Europaabgeordnete Manfred Weber: "Wir werden Putin nicht mit Nettsein stoppen"
Der Europaabgeordnete Manfred Weber tauscht sich in Mindelheim mit Bürgern aus und spricht darüber, wie seiner Meinung nach der Frieden gesichert werden kann.
Als der Europaabgeordnete und Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, auf Einladung des CSU-Ortsverbands Mindelheim zum Palas der Mindelburg kommt, erwarteten ihn bereits rund 70 Bürgerinnen und Bürger. Webers scherzhafte Sorge, dass sie sich eher für die angekündigte Führung durch die Burg als den anschließenden Austausch mit ihm interessieren könnten, erweist sich jedoch als unbegründet: Auch wenn sich der eine oder andere nach dem Rundgang verabschiedet, ist das Nebenzimmer in der Burggaststätte brechend voll. Dort spricht Weber über die Europapolitik, die vor allem von einem Thema dominiert wird: Dem Krieg in der Ukraine und wie es gelingen kann, den Frieden in Europa zu sichern.
"Wir werden Putin nicht mit Nettsein stoppen", ist Weber überzeugt. Statt über nationale Raketenabwehrsysteme oder Waffen nachzudenken, müssten sich die europäischen Staaten zusammentun. Denn aktuell lägen 80 Prozent der Verteidigungsfähigkeit der Nato außerhalb der EU. "Wir sind nackt in einer Welt von Stürmen", so Weber. Sollte Donald Trump im Herbst wieder Präsident der USA werden, "dann leben wir in einer völlig neuen Welt", befürchtet er. "Wir müssen schauen, dass wir den Kontinent zusammenhalten." Weber antwortet damit auf die Frage des Besuchers Philipp Kienle, der die Demokratie in Europa aktuell in der Zange der Autokratien sieht.
Während der Europaabgeordnete Manfred Weber Waffen an die Ostfront schicken will, sieht ein Zuhörer auch Bedarf, national aufzurüsten
Während Weber fordert, Waffen und Kriegsgerät an die Ostfront zu schicken, "weil jede Waffe, die wir der Ukraine geben, eine Waffe ist, die uns Russland fernhält", sieht das Tim Ringwald anders. Er war als Soldat in Afghanistan im Einsatz und hat selbst erlebt, wie schwierig es ist, vor Ort mit Systemen zu arbeiten, an denen man zu Hause nicht ausgebildet wurde. Er spricht sich deshalb dafür aus, auch das nationale Militär zu ertüchtigen. "Denn was ist, wenn die Ukraine verliert?", fragt er.
Ein weiterer Besucher teilt Webers Einschätzung, dass Europa zusammenstehen müsse. Allerdings sei das Militär europaweit abgebaut worden – und das Verständnis für den Verteidigungsgedanken nicht da. Diese Einschätzung teilt Weber. Er kritisiert zudem, dass Europa politisch irrelevant sei und nennt den Krieg in Israel als Beispiel: Nach dem Angriff der Hamas seien etliche europäische Staatschefs und Außenminister nach Israel gereist, ohne jedoch konkrete Unterstützung bieten zu können. "Wenn wir einen Flugzeugträger nach Israel schicken könnten, dann hätten wir Gewicht", glaubt Weber.
Ulrich Ommer, der Bürgermeister von Hawangen, wirft der EU vor, in der Flüchtlingskrise versagt zu haben. Kommen dann noch Regelungen hinzu, die – Stichwort Biber – der EU zugeschrieben werden und vor Ort für Probleme sorgen, führe das dazu, "dass die Leute, die diesen Staat tragen und finanzieren", überzeugt seien, die EU nicht zu brauchen. "Und das wäre für uns alle fatal", so Ommer. Weber greift das Beispiel der Biberentnahmen auf und verweist darauf, dass es sich dabei um den bayerischen Vollzug von Europarecht handle, das in anderen Ländern anders gehandhabt werde. Er ruft dazu auf, bei Problemen nicht gleich ein Ende der EU zu fordern. Arbeite eine Bundesregierung schlecht, fordere schließlich auch niemand, die Bundesrepublik abzuschaffen.
Zu einer spontanen Förderzusage zur Mindelburg ließ sich der Europaabgeordnete Manfred Weber nicht hinreißen
Die frühere CSU-Kreisrätin Manuela Huber sprach die Einwanderung an, bei der es sich laut Weber um ein sehr emotionales Thema handle. Für eine tiefergehende Antwort war die Zeit dann aber schon zu knapp, Weber musste weiter zum Bezirksparteitag der CSU, mit dem der Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek und der Vorsitzende des CSU-Kreisverbands, Martin Osterrieder, bereits ihr Fehlen in Mindelheim entschuldigt hatten. Auch die bereits früher geäußerte Kritik von Alexandra Walter, dass die CSU mehr über Inhalte diskutieren, auf junge Leute zu- und dahin gehen müsste, "wo es wehtut", fand kaum Raum. In seiner Antwort ging Weber vor allem auf die Digitalisierung ein, die es gelte, in den Griff zu bekommen, damit nicht allein Algorithmen entscheiden, mit welchen politischen Inhalten junge Leute in Kontakt kommen.
Bereits vor der Burgführung, von der sich Weber sehr beeindruckt zeigte, hatte der CSU-Ortsvorsitzende und Gastgeber Christoph Walter seinen Parteifreund süffisant darauf hingewiesen, dass es sich bei der Sanierung der Mindelburg um ein Projekt handle, dass "für den Landkreis, Bayern und damit auch Europa" wichtig sei. Weber verstand den Wink mit dem Zaunpfahl zwar durchaus, ließ sich aber nicht zu einer spontanen Förderzusage hinreißen. Während des Rundgangs erkundigte er sich bei Bürgermeister Stephan Winter jedoch nach dem Nutzungskonzept – und der aktuellen Kostenkalkulation.
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