Mehr Kunden, weniger Lebensmittel: Tafeln im Kreis Augsburg in der Klemme
Die Lebensmittel bei der Tafel-Ausgabe sind so gefragt wie nie, doch sie werden knapp. Das macht den Teams in Neusäß, Fischach und Meitingen Sorgen für die Zukunft.
Bedürftige konnten an den Tischen der Fischacher Tafel bis vor Kurzem wählen, welche Lebensmittel sie aus den Kisten gerne haben wollen. Doch das ist inzwischen anders. Tafel-Chef Peter Reidel muss steuernd bei der Verteilung eingreifen. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Alleinstehender statt drei Joghurts nur noch einen bekommt. Gründe für diese Knappheit der Lebensmittel gibt es mehrere: Die Tafeln versorgen zusätzlich die Ukraine-Flüchtlinge, die Inflation bringt immer mehr Menschen in Geldnot, und es gibt Lieferengpässe bei bestimmten Lebensmitteln.
"Insgesamt ist bei uns in den vergangenen Wochen die Menge der Lebensmittel knapp", berichtet Reidel, der die Tafel für die Menschen in den Stauden initiiert hat. Er müsse an den einzelnen Kunden etwas weniger Essen ausgeben, als er gerne möchte, bedauert der Fischacher. Glücklicherweise habe die Tafel zu Weihnachten Ölflaschen und Mehlpackungen geschenkt bekommen. Diese wurden dann an Ostern ausgeteilt, damit die Bedürftigen etwas backen können.
Rentnern reicht das Geld im Monat immer häufiger nicht
Zur Fischacher Tafel kommen immer mehr Flüchtlinge aus der Ukraine, "und Menschen, wo man es nicht denken würde", erzählt Reidel. Gerade älteren Bürgerinnen und Bürgern reiche das Geld im Monat zunehmend nicht mehr. Reidel hat hierzu eine klare Meinung: "Das ist eine Schande in unserem Land." Rentner, die viele Jahre gearbeitet haben, hätten es nicht verdient, im Alter am Hungertuch zu nagen, kritisiert Reidel.
Das Team der Fischacher Tafel hat bereits Konsequenzen aus der gesteigerten Nachfrage gezogen. Die Öffnungszeit für die Ausgabe am Mittwoch wurde verlängert, Beginn ist um 16.15 Uhr statt um 17 Uhr. Als die Tafel im Februar 2021 begonnen hat, sei rund ein Dutzend Kundinnen und Kunden gekommen. Das habe sich inzwischen auf etwa 60 Personen gesteigert. Pro Woche kommen nach dem Eindruck von Reidel drei bis vier neue Kunden dazu. Die meisten von ihnen versorgen eine Familie, sodass die Zahl der Bedürftigen in den Stauden deutlich höher liegt. Bei der Lebensmittelausgabe müssen die Männer und Frauen sagen, wie viele Menschen in ihrem Haushalt leben. Obwohl die Unterstützung im ländlichen Raum "sehr, sehr groß" sei, bereitet eine Frage Reidel inzwischen jede Woche eine Frage so einiges Kopfzerbrechen: Werden die Lebensmittel am Mittwoch reichen? Eine ungute Vorstellung für den 71-Jährigen ist es, dass die Ware irgendwann so knapp wird, dass die Menschen nur noch vorgepackte Tüten mit nach Hause nehmen dürfen. Doch es gibt für Reidel noch eine schlimmere Befürchtung: dass er eines Tages Leute sogar abweisen muss. Die Bayreuther Tafel hat beispielsweise vor wenigen Tagen beschlossen, dass keine Neukunden mehr versorgt werden können.
Vor allem Obst und Gemüse würden knapp, bestätigte die Zweite Vorsitzende der Neusässer Tafel, Sabine Zimmermann. Bei den Supermärkten bleibe für die Tafel insgesamt weniger für die Abholung übrig. Dazu komme auch in Neusäß die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge. Zimmermann: "Bisher sind es etwa 30 Familien." Insgesamt habe die Tafel etwa 80 Kundinnen und Kunden, auch hier meist mit einigen Angehörigen. Die Zahl der von der Tafel versorgten Menschen schätzt Zimmermann in Neusäß aktuell auf rund 300. Die Tafel könne vor allem haltbare Lebensmittel gut gebrauchen. Auch Helferinnen und Helfer seien herzlich willkommen.
Die Meitinger Tafel profitiert von Spenden zu Ostern
Auch in der Meitinger Tafel habe das Team nicht mehr so viel abzugeben wie vorher, sagt Christine Möritz. Es seien etwa zwölf neue Familien dazugekommen. Da die Meitinger an Ostern einige Spenden abgegeben hätten, konnte die Tafel etwas Vorrat anlegen. Von den Supermärkten und Bäckereien aus dem Raum Meitingen und Thierhaupten bekommt das Team vor allem frische Ware. Begehrte Dinge wie Öl oder Mehl oder Käse müssen zugekauft werden. Bürgerinnen und Bürger können diese aber auch spenden, genauso wie andere Grundnahrungsmittel. Derzeit kommen rund 60 Leute, die am Freitag in Meitingen erst eine Losnummer ziehen und dann Lebensmittel erhalten. Doch erst nach dreieinhalb Stunden neigt sich die Verteilung des Essens dem Ende zu. Die Schlange wird auch in Meitingen von Woche zu Woche länger.
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