Flächendeckende Corona-Tests in Bayern: Das ist des Guten zu viel
Die bayerische Staatsregierung ist bislang gut durch die Corona-Krise gesteuert. Die Test-Offensive ist jedoch des Guten zu viel, die Erkenntnis gering und die Sache zu teuer.
Markus Söder und die bayerische Staatsregierung haben in der Corona-Krise bislang einen ausgezeichneten Job gemacht. Zwar gibt es Kritiker, die behaupten, dass die Sicherheitsmaßnahmen samt Lockdown völlig überzogen waren, weil ja angeblich kaum etwas Schlimmes passiert sei. Tatsächlich ist aber hier relativ wenig passiert, weil eben so gut gehandelt wurde. Wie der Blick nach Großbritannien und in die USA, wo die politische Führung völlig versagt, beweist. Ursache und Wirkung sollte darum nicht vertauscht werden. Söder lag richtig. Schließlich ist Bayern das am stärksten vom Virus betroffene Bundesland.
Bayern sollte lieber in erster Linie Risikogruppen testen und Ressourcen aufsparen
Seine Idee aber, dass sich auf Kosten des Freistaates gleich die ganze bayerische Bevölkerung auf das Coronavirus testen lassen kann, ist des Guten diesmal zu viel. Da es sich bei jedem symptomlosen Patienten beim Test nur um eine unsichere Momentaufnahme handelt, ist der Erkenntnisgewinn gering und die Sache dafür zu teuer. Bayern sollte seine Ressourcen lieber für eine mögliche zweite Welle aufsparen. Und aktuell in erster Linie Risikogruppen testen. Denen sollte die Bevölkerung den Vortritt lassen. Und wie sich angesichts eines verhaltenen Interesses am Test zeigt, scheinen das die Menschen auch schon von ganz allein zu tun.
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Dieser Text ist einfach ein Musterbeispiel, wie man mit schlechten Argumenten eine völlig richtige Sache zeredet 1.: Zu teuer! Das Thema Geld darf bei der Pandemiebekämpfung keine Rolle spielen, schließlich kostet jeder Tag, den den Pandemie weiter geht Unmengen davon (ganz von den dramatischen Folgen abgesehen: Die Nebenwirkungen der Maßnahmen, nämlich massive psychische Probleme durch Vereinsamung und die permanente Krisenstimmung spielen in der öffentlichen Diskussion ja überhaupt keine wirkliche Rolle). Die Kosten für die Corona-Massentest sind Peanutkrümmel gegen den Schaden, den eine länger anhaltende Pandemie anrichtet! 2.: Die Leute würde in falscher Sicherheit gewogen! Was ist das für eine bescheuerte Logik? Niemand sagt, dass man mit einem negativen Corona-Test für alle Zeiten vor einer Infektion geschützt ist. Dieses Argument ist purer Populismus! Außerdem ist es ja so, dass viele Leute Corona haben ohne es zu wissen - weil sie keine Symptome haben. Viele wissen wahrscheinlich auch gar nicht, wo sie sich angesteckt haben (vielleicht bei jemanden, der ebenfalls keine Symptome hat). Wenn man viele Leute testet, die auch keine Symptome haben, unterbricht die Infektionsketten möglichst frühzeitig - und kann damit verhindern, dass das Virus an Risikogruppen herangetragen wird. 3.: Kein Erkenntnisgewinn! Schließt sich den eben getätigten Ausführungen an: Weil es eben so viele symptomlose Patienten gibt, kann niemand sagen, wie hoch die Dunkelziffer ist. Die kann man nur rausfinden, wenn man auch viele symptomlose Leute erfasst. Dass viele Tests viel bringen, zeigt das Beispiel Schweden: Da sind die Zahlen im Juni nach oben geschossen, als man die Tests deutlich erhöht hat. Seit Anfang Juli sind die Zahlen aber rückläufig - trotz gleichem Testniveau. Ich will mich da jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber es würde mich nicht wundern, wenn man durch die ausgeweiteten Tests schlicht und ergreifend viel mehr leichte Verläufe identifiziert hätte (wofür ja auch die seit Wochen sinkenden Todeszahlen sprechen) und damit Infektionsketten frühzeitig durchbrochen hätte. 4.: Ressourcen für die zweite Welle und Risikogruppen aufsparen! Die zweite Welle kann verhindert werden, in dem Infektionsketten frühzeitig durchbrochen werden. Das ist ja wie bei einem Brand: Je mehr Brandherde man entdeckt, desto effektiver ist die Bekämpfung. Mit Sicherheit ist fraglich, ob derjenige, der alleine lebt, im Homeoffice arbeitet und auch sonst nur wenig Kontakt zu Menschen hat, zwingend getestet werden sollte (da bedarf die Strategie vielleicht einer Anpassung und genaueren Kategorisierung). Aber besser zu viel als zu wenig testen! Und die Risikogruppen schützt man am besten, in dem man sie vor Infektionen bewahrt und erst gar nicht in die Notwendigkeit bringt, sich testen zu lassen. Dass das Interesse der Bevölkerung an den Tests noch gering ist, widerspricht ja nicht der Sinnhaftigkeit der Strategie. Für die Strategie wird ja nicht geworben, sondern sie wird eher zerfleischt! Wo bleibt die Kampagne #wirlassenuns testen, analog zu #wirbleibenzuhause? Das Problem an der gesamten deutschen Corona-Strategie ist, dass diese viel zu sehr defensiv-passiv ausgerichtet ist statt offensiv-aktiv: Von den Bevölkerung werden verdammt viele Opfer verlangt (Sozialkontakte reduzieren, Auf körperlichen Kontakt verzichten; Masken tragen, die App mit zweifelhaftem Nutzen runterladen) aber von der Politik kommt viel zu wenig. Die setzt viel zu sehr auf Verlangsamung des Infektionsgeschehens als auf eine aktive Unterbindung von Infektionsketten. Deshalb kann ich diese ganz Lobhudelei auch keinen Meter nachvollziehen. Man muss einfach mal den Blick nach Südkorea, Island oder Taiwan richten, da sieht man wie man richtig mit einer Pandemie umgeht: Frühzeitige Reaktion, dann bleiben auch die Nebenwirkung deutlich niedriger. Hier hat die politische Führung auch vollkommen versagt, vor allem zu Beginn (man hat ja zwei Monate so getan, als wäre das alles harmlos, dann hat man die Notbremse gezogen mit allen Nebenwirkungen). Aber man blickt ja lieber nach Italien und ist froh, dass wir von solchen Zuständen verschont geblieben sind - und lobt deshalb die politische Führung, dass die das verhindert hat. Wenn man sich halt mit den Schlechten vergleicht, steht man immer gut da!
"Bayern sollte seine Ressourcen lieber für eine mögliche zweite Welle aufsparen. Und aktuell in erster Linie Risikogruppen testen."
Vollkommen richtig.
Pflegepersonal, Ärzte, Lehrer, Altenheime, Asylheime, Gruppenunterkünfte usw. müssen regelmäßig in kurzen Abständen überprüft werden und da scheint es noch erhebliche Mängel zu geben.
Alle Bürger zu testen sieht zu sehr nach publikumswirksamen Agieren aus, denn der Nachteil, dass sich viele danach zu sicher fühlen könnte erheblich sein. Dass sich alle Bürger regelmäßig in kurzen Abständen testen lassen dürfte fast unmöglich sein, also bleibt es nicht mal eine zuverlässige Momentaufnahme, da sich das Testen vermutlich lange hinziehen wird.
Das ebenso publikumswirksame durchziehen der Kommunalwahlen mit all den Wahlveranstaltungen und Starkbierfesten in überfüllten Bierzelten sorgten vermutlich dafür, dass in Bayern mit Abstand die meisten Corona-Infizierten pro 100.000 EW und die meisten Verstorbenen in Zusammenhang mit Corona pro 100.000 EW bis jetzt aufgetreten sind. Diese Hotspots in Bayern sind durchaus bekannt und viele Bürger werden noch lange darunter leiden.
Die Folgeschäden von Corona-Infizierten sind genauer betrachten.
Auszug aus zdfheute vom 10.07.2020:
Erschöpfung, Kopfschmerzen, Atemnot und Organschäden: Es verdichten sich Hinweise, dass genesene Covid-19-Patienten weiter an Beschwerden leiden. Das ist der aktuelle Wissensstand.
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-folgeschaeden-beschwerden-100.html
und:
https://www.mdr.de/wissen/corona-covid-symptome-nach-genesung-100.html
Es ist fraglich ob die Vorgehensweise von Söder tatsächlich so gut ist. Bei genauerem Hinsehen könnte es so aussehen, dass ihm Wahlstimmen wichtiger sind als der Bürger selbst.
Wie in dem Artikel richtig festgestrellt - der Test ist eine Momentaufnahme und das Ergebnis kann nach wenigen Minuten nicht mehr der Realität entsprechen. Die Hauptlehre aus der Pandemie ist doch: Geld ist genügend da und spielt keine Rolle. Unsere Nachfajrenb werden uns dafür verfluchen!
>> Bayern sollte seine Ressourcen lieber für eine mögliche zweite Welle aufsparen. Und aktuell in erster Linie Risikogruppen testen. <<
Nein der Weg von Söder ist schon richtig.
Es bringt überhaupt nichts "Risikogruppen" zu testen - denn wenn diese das Virus haben, ist das Risiko eben schon massiv erhöht!
>> Wie der Blick nach Großbritannien und in die USA, wo die politische Führung völlig versagt, beweist. <<
Hier drückt eine politische Agenda in den Vordergrund, wenn man beim Thema Versagen die USA aber nicht Schweden nennt. Genau dort ist ja diese fixe Idee mit dem Schutz der "Risikogruppen" komplett gescheitert.
Man muss das Virus an jeder Stelle jagen und nicht erst am Klingelschild vom Altenheim oder des COPD Patienten.
Der nicht validierte PCR-Test soll eine Ungenauigkeit zwischen 1 und 2 Prozent haben.
D. h. bei 10 000 Tests zwischen 100 und 200 positiv.
Stimmt, wenn man großflächiger testet, erhält man auch mehr positive Ergebnisse. Und wir wollen ja nicht noch mehr Argumente dafür, wie real und präsent das Virus ist.
Nachdem die Dunkelziffer der Corona Infizierten so hoch ist, würde stattdessen eine deutschlandweite Dunkelfeldstudie mehr Erkenntnisgewinn bringen. Dadurch könnte man auch zielgerichteter Maßnahmen ergreifen. Dann aber bitte über alle Landkreise und nicht nur in München.
https://www.tz.de/muenchen/stadt/muenchen-ort29098/muenchen-corona-studie-aok-viertel-aubing-langwied-lochhausen-13828046.html