Das Prinzip Bauchentscheidung bei Bauanträgen kommt an seine Grenzen
Der Süden des Landkreises Aichach-Friedberg steht unter massivem Siedlungsdruck. Die Kommunen müssen bei der Ortsentwicklung deswegen stärker steuern.
Wo heute in Friedberg an der Dieselstraße ein Zweifamilienhaus steht, will ein Bauherr ein Gebäude mit zehn Single-Wohnungen errichten. Solche Projekte der Nachverdichtung beschäftigen zunehmend die kommunalpolitischen Gremien des Landkreissüdens - mittlerweile sogar in kleinen Dörfern wie Merching. Hintergrund ist der massive Siedlungsdruck, der im Ballungsraum zwischen Augsburg und München herrscht.
Von "Goldgräberstimmung" spricht der Friedberger Stadtrat Manfred Losinger. Und manchmal kann man wirklich nur staunen, was ein findiger Bauherr auf einem Grundstück unterbringt, auf dem bisher nur ein kleines Häuschen stand. Möglich ist das gerade in älteren Wohngebieten, für die es noch keine Bebauungspläne gibt. Für diese gilt der Paragraf 34 Baugesetzbuch, wonach sich ein Bauvorhaben in die nähere Umgebung einfügen muss. Das hat sich vielerorts leider als sehr ungenügende Basis erwiesen. Denn ist einmal eine Bausünde durchgerutscht, öffnet sie als Bezugsfall Tür und Tor für weitere massive Bauwerke.
Friedberg setzt bei Mehrfamilienhaus eine strikte Grenze
Insofern war Friedberg mit der Vorgabe von maximal fünf Wohnungen bei dem Vorhaben in der Dieselstraße zu recht restriktiv. Zumal die Stadt in der glücklichen Situation ist, dass sie die Baugenehmigung als zuständige untere Bauaufsichtsbehörde tatsächlich selbst erteilt. In den anderen 23 Kommunen des Landkreises liegt diese Zuständigkeit dagegen beim Landratsamt. Und in manchem Fall, bei dem das Bauchgefühl der örtlichen Mandatsträger eindeutig sagt, das passt ganz gewiss nicht in die Umgebung, fällt die rechtliche Bewertung der Zuständigen anders aus.
Orte, die ihren Charakter nicht völlig verlieren wollen, müssen ihre Entwicklung aktiv in die Hand nehmen. Wenn es um einzelne Viertel geht, kann eine nachträgliche Bauleitplanung ein gutes Instrument sein. Mering hat auf diese Weise eine ganze Reihe von Bebauungsplänen aufgestellt - wie aktuell für das alte St. Afra mit seinen kleinen Siedlungshäusern.
Mering und Kissing gehen Planungen an
Ebenso wichtig ist ein Blick auf die Gesamtentwicklung eines Ortes: wo kann sich Gewerbe entwickeln, wo begegnen sich die Leute, wo kann noch Wohnraum entstehen und reichen die Naherholungsmöglichkeiten? Auch über diese Grundfragen müssen sich Städte und Gemeinden klar werden, solange sie noch nicht komplett verbaut sind. Mering ist bereits dabei die ersten Projekte aus seinem Entwicklungskonzept ISEK abzuarbeiten. Ein ähnliches Verfahren läuft in Kissing gerade an: Die Gemeinde hatte sich dazu auch wegen des massiven Drucks der Investoren auf dem großen brachliegenden O&K-Gelände entschieden. Ein Prozess, der vielleicht nicht ganz freiwillig angestoßen wurde, der jedoch - wie die erste Präsentation der Planer ahnen lässt - großes Potenzial hat.
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