüber sprach Sebastian Goller. Er ist Schauspieler, Regisseur, Leiter der Theaterakademie Passau und Laienspielberater des Bezirks Niederbayern und gab den Theatermachern Tipps. Der wichtigste Punkt: Wie ist das Ensemble zusammengesetzt? Wie viele Männer und Frauen wollen mitspielen? Goller sah da Flexibilität. Er riet ab, Männer als Frauen zu verkleiden: „Das hat was von Fasching“. Man könne aber die Stücke anpassen, zum Beispiel könnten „Gemeinderäte“ auch „Gemeinderätinnen“ sein.
Wenn die Altersstruktur nicht passt, helfe oft eine Rahmenhandlung. Steht kein „junges Paar“ zur Verfügung, könnte das über ein älteres Paar, das sich erinnert, gelöst werden. Oder wenn es gar nicht passt: In einem Beispiel, das Goller erzählte, kommen Bühnenarbeiter auf die Bühne und stellen fest, dass die Schauspieler nicht da sind. Die Arbeiter spielten dann, was die Schauspieler hätten zeigen sollen. Wichtig ist laut Goller auch die Verfügbarkeit der Mitwirkenden. So könne ein Schichtarbeiter nicht die Hauptrolle spielen. Und alle müssten gerne kommen: „Betteln bringt nichts!“
Nicht zu vergessen ist laut Goller die Frage nach den Gepflogenheiten im Verein. Spielen alle mit oder nur Ausgewählte? „Wer vor den Kopf gestoßen wird, ist nachhaltig weg“, so Goller. Die Beschaffenheit und Größe der Bühne, open air oder nicht beeinflusst die Wahl des Stücks. Essenziell ist auch die Entscheidung „Musik oder nicht“. Wenn gesungen werden soll: Können und wollen das die Spieler? Nicht zuletzt ist zu bedenken, in welcher Tradition der Theaterverein steht und welche Erwartungen die Zuschauer haben. Was wiederum abzuwägen ist, was man den eigenen Zuschauern zumuten kann.
Theaterverdienstmedaille für drei verdiente Theaterleute
Im Rahmen der Amateurtheatertagung verlieh Kreisheimatpfleger Michael Schmidberger zusammen mit Landrat Klaus Metzger an drei verdiente Theatermacher die Theaterverdienstmedaille des Landkreises.
- Simone Seitz, Neues Theater Mering: Vor 22 Jahren kam Simone Seitz zum Neuen Theater Mering. Bis heute wirkte sie in 26 Produktionen mit als Darstellerin und Regisseurin sowie in Bühnenbau und Maske. Ihr Debüt gab sie 2003 als Prinzessin Schlafittchen im „Traumfresserchen“. Im Laufe ihrer Karriere durfte sie beneidenswerte Rollen und Charaktere verkörpern. Besonders anspruchsvoll war ihre Hauptrolle 2024 im gerade abgespielten Stück „Der Fall Rautermann“ als traumatisierte Mutter Sonja Linde. Simone Seitz brillierte ebenfalls als Mephisto in „Faust“ oder in anderen Rollen in „Die Räuber“, „Der kleine Prinz“ oder „Emilia Galotti“. 2006 führte Simone Seitz ein erstes Mal Regie im Kindertheater „Der kleine Eisbär“, danach in „Das Sams“, „Der Zauberer von Oz“, „Momo“, „Die Physiker“ oder „Die Welle“. Im Neuen Theater Mering war sie lange Jahre Zweite Vorsitzende und Leiterin der Jugendgruppe NTM-Neons. Bis heute ist sie für die Kindergruppe NTM-Kids verantwortlich.
- Alois Bachmeir, Theaterfreunde Ried: Alois Bachmeir hat zwei Perioden in seinem Leben dem Theater gewidmet. Zunächst war er von 1971 bis 1981 in der Theatergruppe des Burschenvereins aktiv. Seit 2008 engagiert er sich bei den Theaterfreunden Ried. Auf der Bühne stand er als Bäckermeister, Bürgermeisterkandidat, Bürgermeister, Bauer, Nachtwächter, Gentleman-Einbrecher, Braumeister, Klempnermeister, Graf, Ortsvorsteher und Grantler. Eine große Herzensangelegenheit war für ihn immer schon die Jugendarbeit. Er hat sich stets dafür eingesetzt, auch außerhalb der Spielsaison Aktivitäten für die Jugend zu finden wie Workshops, gemeinsame Ausflüge, interne Kurse wie zum Beispiel Schminken. Mittlerweile haben die Theaterfreunde Ried eine sehr große Anzahl Jugendlicher: Eine Kids-Gruppe zwischen 6 und 12 Jahren sowie eine Jugendgruppe zwischen 12 Jahren und 18 Jahren. Bachmeir ist neben seiner Vorstandstätigkeit auch Spielleiter und Bühnenbauer.
- Stefan Dauber, Aichacher Volkstheater: In 20 Jahren hat Stefan Dauber 133 Aufführungen als Darsteller absolviert. Seine Rollen reichten von Oronte in „Der Menschenfeind“ bis zur Hauptrolle des Argan als „Der eingebildete Kranke“. Dazwischen agierte er unter anderem in „Lysistrata“, „Ein Sommernachtstraum“, „Himmelwärts“, „Volpone“, „Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge“, „Die Vögel“, „Die Nibelungen“ und „Der Revisor“. Meistens spielte er mit dem Aichacher Volkstheater im „Schauspielhaus TSV-Turnhalle“, aber neuestens forciert er die Bühne unter freiem Himmel. Das Aichacher Volkstheater war immer wieder bei den Mittelalterlichen Markttagen dabei mit dem Historienstück „Gerichtstag in Aichach“ oder Stücken von Hans-Sachs. Zudem spielt Dauber jedes Jahr bei der Aichacher Museumsnacht in einem Hans-Sachs-Stück oder einem aktuellen Trailer mit. Seit 2008 ist Dauber Vorstandsmitglied und seit 2022 Vorsitzender. Unter anderem hat er die Online-Reservierungen eingeführt.
Metzger gratulierte außerdem Schmidberger zu seiner jetzt 40-jährigen Tätigkeit für das Amateurtheater: „Dein Schaffen mit Chronik, Tagungsorganisation und Referentensuche ist unfassbar.“
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