Das Rieser Wirtschaftsjahr 2021: Höhenflüge und Krisenstimmung
Die Konjunktur hat 2021 auch im Ries zwei Gesichter. Ein Rückblick zwischen Existenzängsten und Hoffnungsträgern der Wirtschaft.
Selten reihten sich in einem Wirtschaftsjahr die Erfolgsmeldungen so schnell an die schlechten Nachrichten wie 2021. Die Pandemie sorgte für Einbrüche, Nachfragespitzen wiederum ließen die Auftragsbücher voll werden. Wäre da nicht der Materialengpass in vielen Bereichen gewesen, es hätte noch ein richtig gutes Jahr werden können. In manchen Branchen sah es dagegen richtig düster aus. Ein Rieser Betrieb musste sich gar von 25 Prozent seines Personals trennen.
Die Luftfahrtbranche steckte vor allem im Frühjahr noch pandemiebedingt in einer tiefen Krise. Privatpersonen flogen kaum noch. Zwangsläufig brachte das auch Folgen für die Flugzeugbauer und Zulieferer mit sich. Dazu zählte die Nördlinger Firma Collins Aerospace, die sich Anfang des Jahres von 25 Prozent der Mitarbeiter getrennt hat.
Die konjunkturelle Lage des ersten Halbjahres hatte zwei Gesichter, wie auch die IHK Regionalvertretung bestätigte. Während in Branchen wie dem Gastgewerbe Existenzängste vorherrschten, gab es aus der Industrie positive Signale. Diese ziehe auch in der Region die Wirtschaft nach oben, sagte die IHK. Nach wie vor aber war der Fachkräftemangel ein Problem, war während der Pandemie noch von coronabedingten Personalausfällen verstärkt worden. Im Verlauf des Jahres spitzten sich Lieferengpässe zu einer Beschaffungskrise zu.
Varta korrigiert Umsatz nach unten, startet aber gut ins Jahr 2021
Aufhorchen ließen daher 2021 vor allem die guten Nachrichten aus der Wirtschaft. Auch wenn bei Varta die Umsatz-Prognosen zum Ende des Jahres nach unten korrigiert werden mussten. Der Batterie-Riese startete nach dem erfolgreichsten Jahr der Firmengeschichte ins Jahr 2021, weitete seine Produktion aus und weihte im Juni die neue Fertigungshalle in Nördlingen ein. Noch dazu plant das Unternehmen in Ellwangen zum Ende des Jahres, mit der Pilotlinie einer Elektroauto-Batterie in Produktion zu gehen. In Nördlingen soll ein weiteres Firmengebäude gebaut werden. Aus Unternehmenskreisen ist zu erfahren, dass es durchaus möglich ist, dass die Autobatterien künftig auch am Standort in Nördlingen produziert werden.
Symrise mit Sitz in Holzminden ist jetzt im DAX
Etwas zu feiern hatte im September der Aromenhersteller Symrise mit Sitz in Holzminden und einer Dependance in Nördlingen. Der DAX wurde auf 40 Firmen aufgestockt, Symrise wurde aufgenommen. Bei Symrise freute man sich über den Aufstieg aus dem MDax. Vorstandsvorsitzender Heinz-Jürgen Bertram sagte recht bescheiden, der Aufstieg zeige, dass Symrise ein attraktives Investment sei.
2021 war auch ein Jahr der innovativen Einzelhandels- und Arbeitskonzepte. In Oettingen öffnete der "Pop-up Storch". Ein Geschäft auf Zeit, in dem die Werbegemeinschaft Waren regionaler Firmen angeboten hat. Im Herbst wurde der Gedanke in einem landkreisweiten Projekt ausgerollt, das bereits Erfolge verzeichnet. Das Konzept "Bass mer zam" ist eine Plattform des Landkreises, bei dem Leerstände und frische Geschäftsideen zusammengebracht werden. Im Zuge dessen eröffnete in Nördlingen bereits ein weiterer Pop-up Store.
Eine neue Form des Arbeitens gibt es darüber hinaus in der Nördlinger Polizeigasse. Dort hat der erste Coworking-Space im Landkreis Donau-Ries eröffnet, das KultWork. In der offenen Bürogemeinschaft arbeiten Menschen zusammen, die eigentlich nicht in derselben Firma beschäftigt sind. Es ist eine moderne Büro-Arbeitsform, von der die Gründerin Theresa Ulbricht überzeugt ist, dass es die "Arbeitsform der Zukunft ist". Das Büro ist darüber hinaus auch ein Kunst-Treffpunkt und Veranstaltungsort.
Personelle Veränderungen hat es in der Rieser Firmen-Welt im Februar unter anderem bei der Firma Kiel gegeben. Stephan Stieglauer aus Donauwörth und Jürgen Mill aus Ellwangen übernahmen die Geschäftsführerpositionen gemeinsam mit dem langjährigen CEO Gerhard Hellweg als Vorsitzendem der Geschäftsführung. Bislang gab es diese Personal-Konstruktion noch nicht.
Innovationen werden am TTZ weiterentwickelt
Eine wichtige Schnittstelle im Ries zwischen den mittelständischen Unternehmen und der Forschung bleibt auch 2021 das TTZ, das Technologietransferzentrum. Dort wurden im Februar die Ergebnisse nach rund drei Jahren Forschungsarbeit vorgestellt. Sie trägt den Namen "SynDiQuAss" und ist ein Verbund von Forschung und Industrie, die Abkürzung steht für "Synchronisierung von Digitalisierung, Qualitätssicherung und Assistenzsystemen an Arbeitsplätzen mit geringem Automatisierungsgrad". Geforscht wurde zu einem großen Teil im Ries. Eingesetzt wurde sie unter anderem bei der Schwaben Präzision in Nördlingen.
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