Was die Hospizarbeit im Landkreis Dillingen leistet
Auch Corona hat die Hospizbegleiterinnen und -begleiter im Kreis Dillingen bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit nicht gebremst. Zum Glück. Denn die Nachfrage nach ihnen steigt.
Andächtig hört eine Seniorin ihrer Betreuerin Sieglinde Kraus zu. Die zitiert Goethes „Zauberlehrling“. Die beiden sitzen auf einem Balkon des Dillinger Heilig-Geist-Stifts in der Sonne. Rote Geranien ranken den Balkon ein. Nach dem Gedicht gibt es von der alten Dame im Rollstuhl leisen Applaus. Es sind solche Szenen, die die Hospizbegleiter und -begleiterinnen im Landkreis Dillingen gestalten. Zeit mit Sterbenden verbringen. Ihnen den letzten Weg leichter gestalten.
Doch gerade in der Corona-Pandemie war das schwierig, denn in manche Einrichtungen konnten sie gar nicht hinein. Wenn ein Patient oder eine Patientin im Krankenhaus nur eine Stunde besucht werden darf, halten sich die Betreuerinnen und Betreuer zurück, damit die Angehörigen die Zeit haben.
Die Pandemie machte manche Einsamen noch einsamer
„Aber unsere Ehrenamtlichen waren sehr kreativ, haben zum Beispiel angerufen, damit sich die Kranken nicht alleine fühlten – oder sich eben tagtäglich testen lassen, um Menschen zu besuchen“, sagt Birgit Hofmeister dankbar.
Sie koordiniert den ambulanten Hospizdienst im Kreis D
illingen und weiß, wie einsam manche Seniorinnen und Seniorin sind. Nachbarn, Freundinnen oder die Verwandtschaft hatten nach Ausbruch der Pandemie ihre Besuche eingestellt. „Zu manchen kam noch genau der Pflegedienst und wir, dafür waren viele Angehörigen – und die Betroffenen sehr dankbar.“ Nähe sei gerade in diesem Bereich sehr wichtig.
Allen Auflagen zum Trotz kam der Hospizkurs 2020/21 zustande
Umso dankbarer ist die Leiterin des Hospizdienstes dafür, dass nun wieder ein neuer Schwung Ehrenamtlicher ausgesendet werden kann: Zwölf Menschen haben ihren jüngsten Kurs samt aller verschiedener Corona-Auflagen erfolgreich absolviert. Auch dafür will Hofmeister Danke sagen. Sie hat sich deswegen auf unseren „Danke“-Aufruf in der Zeitung hin gemeldet.
Es ist gut zwei Jahre her, da löste sich der Hospizverein Wertingen und Höchstädt auf. Auf den Bericht darüber damals in unserer Zeitung haben sich Menschen aus dem Wertinger Raum bei der Caritas gemeldet.
„Mit ihnen wollten wir eine neue Ausbildungseinheit starten“, erzählt Hofmeister. Dann kam Corona. Doch obwohl Kurstermine verschoben oder abgesagt wurden, seien alle zwölf, die sich 2019 gemeldet hatten, bis zum Schluss dabei geblieben.
Darunter ist etwa Sieglinde Kraus. Noch ist sie im Praktikum und betreut ältere Menschen, die nicht im Sterben liegen. Liebevoll streicht sie einem älteren Mann, der stumm im Bett liegt, über die Hände, berichtet vom Spätherbst draußen und schlägt dann wieder ihren Gedichtband auf. Singen oder rhythmische Reime böten angenehme Unterhaltung, erklärt Hofmeister.
Auch für die Angehörigen ist der Hospizdienst da
Auch Helga Steiner ist im Dillinger Heilig-Geist-Stift unterwegs, sowohl beruflich, wie auch ehrenamtlich. Mit einer älteren Dame sitzt sie draußen im Garten. Im Schatten genießen die beiden die warme Luft und unterhalten sich ein bisschen.
Auf dem Schoß der Hospizbegleiterin liegt ein neues Buch voller Verse, Gedanken und Gedichten, die der Verein selbst zusammengestellt hat. Aus den Zeilen sprechen nicht nur Dankbarkeit, Abschied oder Trauer, sondern auch Mut und Fröhlichkeit. Die Seniorin lehnt sich leicht zurück, schließt die Augen und lauscht. Doch bald möchte sie wieder in ihr Zimmer zurück.
Auf einer Bank sitzt etwas entfernt Emma Schmid und streicht ihrem Mann Franz im Rollstuhl über die Wange. Jeden Tag kommt sie ihn besuchen. Als sie Birgit Hofmeister erkennt, springt sie auf. „Ich hätte da mal eine Frage an Sie, vielleicht können wir die Woche mal telefonieren?“
Die Hofmeister sagt zu und erklärt später: „Wir unterstützen natürlich auch die Angehörigen, etwa bei bürokratischen Fragen.“ Die Hospizbegleitung sei ein freiwilliges Angebot und kann im Heim, im Krankenhaus aber eben auch im eigenen Zuhause stattfinden. Und zwar im ganzen Landkreis Dillingen. Seit der Pandemie sei vor allem der Bedarf an einer ambulanten Betreuung daheim in den eigenen vier Wänden gestiegen.
In Wertingen kam eine Ehrenamtliche täglich ins Heim St. Klara
Wenn man wie lange begleite, das sei immer eine Gratwanderung. Man wolle nicht zu kurz dabei sein, sich aber auch nicht aufdrängen – und manche Schwerkranken erholen sich auch wieder. Dann wiederum ziehen sich die Helferinnen und Helfer zwar zurück, der Kontakt zu den Betroffenen bestehe dennoch weiterhin.
Hofmeister ist erleichtert, dass der aktuelle Kurs stattfinden konnte, denn die Nachfrage nach Ehrenamtlichen gebe es natürlich auch im Wertinger Raum.
„Ende vergangenen Jahres, als noch niemand geimpft war, war eine Ehrenamtliche fast täglich im Seniorenheim St. Klara. Auch, als dort das Coronavirus ausgebrochen war. So etwas ist einfach nicht selbstverständlich. Und dafür sind wir sehr, sehr dankbar“, sagt Hofmeister. Ohne die Ehrenamtlichen – ohne die Neuen sind es rund 50 Personen – würde es den Hospizverein irgendwann nicht mehr geben. Weitere Interessenten können sich telefonisch an Wochentagen vormittags informieren unter 09071/70579-14, ansonsten auf den Anrufbeantworter sprechen.
Und wenn auch Ihnen jetzt jemand einfällt, dem Sie danken möchten, dann rufen Sie uns doch einfach unter Telefon 09071/7949-12 an und erzählen uns Ihre Geschichte. Wir freuen uns schon drauf.
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