Heizungsbauer aus dem Landkreis Dillingen suchen Nachwuchs
Ein Kicklinger Heizung, Sanitär- und Klimatechnik-Betrieb hatte einen treuen Ferienpraktikanten. Ein Mödinger bildet einen ehemaligen BWL-Studenten aus. Beide Chefs sind glücklich über die Lehrlinge - suchen aber noch weiter.
Bauboom, Rohstoffmangel, steigende Preise, die Digitalisierung, strengere Vorschriften, CO2-Werte, Klimawandel – viele Themen beschäftigen die Handwerksbetriebe im Landkreis Dillingen. In einer losen Serie wollen wir sie vorstellen. Ein Thema aber überstrahlt alles: der Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Ob bei Freisprechungsfeiern oder den Mitteilungen der Agentur für Arbeit, überall wird deutlich: Der Nachwuchs fehlt. Auch Armin Sinning und Steffen Schneider würden sofort Frauen und Männer einstellen, die bei ihnen eine Ausbildung machen wollen. Beide leiten einen Betrieb für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik. Beide sind dankbar, dass sie aktuell einen Lehrling haben. Deren Werdegang könnte kaum unterschiedlicher sein.
Als Jonas Hintermaiers Schwester ein Haus bauen ließ, half der Jugendliche mit. Auch die Firma STS aus Kicklingen war vor Ort tätig – und der Binswanger Schüler fand sofort Spaß an der Arbeit. Also packte er auch in den Ferien weiter mit an, freiwillig. „Am Ende eines Tages zu sehen, was ich alles geschafft hab’, das gefällt mir einfach. Die Arbeit macht Spaß“, sagt der Lehrling. Dank seines freiwilligen Einsatzes bei STS und seinem Interesse an einer Ausbildung dort, war bei der Übernahme als Lehrling das Mittelschulzeugnis dann gar nicht mehr so wichtig, erzählt sein Chef Schneider.
Was für eine Ausbildung in der Industrie spricht - und was fürs Handwerk
Ja, eine Ausbildung in der Industrie sei zuerst besser bezahlt, gibt sein Kollege Sinning zu. Doch die Verdiensthöhe könnten die Lehrlinge in Betrieben auch erreichen. Vor allem aber sei ihre Arbeit nie langweilig, nie monoton, jeden Abend hätten sie ein sichtbares Ergebnis ihrer Leistung. Und wer irgendwann ein Haus baut, könne sich selbst um die Heizungsanlage kümmern und spare damit gehörig Geld.
Zudem seien die Fortbildungsmöglichkeiten, ob als Kundendiensttechniker, allgemeine Technikerin oder Meister nahezu grenzenlos. „Wir suchen auch Meister auf den Baustellen, nicht nur Gesellen und Gesellinnen“, betonen die beiden Firmenchefs. Früher seien sie Schrauber gewesen, erzählen sie. Doch inzwischen müssten Monteure Baustellen managen, Entscheidungen treffen, zum Kunden freundlich sein und immer alles geben. Vor allem zwei Themen beschäftigen die beiden Unternehmen derzeit: Klimatechnik und der Komplettumbau von Bädern. „Dabei geht es den Leuten um ihre private Wohlfühloase. Wenn die fertig sind, sind auch die Auszubildenden richtig stolz auf das Werk“, ist Chef Sinning aufgefallen. Nur der erste Tag sei katastrophal, wenn das alte Bad wegkommt. „Da sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen“, sagt Schneider und lacht.
Erstmal BWL - und jetzt stattdessen eine Ausbildung
Von all dem ahnte Jakob Ahle nichts, als er sich nach dem Abitur wie viele seiner Mitschülerinnen und Mitschüler für ein Studium entschied. Betriebswirtschaftslehre, BWL, sollte es sein. Doch nach drei Semestern wollte Ahle etwas anderes. Er bewarb sich zur Ferienarbeit bei der Firma Haustechnik Sinning in Mödingen. „Viele meiner Bekannten haben den Wechsel zuerst belächelt“, erzählt der junge Mann. „Aber das steckt man weg. Die meisten wissen eh nicht, was wir alles tun.“
Auch der Studienabbrecher war sich da anfangs nicht so sicher. Man wisse gar nicht, wie breit gefächert das Thema Haustechnik ist. „Im ersten halben Jahr war dauernd was Neues. Aber es fügt sich irgendwann und wird alles eins.“
Neben dem Badumbau wird für viele Haushalte der Klimaschutz immer wichtiger. Das wiederum bemerken die Firmen. „Mit uns können ein Hausbesitzer und eine Hausbesitzerin mehr CO2 sparen als mit jedem anderen Gewerk“, erklärt Sinning. So tauschen er und seine Kollegen zum Beispiel komplette Ölheizungen gegen Pelletöfen aus. Das lohne sich aufgrund hoher Förderungen derzeit, ergänzt Schneider. „Und das ist dann eine Heizung mit Zukunft.“ Der Kunde oder die Kundin erhalte dafür das Rundum-Sorglos-Paket. „Wir brauchen dafür bloß den Hausschlüssel“, sagt Sinning, „dann legen wir los.“ 16 Wochen nach der Bestandsaufnahme fangen er und sein Team dann mit dem Umbau an.
Die Kicklinger kennen ein besonderes Heizungsphänomen
Bei den Kicklinger Kollegen klappt das aber oft nicht. Schuld sei ein Phänomen. Schneider erzählt: „Wenn wir die Bestandsaufnahme machen, hört die Heizung uns und gibt acht Wochen später komplett ihren Dienst auf. Dann können wir die Kunden ja nicht frieren lassen, sondern packen das Projekt schon früher an“, erzählt er und lacht. Erteilen die Kunden danach eine Servicefreigabe, können die neuen Geräte sogar von der Firma aus betreut werden. Das sei, so Schneider, ein weiterer Vorteil der zunehmenden Digitalisierung des Handwerks. Man spare sich so Zeit und Fahrtkosten und auch der Kunde profitiere davon.
Die Lehrlinge hätten inzwischen alle iPads und Handy für die Baustellenakte, die Ausbildungsnachweise und ihre Arbeitszeiten halten sie damit fest. „Die Digitalisierung muss ein Vorteil sein, kein Nachteil“, betont Firmenchef Sinning. Er hat ein ganzes Warenlager digitalisiert, überall hängen QR-Codes. Dahinter verbergen sich Anleitungen oder Videos.
Jakob Ahle denkt, 50 Prozent der BWL-Studentinnen und -Studenten finden vielleicht gar keinen Job, geschweige denn den Traumberuf. Er selbst jedoch könne in ein paar Jahren genauso viel verdienen wie jemand mit Uni-Abschluss. „Und ich kann selbstständig arbeiten.“ Und noch etwas ist ihm aufgefallen: „Daheim wird gestaunt, was ich alles in meiner Lehre mache und inzwischen fragen mich meine Freunde immer wieder, ob ich ihnen mal was daheim richten kann.“
Auch Frauen können die Ausbildung machen
Beide Firmen suchen händeringend Nachwuchs und würden auch gerne Frauen einstellen, die sich etwa für den Beruf Anlagenmechanikerin für Heizung, Sanitär- und Klimatechnik interessieren. Ein Führerschein sei nicht so wichtig, auch für weite Wege fände sich immer eine Lösung, sagt Schneider. So lange der Lehrling oder die Auszubildende gerne und gut für das Unternehmen arbeiten möchte. „Das kriegen wir dann schon hin, dass alle pünktlich in der Arbeit sind“, sagt Sinning und lacht.
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