Kritik an Seehofers Entgleisung gegen Journalisten: "Wie ein Landvogt"
Bayerns Ministerpräsident Seehofer steht wegen abfälliger Äußerungen über Journalisten heftig in der Kritik. Über ein Fernsehteam hatte er gesagt: „Die müssen raus aus Bayern.“
„Die müssen raus aus Bayern“, hatte Ministerpräsident Seehofer bei einer Wahlkampfveranstaltung in Würzburg gesagt. Und gemeint hat er damit ein Fernsehteam des WDR, das für die ARD-Sendung „Monitor“ recherchierte und mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm über die Verwandtenaffäre reden wollte. Jetzt hat Seehofer mächtig Ärger.
Die Opposition kritisierte seine Gutsherrenart heftig, zeigt sie doch, welch zwiespältiges Verhältnis der CSU-Politiker zu Journalisten hat.
Wie berichtet, wollte knapp drei Wochen vor der Wahl Landtagspräsidentin Barbara Stamm Fragen eines Fernsehteams zur Verwandtenaffäre im bayerischen Landtag nicht beantworten. Sie fühlte sich von den Reportern der Sendung „Monitor“ bedrängt und informierte CSU-Chef Horst Seehofer. Der erklärte anschließend: „Das geht so nicht. (. . .) Die müssen raus aus Bayern.“
FDP-Politikerin Miriam Gruß sprach von einem "unerhörten Vorgang"
Seehofer zog sich mit seiner Äußerung scharfe Kritik zu – vom Koalitionspartner FDP ebenso wie von SPD und Grünen.
FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß sprach von einem „unerhörten Vorgang“. Die Grünen warfen Seehofer Entgleisung vor. „Dieser Ministerpräsident ist unter Bayerns Würde“, kritisierte Grünen-Spitzenkandidatin Margarete Bause. „Selbstherrlich wie ein Landvogt“ habe er sich gegeben und verwalte „den Freistaat wie eine Provinz“. „Auch die CSU in Bayern muss sich kritischen Fragen stellen und kann nicht einfach Journalisten rauswerfen, die ihr nicht passen“, betonte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher.
Seehofer forderte seinerseits eine Stellungnahme des WDR-Intendanten. Chefredakteur Jörg Schönenborn bemängelte, dass Interviewtermine zu unliebsamen Themen aus allen politischen Lagern oftmals abgelehnt würden. „Mag sein, dass unsere Fragen für hohe politische Amtsträger manchmal unbequem sind. Aber wir stellen sie, auch in Bayern“, teilte Jörg Schönenborn mit.
Redakteur: Das Team habe seine Fragen korrekt und höflich gestellt
Die CSU-Landesleitung betonte, es habe keine Einflussnahme auf die Berichterstattung gegeben. „Horst Seehofer hat sein Missfallen über das unangemessene Auftreten des ,Monitor‘-Teams zum Ausdruck gebracht. Es ging nicht um Inhalte, sondern um die Einhaltung der Anstandsregeln.“
Der beteiligte „Monitor“-Redakteur Stephan Stuchlik sagte am Montag zu dem Zwischenfall: „Ich finde es als gebürtiger Bayer seltsam, dass man mich aus meinem Heimatland rauswerfen will.“ Das Team habe die Fragen korrekt und höflich gestellt – Stamm habe nicht antworten wollen, sondern lediglich auf die Webseite des Landtags verwiesen. „Ich halte es für vollständig legitim, dass man die Verweigerung einer Antwort und den Verweis auf die Webseite nicht einfach so hinnimmt, sondern nachfragt.“
Barbara Stamm: "Ich erwarte, dass die Formen des Anstands gewahrt werden"
Barbara Stamm hingegen sagte: „Wenn das nicht unhöflich war, dann weiß ich nicht, was Höflichkeit ist. Jeder kann mir kritische Fragen stellen, aber ich erwarte, dass die Formen des Anstands gewahrt bleiben.“ Das Team habe nicht einmal gefragt, ob ein Interview möglich sei, sondern sei mit laufender Kamera auf sie zugekommen.
In den vergangenen Monaten gab es im Laufe der Verwandtenaffäre mehrfach Auseinandersetzungen der Landtagspräsidentin mit Medienvertretern. Auch Seehofer ist immer wieder mit Journalisten aneinandergeraten. Das ZDF musste sich im Mai entschuldigen, weil Moderator Claus Kleber im „heute-journal“ behauptet hatte, FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß sei aus einem CSU-Werbefilm herausgeschnitten worden – was laut CSU nicht stimmte. mit dpa
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