Eine Branche im Wandel
Neue gesetzliche Regelungen und die gute Konjunktur stellen Zeitarbeitsfirmen vor große Herausforderungen. Welche Ziele die IG Metall bei dem Thema verfolgt
Es sind Zahlen, die auf den ersten Blick erstaunen. Laut Michael Grathwohl von der Agentur für Arbeit Donauwörth liegt die Zahl der Menschen in Zeitarbeit stabil bei etwas über 3000 im Zuständigkeitsbereich der Agentur. Dazu gehören auch die Kreise Dillingen, Günzburg, Neu-Ulm und Illertissen. Der viel zitierte Kampf um Fachkräfte und die sehr gute Wirtschaftslage führen also offenbar nicht dazu, dass die Zahl der Leiharbeiter sinkt.
Aus Sicht von Grathwohl hat das mehrere Ursachen, wie er im Rahmen einer Zeitarbeitsbörse mit elf Dienstleistern informiert. „Zum einen ist es für kleinere Firmen bequem, auf die Dienstleister zurückzugreifen. Für die Personalauswahl sind viel Zeit und eine eigene Personalabteilung nötig. Zum anderen haben viele zugewanderte EU-Bürger über Zeitarbeit einen Job gefunden.“ Dass tatsächlich Ingenieure vermittelt werden, sei hingegen eher die Ausnahme.
Die Zeitarbeit hatte in der Vergangenheit nicht gerade den besten Ruf. Schlechtere Bezahlung und unsichere Perspektiven zählten zu den Hauptgründen. Doch in der Branche hat sich in den vergangenen Monaten viel getan. Das hat unter anderem mit den gesetzlichen Bestimmungen, die seit einem guten Jahr gelten, zu tun. Danach erhalten Zeitarbeiter ab dem neunten Monat dasselbe Gehalt wie ein fest angestellter Mitarbeiter und dürfen maximal 18 Monate als Zeitarbeiter beschäftigt werden.
Zudem macht sich die gute Konjunktur bemerkbar, wie Sabine Mack verweist. Sie ist Niederlassungsleiterin von „Synergie“ in Donauwörth. „Wir angeln alle im gleichen Teich nach Mitarbeitern. Wie ich meine Angestellten behandle, ist da entscheidend. Sollte jemand unzufrieden sein, geht er einfach zur Konkurrenz.“ Vor ihr sitzt Siegfried Nemeth, den wohl im Nachgang der Zeitarbeitsbörse mehrere Firmen kontaktieren werden. Er hat eine gefragte Qualifikation: Er kann Gabelstapler fahren. Laut Mack und anderen Personalreferenten eine stark nachgefragte Fähigkeit. „Ich suche erst seit Kurzem eine neue Arbeitsstelle und bin zuversichtlich, dass es klappt“, sagt Nemeth.
Ein Dienstleister hat an seiner Pinnwand konkrete Stellenangebote hängen. Da wird Gabelstaplerfahrern ein Stundenlohn von 12,50 Euro geboten. Anlagenführer erhalten 15 Euro und Elektroniker bis zu 18 Euro die Stunde. Laut Thomas Hirschbeck, Geschäftsführer des Unternehmens Zeitkraft in Donauwörth, übernehmen die Personaldienstleister inzwischen auch Qualifizierungsmaßnahmen, um Personal fit zu machen, beispielsweise mit Kursen in der Handhabung des Software-Programms SAP. Auch Sprachkurse gehören laut seiner Kollegin Mack dazu. Einige Firmen, darunter auch Zeitkraft, sind dazu übergegangen, Mitarbeiter durch entsprechende Löhne auch langfristig an sich zu binden.
Aus Sicht von Martin Öhl von der Firma KMS hat die Zeitarbeit einen weiteren positiven Effekt. Die Mitarbeiter können sich beweisen und schaffen so den Sprung in eine Festanstellung. Das klappe allerdings immer noch zu schlecht, sagt Michael Leppek, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Augsburg. Er verweist darauf, dass allein bei Airbus rund 1000 Leiharbeiter beschäftigt sind. „Wir haben zwei zentrale Ziele: Wir wollen Leiharbeit so teuer machen, dass die Firmen lieber fest einstellen, und wir wollen erreichen, dass Stellen, die mehr als drei Jahre mit Leiharbeitern besetzt wurden, unbefristet ausgeschrieben werden müssen“, so der Gewerkschafter.
Bei Airbus hat die IG Metall durchgesetzt, dass bereits nach vier und nicht erst nach neun Monaten der gleiche Lohn gezahlt wird. Zudem gibt es Urlaubs- und Weihnachtsgeld für die Leiharbeiter. „Wer bei Airbus ausscheidet und einen neuen Job über die Zeitarbeit sucht, muss Einbußen von einem Drittel oder sogar der Hälfte hinnehmen. Weil auch die Zulagen wegfallen.“
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