Mensch und Maschine im Wettlauf gegen die Zeit
Nach dem Sturm Niklas steht die Käferinvasion bevor. Daher muss der Windwurf aus dem Wald raus
Förster Bernd Karrer macht ein besorgtes Gesicht, wenn er von gerade anstehenden Arbeiten in den Gemeindewäldern erzählt, die er als staatlicher Förster betreut. Katastrophale Schäden hat der Orkan Niklas teilweise angerichtet, und wenn der Windwurf nicht schleunigst aufgearbeitet wird, steht mit dem Borkenkäfer das nächste Übel bevor. Daher geht sein Appell gerade an private Waldbesitzer, die ihre Fläche selbst bewirtschaften, umgestürzte Bäume schnellstens zu entfernen, um dem Schädling keine Nahrung zu bieten.
Dabei ist der Landkreis unterschiedlich betroffen, in Bellenberg war von Orkanschäden gar nichts zu spüren, in Illertissen kaum und im Raum Buch ziehen sich durch die Wälder Schneisen der Verwüstung. Zum Beispiel hat es im Gemeindewald Unterroth, mit teils lehmigem Untergrund, wo Wasser schlecht abfließt und Fichten wenig Halt haben, die Bäume reihenweise samt Wurzelstöcken herausgerissen. Im Landkreisnorden gab es in Witzighausen und Illerberg größere Windwurfmengen zu beklagen.
Nach Ansicht des Försters sind denkbar ungünstige Umstände zusammengetroffen: „Der Sturm kam, kurz nachdem der Holzeinschlag abgeschlossen war, sodass unsere Sägewerke mit Holz versorgt sind.“ Kreuz und quer herumliegende Bäume sowie die sonnige Wetterlage würden dem Borkenkäfer die Vermehrung leicht machen. Der Windwurf müsse schnellstens aufgearbeitet werden, was ebenfalls den Holzpreis drücke. Karrer schätzt beim Stammholz einen Rückgang von 100 auf 85 bis 80 Euro pro Festmeter oder Kubikmeter. Unterroths Bürgermeister Gerhard Struve rechnet für den Ort einen Verlust von 10000 Euro, den Schaden an Jungpflanzen und Schutzzäunen nicht eingerechnet. Er sagt: „Der Sturm ist das Letzte, was wir haben wollten.“Um im Wald den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen, sind Mensch und Maschine gefordert. Bei der Aufarbeitung in Unterroth hat es Bernd Karrer mit langjährigen Experten zu tun. Forstwirt Klaus Stützle aus Dettingen nimmt sich mit seiner Motorsäge vereinzelte Bäume und unwegsame Plätze vor. Seine Arbeit kann lebensgefährlich werden, da die Bäume „unter Spannung stehen“, wie Fachleute sagen. Beim Sägen könnte der Stamm in eine unerwartete Richtung driften. Mit weniger Risiko, aber genausviel Geschick verbunden, ist die Arbeit von Nico Kilgast aus Kiel mit dem Vollernter oder Harvester. Er kommt bei größeren Flächen zum Einsatz und verwertet ganze Stämme samt Krone. Wie er vorgeht, hängt vom Ausmaß der Zerstörung ab. Kilgast, der als versierter „Maschinenführer“ schon international im Einsatz war, erklärt: „Meist hat der Wind die Bäume so umgeknickt, dass wir nicht auf dem Weg bleiben können.“ Dann gelte es, die Stämme so herauszuholen, dass junge Pflanzen oder Zäune möglichst wenig Schaden nehmen. „Am besten geht das mit sogenannten Fixlängen, das sind fünf Meter lange Stämme, die der Harvester an Ort und Stelle zuschneidet.“ Als weiterer Vorteil erweist sich, dass die Maschine Baumkronen zerhäckseln kann und das Grüngut im Wald bleibt. Wollte Kilgast das Holz in 20-Meter-Stämmen herausziehen, wie auch gewünscht, würde durch das Schleppen um Kurven zuviel zerstört. Wie sehr die Aufräumarbeiten drängen zeigt Karrer an toten, herumliegenden Stämmen, deren Befall rasant fortschreitet. Überall quillt in kleinen Häufchen rotbraunes Bohrmehl des Buchdruckers hervor. Daher betont Karrer, dass Privatleute zum Entfernen von Windwurf auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen könnten. „Jeder einzelne befallene Baum ist zu viel bei diesem Wettlauf gegen die Zeit.“
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