Die neue Steuersünder-Datei enthält Konfliktstoff für Bayerns Koalition
Augsburg Dass die Frage den Staat in ein gewisses Dilemma stürzt, ob er gestohlene Steuersünderdaten kaufen soll, ließ sich nicht nur in den vielen Schlagzeilen der vergangenen Woche verfolgen. Auch in den fast täglichen Stellungnahmen aus der Bayerischen Staatsregierung wird die Zweischneidigkeit des Reizthemas deutlich.
Von Michael Pohl und Till Hofmann
So warnte Innenminister Joachim Herrmann sogar vor einer Aushöhlung des Rechtsstaats: "Meine Richtschnur ist, dass sich der Staat von solchen kriminellen Handlangern keine Daten beschaffen darf, an die er nicht auch auf legalem Weg herankommen könnte." Als Kanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jedoch Machtworte sprachen und der Kauf beschlossene Sache war, legte sich auch Ministerpräsident Horst Seehofer eindeutig fest.
"Wenn die kleinen Leut' ihre Steuern auf Heller und Cent abführen, dann muss der Staat für Steuerehrlichkeit sorgen - gerade in den großen Bereichen", betonte Seehofer. "Wenn es rechtsstaatlich geht", so fügte der CSU-Chef hinzu, "dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich dieser Daten bemächtigt und sie auch verwendet."
Der Punkt der Rechtsstaatlichkeit ist nun jedoch im bayerischen Kabinett heiß umstritten, seit bekannt wurde, dass auch den Finanzbehörden im Freistaat ein Datenpaket mit Kundendaten mutmaßlicher Steuersünder zum Kauf angeboten wurde. Das Angebot werde derzeit geprüft, bestätigte die Bayerische Staatskanzlei am Sonntag einen Spiegel-Bericht. Die Entscheidung über den Erwerb liege beim Finanzministerium, hieß es.
Dem Nachrichtenmagazin zufolge haben bayerische Steuerfahnder offenbar gleich zwei heiße Vorgänge: Kundendaten einer kleineren schweizerischen Bank und eines Geldinstituts aus Luxemburg mit weit mehr als 1000 deutschen Kunden. Wie lange die Angebote bereits vorliegen, ist bislang nicht bekannt: Offenbar wollten die Steuerfahnder erst einmal in Ruhe im Verborgenen ermitteln. Seit jeher werden Steuerstrafverfahren im Alltag eher diskret abgewickelt: Wenn nicht das Bankgeheimnis, so gilt das Steuergeheimnis hierzulande immer noch als besonders schützenswert.
Auch Wirtschaftsminister Martin Zeil sagt, der mögliche Ankauf der Daten, der jetzt diskutiert werde, gehört für ihn zu "dem Teil der Vorgänge, die für mich sehr neu waren". Der FDP-Politiker betont, er hege "große Bedenken" gegen den Ankauf der Daten, falls diese aus dubiosen Quellen stammten. "Vom Legalitätsprinzip her müssen wir den Hinweisen nachgehen", sagte er. Vor einem Kauf müsse der Erwerb der Daten aber rechtlich einwandfrei geklärt sein. "Das auszuleuchten wird nicht einfach, sondern es ist mit hohen Hürden verbunden und nicht die eigentliche Lösung." Der Staat dürfe keine Anreize für kriminellen Datendiebstahl geben.
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