Erst Polit-Star, dann Verlierer: Markus Söder muss sich neu erfinden
Der CSU-Chef und Ministerpräsident war nach der Bundestagswahl über Wochen abgetaucht. Nun meldet er sich zurück. Aber ihm fehlen die Mitstreiter.
Wer ist der führende Wirtschaftspolitiker der CSU? Wer steht in der CSU für Bildungs-, wer für Umweltpolitik? Den allermeisten Menschen fällt auf jede dieser Fragen entweder gar keine Antwort ein – oder dreimal dieselbe: Markus Söder.
Tatsächlich hat Söder, seit er erst Ministerpräsident und dann auch noch Parteivorsitzender wurde, alle Entscheidungsmacht an sich gezogen. Mehr noch als sein Vorgänger Horst Seehofer dominiert er Partei und Regierung. Eine Zeit lang ging das halbwegs gut. Als das Virus die Welt heimsuchte, stieg Söder für einige Monate sogar zum Superstar der deutschen Politik auf. Doch dann kam der Absturz: Erst die Niederlage im Ringen um die Kanzlerkandidatur der Union, dann das Debakel von CDU und CSU bei der Bundestagswahl und dann auch noch die vierte Welle der Corona-Pandemie, in der Bayern – einst Musterschüler im Kampf gegen das Virus – keine wirklich gute Figur mehr macht.
Die Landung auf dem Boden der Realität war hart. Ein paar Wochen lang sah es so aus, als habe Söder sich aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit zu einer ganz persönlichen Schmerztherapie ins stille Kämmerlein zurückgezogen. Er tauchte ab und beschränkte sich im Wesentlichen darauf, hinter verschlossenen Türen Gespräche zu führen – mit der CSU-Basis, mit engen Vertrauten und auch mit einigen Altvorderen in der Partei.
Markus Söders Stimme im Bund hat an Gewicht verloren
Viel Zeit für Trauerarbeit und Selbstfindung blieb ihm nicht. Getrieben von der neuen Wucht der Pandemie und von der wachsenden Kritik an der Corona-Politik in Bayern, warf Söder sich in den vergangenen Tagen wieder ins politische Getümmel. Erneut gibt er den Vorreiter einer konsequenten Pandemiebekämpfung. Seine Stimme im Bund hat allerdings an Gewicht verloren. Das liegt zum einen daran, dass Bayern in einigen Bereichen – etwa bei der Impfquote oder bei der Drittimpfung älterer Menschen in Alten- und Pflegeheimen – ins Hintertreffen geraten ist. Das liegt zum anderen daran, dass er nicht mehr als Chef einer Regierungspartei auftreten kann.
Doch das ist nur ein Aspekt des Machtverlusts, auf den Söder eine Antwort wird suchen müssen. Schwerer wiegt, dass ihm mit dem Ergebnis der Bundestagswahl sein strategisches Projekt einer Modernisierungspolitik zerschossen wurde, die im Kern auf der Idee einer schwarz-grünen Koalition im Bund und vielleicht sogar in Bayern ruhte. Wenn in Berlin die Ampel einigermaßen erfolgreich arbeitet, wird Söder dazu gezwungen sein, sich im Bund auf eine bürgerlich-konservative Oppositionsrolle zu konzentrieren und in Bayern „CSU pur“ zu zelebrieren.
Muss Söder in Bayern eine "CSU pur" zelebrieren?
Damit ist er in München auf absehbare Zeit auf die Freien Wähler als Koalitionspartner angewiesen, mit denen er seit ihrem forschen Auftritt bei der Bundestagswahl ohnehin noch eine Rechnung offen hat. Wie schwer sich die schwarz-orange Koalition tut, zeigte sich zuletzt bei der Reform des Klimaschutzgesetzes, die sich über Monate hinzog und offenbar nur durch ein Machtwort Söders zu einem Abschluss kam. Mehr noch als in der CSU gibt es bei den Freien Wählern konservative Beharrungskräfte, insbesondere in der Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik.
In dieser Situation erweist sich Söders Dominanz als Schwäche. Die CSU hat es sich hinter ihrem Chef gemütlich gemacht. Söder entscheidet zwar alleine, aber er ist auch allein. Ihm fehlen auf wichtigen Feldern die Mitstreiter in seiner eigenen Partei. Einzig seine Minister für Inneres, Joachim Herrmann, und Gesundheit, Klaus Holetschek, zeigen in der Bundespolitik Präsenz. In Bayern sieht es nicht besser aus – siehe Wirtschafts-, Bildungs- und Umweltpolitik.
Die Diskussion ist geschlossen.
Politiker erfinden sich doch laufend neu. Die Halbwertszeit Ihrer Aussagen und Meinungen verkürzen sich permanent.
Und was bedeutet das: sie haben keine Ahnung. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Lothar H. Wieler Gesundheitsminister und Prof. Dr. Thomas Mertens ein Staatssekretär und Deutschland wäre bestens durch diese Krise gekommen.
Dieser Kommentar triff ziemlich voll ins Schwarze (ja - doppeldeutig :-))
Markus Söder hat doch - ähnlich wie Angela Merkel - immer gewarnt. Ihm die Schuld für die hohen Coronazahlen zu geben, wäre also
unfair. Wer hat denn gebremst bei den Maßnahmen und sich auf die Seite der Impfverweigerer und Coronaleugner gestellt, um deren
Wählerstimmen einzusammeln im Falle baldiger Neuwahlen : Lindner und Kubicki von der FDP ! Bitte nicht immer für alles Söder
verantwortlich machen, wenn etwas schiefläuft !
"Markus Söder hat doch - ähnlich wie Angela Merkel - immer gewarnt."
Was Lindner und seine "Wirtschaft-und-Freiheit-vor-Leben-und-Gesundheit"-Ideologie betrifft stimme ich Ihnen gerne zu.
Doch im Unterschied zu Angie und Margus hat er (noch) keine Regierungsverantwortung. Die beiden sollten nicht nur warnen sondern regieren . . .
Hilft leider nix, als Ministerpräsident ist er verantwortlich für die Coronapolitik von Bayern, die er unabhängig vom Bund gestalten kann. Und die Ergebnisse sind desaströs. Es kann sein, dass es an anderer Stelle ungerechtfertigt ist, hier steht er aber voll in der Verantwortung. Und die FDP ist noch gar nicht am regieren, wir haben eine Übergangsregierug, der er angehört.