CSU-Parteitag: Die neu entdeckte Harmonie
Auf ihrem Parteitag geben sich die Christsozialen selbstbewusst. Eine Versöhnung mit der Kanzlerin in der Euro-Rettungspolitik gibt es auch.
In der CSU gibt es Menschen mit Humor. Christa Stewens zum Beispiel. Die frühere Sozialministerin, die nach der Wahlschlappe 2008 nicht mehr ins Kabinett geholt wurde, konnte sich zum Auftakt des Parteitags in München einen ironischen Seitenhieb auf die neu entdeckte Harmonie in der CSU nicht verkneifen: „Es wird wunderbar werden. Es wird Nussecken geben und wir werden uns alle bei den Händen nehmen und lieb haben.“
Horst Seehofer mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein
In der CSU gibt es auch Menschen mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Horst Seehofer zum Beispiel. Der Parteichef und Ministerpräsident verschwendet offenbar keine Sekunde darauf, darüber nachzudenken, wer sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin werden könnte. Gleich bei seiner Ankunft vor der Messehalle C1 diktierte er Journalisten den Satz in die Blöcke: „Über Personalfragen können Sie in fünf Jahren mit mir reden.“
Und in der CSU gibt es mutige Menschen. Gerd Müller zum Beispiel. Der Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium schert sich nicht um die wahltaktische Direktive der Parteistrategen, bloß nicht vorschnell über eine Rückeroberung der absoluten Mehrheit in Bayern zu spekulieren. Er sagt: „Der CSU geht es wieder gut. Die absolute Mehrheit ist erreichbar und sie ist auch das Ziel.“
Umfrage: CSU nahe absoluter Mehrheit
Wenn die jüngsten Umfragen zutreffen, dann können sich die Christsozialen eine derart ironische oder unbescheidene Redeweise durchaus leisten. Unmittelbar vor dem Parteitag bestätigte eine neue Umfrage im Auftrag von Sat.1 Bayern, dass die CSU mit 48 Prozent Zustimmung nahe an der absoluten Mehrheit liegt, während SPD, Grüne und Freie Wähler gemeinsam nur auf 38 Prozent kommen.
Alexander Dobrindt, dem Generalsekretär der CSU, gefällt das sehr. „Da gehören sie hin, in den Keller“, sagte Dobrindt in seiner Eröffnungsrede über die drei Konkurrenzparteien. Für Seehofers SPD-Herausforderer, den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, hatte er nur Spott übrig. Sogar in der SPD, so Dobrindt, gehe mittlerweile der Satz um: „Verlieren hätten wir auch ohne den Ude können.“
Bei Weitem schwerer, als über sich selbst gut und über andere schlecht zu reden, fiel es der CSU, ihre Linie in der Euro-Rettungspolitik zu bestimmen. Zwar blieb der allgemein gehaltene Leitantrag des Parteivorstands unumstritten. Sowohl der Chef der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, als auch der Euro-Skeptiker Peter Gauweiler warben dafür.
Angela Merkel hält ein Plädoyer für Europa
In den Reden aber wurden kontroverse Tendenzen sichtbar. Ferber, dem das Einschwenken der CSU auf die Linie von Bundeskanzlerin Angela Merkel erkennbar Auftrieb gibt, bemühte sich, die Härte der CSU zu betonen: „Wer schützt wirklich die Interessen der deutschen Steuerzahler? Das sind wir.“ Er blieb bei seiner pro-europäischen Grundlinie und forderte unter anderem, bei der Rettung deutscher Banken und der Unterstützung überschuldeter Staaten im Euro-Raum mit gleichem Maß zu messen.
Gauweiler gab sich zwar auch als Europäer, stellte aber klar: „Wir können nicht alle umarmen und uns selbst vergessen.“ Der Landtagsabgeordnete Georg Eisenreich dagegen übte offen Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Europäischen Zentralbank. Er warnte davor, „dass wir uns von einem Vertragsbruch zum anderen hangeln“.
Bayerns Finanzminister Markus Söder fasste zusammen: „Der Leitantrag deckt das Meinungsspektrum in der CSU gut ab.“ Er sollte recht behalten. Die Delegierten stimmten dem Antrag zu. Es gab keine Enthaltung, keine Gegenstimme.
Das wiederum gefiel der Bundeskanzlerin, die um 18 Uhr mit dem „Bongo-Song“ in der Halle begrüßt wurde. CDU-Chefin Angela Merkel hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa und forderte: „Wir müssen anderen helfen, Reformen zu machen, die unbedingt notwendig sind.“ Sie erntete dafür Applaus, wenn auch nicht überschwänglich.
Die Diskussion ist geschlossen.