Im Schichtdienst wird die Molkerei blockiert
Aretsried/Neuburg/Bissingen Es ist überall dasselbe Bild: In ganz Bayern blockierten Traktoren die Zufahrten zu Molkereien, protestierende Bauern forderten lautstark höhere Erzeugerpreise.
Von Simon Kaminski, Barbara Feneberg und Maria Leistner
Schon am Sonntagabend kam es bei Müllermilch in Aretsried (Kreis Augsburg) zu einer spontanen Blockade, nachdem immer mehr Milchtankwagen mit tschechischen und ungarischen Kennzeichen bei der Anfahrt zu der Großmolkerei beobachtet worden waren. "Das wollten wir uns nicht bieten lassen", sagte der Milchviehhalter Peter Högg, der auch zweiter Bürgermeister von Diedorf und Agrarexperte in der CSU-Kreistagsfraktion ist. Per Handy wurde Verstärkung angefordert. Eine Armada von Traktoren stellte sich in der unangemeldeten Aktion den Milchlastern in den Weg. Die Molkerei reagierte darauf nicht.
Am Montagvormittag setzte der Kreisverband des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) die Blockade - jetzt als angemeldete Demonstration - fort. Hitzige Wortgefechte gab es, als die Polizei weiteren Traktoren die Zufahrt bis zur Molkerei verweigerte. Rund 250 bis 300 Milchviehhalter demonstrierten, darüber kreiste ein Polizeihubschrauber.
Auch vor den genossenschaftlichen Neuburger Milchwerken, wo sonst pro Tag Hunderte von Tanklastern ein- und ausfahren, herrschte gestern Morgen völliger Stillstand: Stundenlang warteten sieben Laster mit je 200 000 Liter Milch im Tank vor der Einfahrt, die von gut 200 Milchbauern mit Traktoren und Anhängern abgesperrt war. Doch die Bauern blieben hart: "Wir bleiben so lange hier stehen, bis unsere Forderung erfüllt ist", sagte der BDM-Kreisvorsitzende Manfred Reichert. Im Schichtbetrieb bis in die Nacht hinein organisiert er die Proteste. Nach Aussagen des Betriebsleiters Günter Fischer könne die Produktion in Neuburg noch bis Dienstagabend laufen. Dann gehe der Rohstoff aus.
Friedlich verläuft der Protest vor der Molkerei Gropper in Bissingen (Kreis Dillingen). Eine Blockade ist nicht vorgesehen. Firmenchef Heinrich Gropper äußert Verständnis für die Forderungen der Milchbauern, befürchtet aber, dass es am Ende des Lieferstopps "vielleicht nur Verlierer" geben werde. "Vor 20 Jahren wurde mehr ausgezahlt, Ihre Gewinnspanne ist sicher nicht geschrumpft", hält ihm Andrea Spengler aus Lauingen entgegen. Josef und Birgit Faußner aus Fremdingen haben ihre anderthalbjährige Tochter Tabea mitgebracht. Sie trinkt demonstrativ keine Milch, sondern Mineralwasser - das teurer ist als Milch.
Für Schärfe sorgt in Bissingen erst ein Bauer, der seinen Namen nicht nennt und wie er sagt, von der Kundgebung in Neuburg kommt. "Dort wurde die Molkerei blockiert. Hier fahren die Tankwagen noch. Das bringt doch nichts", sagt er und kritisiert das große Aufgebot der Polizei. "Wenn wir diesen Streik verlieren, haben wir verloren", warnt er seine Kollegen.
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