Entnommenes Pflegekind: Jetzt hat das Oberlandesgericht entschieden
Das Schicksal eines Pflegekindes aus dem Landkreis Dillingen beschäftigt auch eines der obersten Gerichte in Bayern. Die Richter sehen einen "erheblichen Verfahrensfehler".
Dreieinhalb Jahre lang wächst ein kleines Mädchen bei Pflegeeltern im Landkreis Dillingen auf, nachdem es schwerste Misshandlungen erfahren hatte. Doch dann muss es zurück ins Kinderheim. Der Fall hatte in den vergangenen Wochen bei vielen Menschen weit über die Region hinaus für Entsetzen gesorgt. Leserinnen und Leser meldeten sich in zahlreichen Leserbriefen zu Wort, unsere Redaktion erreichten daraufhin sogar Zuschriften aus Köln. Inzwischen haben sich Richter des Oberlandesgerichts in München mit dem Schicksal des kleinen Mädchens beschäftigt. Sie sehen erhebliche Verfahrensfehler beim Dillinger Amtsgericht.
Zur Vorgeschichte: Nach schweren Misshandlungen kam das Mädchen noch als Baby zunächst ins Kinderheim in Gundelfingen, 13 Monate später dann zu Pflegeeltern im Landkreis. Wie es zu den Verletzungen kam, ist bis heute unklar. Ermittlungen der Polizei verliefen im Sand – wohl auch, weil die leibliche Familie sich nicht dazu äußerte. Dreieinhalb Jahre entwickelte sich alles zum Guten, das Kind machte Fortschritte, baute eine enge Bindung zur Pflegefamilie auf. Doch dann entschied das Jugendamt, das Kind aus der Familie zu nehmen. Für die Pflegeeltern war das ein Schock. Sie fühlen sich übergangen, sorgen sich um die Fünfjährige, die seit einigen Monaten wieder im Heim lebt.
Dillinger Jugendamt sah Loyalitätskonflikt beim Pflegekind
Die leibliche Mutter hatte zuvor ihre Einwilligung auf Unterbringung zurückgenommen. Sie hat nach wie vor das Sorgerecht für ihre Tochter. Das Dillinger Jugendamt begründet die Entscheidung zur Herausnahme auch mit einem wachsenden Loyalitätskonflikt zwischen leiblicher Familie und Pflegeeltern, in den das Kind geriet. Das Mädchen komme auf neutralen Boden, damit über dessen Zukunft entschieden werden kann. Die Rede war von "Interessenkollisionen zwischen Pflege- und Herkunftsfamilie", durch die der Beziehungsaufbau zur Herkunftsfamilie erschwert worden sei. Die Pflegeeltern wiederum sagen, sie hätten zu den leiblichen Eltern immer ein gutes Verhältnis gehabt.
Deren Rechtsanwalt, Andreas Woidich aus Fürth, setzt bei der Entscheidung des Jugendamts an. Er ist auf Kindschaftsrecht spezialisiert und hat bereits viele ähnliche Fälle betreut. Seiner Einschätzung nach hätte das Amt beim Familiengericht einen Antrag stellen müssen, der Mutter das Sorgerecht zu entziehen. Denn in dem Moment, in dem sie ihre Einwilligung zur Unterbringung zurückzieht, müsse das Amt von einer Kindeswohlgefährdung ausgehen, weil sie sich nicht an den vereinbarten Hilfeplan hält. Das Landratsamt hatte stets betont, auf Grundlage des Gesetzes gehandelt zu haben.
Woidich hatte beim Dillinger Amtsgericht einen Eilantrag auf Rückführung des Kindes zu den Pflegeeltern gestellt, der jedoch abgelehnt worden war. Der Familienrichter argumentierte damit, dass es keine Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung gebe. Woidich legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Oberlandesgericht ein. Und dieses gab ihm nun recht, wie er auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt.
Laut Oberlandesgericht ist eine "erhebliche Beweisaufnahme" nötig
Das OLG sieht demnach erhebliche Verfahrensfehler beim Amtsgericht. Denn die Urteilsbegründung stütze sich lediglich auf Berichte von Jugendamt und Kinderheim. Das Mädchen selbst wurde nicht angehört und hatte auch keinen Verfahrensbeistand. Mit anderen Worten: Erwachsene haben über das Schicksal eines Kindes entschieden, ohne das Kind selbst zu fragen. Laut Woidich erachtet das OLG eine "aufwendige Beweisaufnahme" für erforderlich. Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde vom OLG aufgehoben, jetzt muss das Amtsgericht Dillingen erneut prüfen und entscheiden. Gegen diese Entscheidung können die Pflegeeltern dann gegebenenfalls erneut Beschwerde einlegen.
In der Zwischenzeit lebt das kleine Mädchen weiterhin im Kinderheim. Wie es ihm dort geht, ist nur schwer zu beurteilen. Die Pflegeeltern, die das Kind regelmäßig sehen dürfen, sprechen von Rückschritten in der Entwicklung, von einem völlig verunsicherten Kind, von Schlafstörungen. Jugendamt und Kinderheim widersprechen dieser Darstellung jedoch vehement. Das Kind entwickle sich weiterhin gut. Woidich gibt auch zu bedenken, dass das Mädchen mit gerade einmal fünf Jahren bereits sehr viele Bindungsabbrüche habe verkraften müssen: Erst zu den leiblichen Eltern, dann zur Umgebung im Kinderheim, dann zur Pflegefamilie, Freunden und Bekannten. Für die Entwicklung und eine gute Zukunft des Kindes sei das nicht förderlich. Wann das Dillinger Amtsgericht entscheiden wird, ist noch unklar.
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ein Jugendamt das die Richtlinien und die Gesetze nicht kennt ? ein Richter der lieber schnell macht als sich nach den gesetzlichen Richtlinien zu richten ?? was ist das für eine Legislative ?? armes Deutschland wer trägt jetzt die sinnlosen Kosten ?? natürlich der Steuerzahler
Wahnsinn. Bürokratie in schlimmster Form.