Scholz will Corona-Beratungen mit den Ländern beschleunigen
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder haben sich erstmals unter der Leitung von Kanzler Olaf Scholz getroffen. Hauptziel bleibt das Impfen.
Als Vizekanzler hatte Olaf Scholz bereits an einigen Konferenzen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder teilgenommen. Am Donnerstag leitete er seine erste Sitzung dieser Art als neuer Regierungschef – und Scholz tat es wie seine Vorgängerin Angela Merkel. Der SPD-Politiker trug ruhig und präzise vor. Einen Redezettel brauchte er nicht, auch die Altkanzlerin hatte schriftliche Vorlagen nur benutzt, wenn es Beschlüsse zu vermelden gab. Neue Beschlüsse gab es diesmal wie erwartet jedoch nicht. Die Maßnahmen der letzten Konferenz mit schärferen Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelten weiter. Verabredet wurde, deutlicher gegen Hass und Hetze im Netz vorzugehen.
„Es war eine sehr konstruktive Beratung und gleich ein sehr, sehr guter Auftakt für die Beratungen der nächsten Jahre“, fasste Scholz die rund dreieinhalbstündige Schaltkonferenz zusammen, an der auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) teilnahm. Man sei jetzt dabei, die Beschlüsse der letzten Ministerpräsidentenkonferenz umzusetzen. „Die Gesetzgebung findet diese Woche statt“, sagte Scholz mit Blick auf die Beratungen im Parlament.
Der Kanzler nahm die Kritik auf, dass die Regierungen in Bund und Ländern zuletzt nicht immer schnell genug auf die neuen Entwicklungen in der Corona-Pandemie reagiert hätten. „Wir wollen schnell handeln, entschlossen handeln, wenn es notwendig ist“, sagte Scholz. Das gelinge in enger Kooperation mit Bund und Ländern, „wenn alle das wollen und sich das vornehmen“.
Scholz setzt seine Hoffnungen in die Auffrischungsimpfungen
Scholz betonte, es sei jetzt dringend notwendig, dass „möglichst viele eine Auffrischungsimpfung bekommen“. Die Bundesregierung habe die notwendigen Schritte eingeleitet, um das „ehrgeizige Ziel“ von 30 Millionen Erst- und Auffrischungsimpfungen zu erreichen. Der Krisenstab unter General Carsten Breuer sei bereits aktiv und werde kommende Woche erstmals komplett tagen, um „festzustellen, was zu tun ist, um die Impfkampagne zu unterstützen“. Darüber hinaus werde die Konferenz aus Bund und Ländern zusammentreten, sobald das erforderlich sei. „Wir werden also nicht warten, sondern schnell zusammenkommen, sobald etwas zu entscheiden ist“, betonte Scholz.
Bund und Länder wollen darüber hinaus stärker gegen Hass und Hetze im Netz vorgehen. Scholz sagte, es gebe jetzt schon „eine sehr entschiedene Gesetzgebung“. Es gebe aber den Wunsch und den Willen, da schnell mehr zu machen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst erklärte, es seien in der Runde Zweifel laut geworden, ob die bestehenden Corona-Maßnahmen ausreichend seien. Der CDU-Politiker, der sich Mitte Mai zur Wahl stellen muss, zeigte sich gleichzeitig aber zuversichtlich, dass bei Bedarf Lösungen gefunden werden.
Corona-Gipfel: Irritationen beim Thema Impfpflicht
Irritationen gab es zunächst beim Thema Impfpflicht. Eine Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes, die Bundestag und Bundesrat am Freitag beschließen wollen, sieht im Entwurf vor, dass zum 15. März 2022 eine sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht für bestimmte Gesundheits- und Pflegeberufe eingeführt wird. Die Ampel-Koalition hatte als Termin für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger jedoch den Februar, also einen früheren Termin, genannt. Der Kanzler wies darauf hin, dass die Einführung einer allgemeinen Impflicht nicht an einen bestimmten Tag gebunden sei und die parlamentarische Beratung darüber sicherlich einige Zeit dauern werde.
Über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht sollen die Abgeordneten im Bundestag ohne Fraktionszwang entscheiden können. Damit ist noch nicht klar, ob diese Pflicht tatsächlich kommt. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich indes zuversichtlich. Wüst erklärte, die einrichtungsbezogene Impfpflicht müsse schnell umgesetzt werden. Auch der Zeitplan für die Beratungen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht dürfe sich nicht verzögern.
Gesundheits- und Sozialexperten bewerten die geplante Impfpflicht für Mitarbeiter in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen indes positiv. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) erklärte nach Angaben des Bundestages in einer Anhörung, aus medizinisch-epidemiologischer Sicht sei eine Schutzimpfung essentiell zur Bekämpfung der Pandemie. Auch die Caritas unterstützt demnach die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Angesichts der unzureichenden Impfquoten sei eine stufenweise Verschärfung der Schutzvorkehrungen geboten. Es sollte jedoch zeitnah eine allgemeine Impfpflicht folgen und spätestens zum 1. April 2022 in Kraft treten. Mehrere Rechtsexperten erklärten den Angaben zufolge in der Sitzung, die geplante einrichtungsbezogene Impfpflicht sei verfassungsrechtlich zulässig. Die Regelung diene einem legitimen Ziel, sei verhältnismäßig, geeignet, angemessen und erforderlich. Auch eine allgemeine Impfpflicht wäre nach Auffassung der Juristen verfassungskonform auszugestalten.
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