Politik paradox: Die Partei inszeniert sich als Hort von Patriotismus und Vaterlandsliebe – und kungelt zugleich mit einem ausländischen Diktator.
Russland ist schon lange keine Weltmacht mehr. Auch geopolitisch verliert es an Einfluss, selbst das Militär wird den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht, wie der Krieg in der Ukraine zeigt. Im Kampf um die eigene Bedeutung auf der Weltbühne versucht das Regime von Wladimir Putin deshalb zunehmend, im Verborgenen auf den Lauf der Dinge einzuwirken. Bots in sozialen Medien oder Fake-News-Kampagnen sollen den Ausgang demokratischer Wahlen im Westen beeinflussen; bei Donald Trumps erfolgreicher Kampagne in den USA 2016 gelang das vermutlich, 2020 gab es ebenfalls Versuche, Einfluss auf den Wahlkampf in den USA zu nehmen. Und auch zur Bundestagswahl 2021 beschäftigte sich das Parlamentarische Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste in Berlin mit russischen Umtrieben. Begünstigt davon werden Antidemokraten im Westen, wenn sie an der Destabilisierung der Demokratien von Innen mitwirken. Tatsächlich aber profitiert von den Kampagnen niemand so wie Russland.
Jüngstes Beispiel sind die Vorwürfe gegen die beiden AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah und Petr Bystron. Von einem Spionagenetzwerk rund um das russische Propagandaportal "Voice of Europe" sollen sie Geld erhalten haben, einem Spiegel-Bericht zufolge wurde Krah sogar von der amerikanischen Bundespolizei FBI wegen seiner Verbindungen nach Russland befragt. All das passt ins Bild einer Partei, deren Mitglieder gerne von Patriotismus und Vaterlandsliebe reden – um diese dann für nichts Profaneres als die eigene Politkarriere zu verkaufen.
Augsburger AfD-Politiker mit Verbindungen nach Russland
Wie sich einige ihrer Mitglieder in Richtung Osten anbiedern, ist nur mit der zweifelhaften Hoffnung darauf zu erklären, die Demokratie in Deutschland zu beschädigen und sich dabei selbst zu profilieren. Das ist umso perfider, weil ausgerechnet die AfD ihren Konkurrenten stets abspricht, im deutschen Interesse zu handeln – und selbiges gerne zum Credo der eigenen Politik beschwört. Wenn AfD-Politiker wie die schwäbischen Abgeordneten Andreas Jurca und Ulrich Singer im russischen Propagandafernsehen irrlichtern, indem sie Präsident Putin eine im Großen und Ganzen saubere Wahl attestieren, nützt das sicher nicht Deutschland, sondern alleine Russland. Dieses Manöver war so durchschaubar, dass sogar der AfD-Bundesvorstand sich davon distanzierte – und Jurca und Singer abmahnte.
Was Russland bezweckt, wenn es sich in die westlichen Wahlkämpfe einmischt, liegt indes auf der Hand: Um seinen Machtbereich auszuweiten, will Wladimir Putin die umliegenden Länder schwächen, das Vertrauen in die Demokratie aushöhlen und die innere Einheit Europas und Amerikas zerschlagen. Mit den Rechtspopulisten und -extremisten in Deutschland hat er dafür willfährige Verbündete gefunden, die sich der bestehenden Verhältnisse entledigen wollen, der "Eliten", dem "Mainstream", den "Altparteien".
Schnelle Erfolge sollte die AfD sich davon allerdings nicht versprechen. Zwar zeigt die Strategie eine gewisse Wirkung, seit die westliche Einheit Risse bekommen hat und die Solidarität mit der Ukraine nicht für alle selbstverständlich ist. In Umfragen, vor allem in den neuen Bundesländern, liegt die AfD auch auf den vorderen Plätzen, teils sogar ganz vorn. Aber dafür zahlt sie einen hohen Preis: Sich sichtbar mit einem ausländischen Diktator zu verkumpeln, widerspricht allzu sehr dem nationalistischen Programm, das die Partei zu ihrem Alleinstellungsmerkmal erhoben hat.
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Gut und treffend. Aber man muss auch erkennen, auch die etablierten Parteien haben bis heute die AfD "unterstützt". Es ist bis heute nicht sichtbar, dass eine für die Wählerschaft erkennbare Strategie bzw. Maßnahmen vorhanden sind, wie durch die etablierten Parteien mit der AfD auf politischer Ebene umgegangen werden soll. Was sich als kontraproduktiv erwiesen hat, ist die totale Verweigerungshaltung der Etablierten, welche jedoch in der Praxis vereinzelt schon gebrochen wurde. Wenn die Wählerschaft schon anteilmäßig so wählt, so muss man sich als etablierte Partei fragen, wie man dagegen angeht und wo die wahlauslösenden Punkte der Wählenden liegen. Die letzte öffentliche TV-Diskussion zwischen Höcke und Voigt war sicherlich richtig aber mehr als längst überfällig. Es festigt sich der Eindruck, dass etablierte Politikerinnen und Politiker nicht mehr wissen, wie Wählerschaften zu gewinnen sind bzw. was in der wählenden Gesellschaft die entscheidenden Probleme sind.
Guter Kommentar!
Für manchen führenden AFDler ist die Alternative für Deutschland eine Diktatur à la Putins Russland.
Und wenn sie dafür Geld bekommen, nehmen sie das gerne mit.
Es ist gut, Ihnen die Stirn zu zeigen.
Raimund Kamm