Wie es beim EU-Gipfel zum Durchbruch für die Ukraine kam
Die EU nimmt die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine auf. Die Entscheidung war möglich, weil Viktor Orbán den Saal verlassen hatte. Doch was wurde ihm dafür versprochen?
Olaf Scholz hatte sein Sakko schon aus- und stattdessen den bequemen Pullover übergezogen. Es war das klarste Zeichen, dass sich der Bundeskanzler auf eine lange Nacht einstellte bei diesem EU-Gipfel in Brüssel. Immerhin sollte es ab dem späten Nachmittag um die EU-Erweiterung gehen. Und da drohte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, die beiden wichtigsten Beschlüsse zu sabotieren: die Aufnahme förmlicher Beitrittsgespräche mit der Ukraine sowie die Freigabe von 50 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten, um das von Russland überfallene Land in den nächsten vier Jahren vor dem Kollaps zu bewahren.
Doch der Kleiderwechsel von Scholz war am Ende übereilt: Am frühen Abend gab EU-Ratspräsident Charles Michel bekannt, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit Moldau zu beginnen – „ein historischer Moment“, lobte Michel. Dieser zeige „die Glaubwürdigkeit der westlichen Union, die Stärke der westlichen Union“. Seine Auslegung klang dann doch etwas kreativ. Denn Orbán hatte vor dem Votum den Saal verlassen, um einen einstimmigen Beschluss zu ermöglichen.
So kam es zur Abstimmung für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine
„Ungarn will nicht Teil dieser schlechten Entscheidung sein“, erklärte der Regierungschef im Anschluss. Was aber wurde ihm im Gegenzug für die Aufgabe seines Vetos versprochen? Angeblich habe Orbán „nichts“ dafür erhalten, sagte der slowenische Premierminister Robert Golob. Derweil hatte sich sein indirektes und überraschend schnelles Einlenken am Morgen zumindest angedeutet.
Als der Ungar um 9.41 Uhr über den roten Teppich des Brüsseler Europagebäudes vorbei an den Flaggen der 27 Mitgliedstaaten in Richtung der Fernsehkameras schritt, wirkte er angespannt oder genervt – ganz genau ließ es sich nicht sagen. Spürte der Ministerpräsident nun doch den Druck? Oder hatte er schlicht keine Lust auf das Treffen mit seinen 26 Partnern? Es lag an dem Rechtspopulisten, ob dieser letzte EU-Gipfel des Jahres in einem Debakel enden oder es doch noch zu einem Durchbruch kommen würde.
Wie als Motivator, der die Bühne bereiten und die Bedeutung der Zusammenkunft herausstreichen sollte, wurde Wolodymyr Selenskyj vor den Verhandlungen per Video in den Saal geschaltet. „Dieser Tag wird in unsere Geschichte eingehen“, sagte der ukrainische Präsident – ob er nun gut oder schlecht für die Ukrainer sei. Ungewöhnlich war, dass sein Auftritt kurz danach veröffentlicht wurde. Immerhin das Drehbuch, choreografiert von Michel, sollte maximale Unterstützung für die Ukrainer ausdrücken.
Volodymyr Selenskyj wendet sich an EU-Regierungschefs
Selenskyj hatte seit Monaten auf die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen gepocht, der Schritt soll Kiew einen politischen Punktsieg über Moskau bescheren. Er wandte sich deshalb mit einer eindringlichen Bitte an die Staats- und Regierungschefs: „Verraten Sie die Menschen und ihr Vertrauen in Europa nicht.“ Wenn niemand mehr an Europa glaube, „wie soll die Europäische Union dann am Leben erhalten werden?“ Weniger emotional hatte sich zuvor Scholz geäußert. Der SPD-Mann bezeichnete es am Donnerstagmorgen als „wichtig, dass wir jetzt die Weichen stellen, die den Beitrittsprozess voranbringen hier in Europa und dass das auch eine Entscheidung ist, die von allen Mitgliedsländern getragen wird“. Es war ein Wink in Richtung Budapest. Seit Wochen hatte Orbán mit einem öffentlichkeitswirksamen Eiertanz gegen die Unterstützung der Ukraine gepoltert.
Auch wenn die Europäer wissen, dass „noch viele Jahre bis zum Beitritt vergehen“ werden, wie es der niederländische Regierungschef Mark Rutte nannte, wird die Entscheidung als eine symbolische, aber politisch wichtige Geste des Beistands betrachtet. Neben einem Signal der Solidarität, das die Moral der angegriffenen Ukrainer stärken sollte, sei es insbesondere ein Zeichen an Wladimir Putin, meinte Bundeskanzler Olaf Scholz, „der wissen muss, dass er nicht darauf setzen kann, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in der Unterstützung der Ukraine nachlassen“.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hatte sich schon vor der Entscheidung zuversichtlichgezeigt. „Bislang haben wir es immer geschafft, einstimmige Entscheidungen zu treffen, inklusive mit Viktor Orbán.“ Tatsächlich gaben dessen Statements nach seiner Ankunft in Brüssel Anlass zur Hoffnung. Vordergründig mochte der Autokrat seinen Widerstand gegen den Start der Beitrittsgespräche bekräftigt haben, indem er darauf verwies, dass drei der sieben Vorbedingungen von der Ukraine nicht erfüllt seien. Aber ganz so unnachgiebig und scharf klangen Orbáns Worte nicht mehr. Zumindest schien der Ungar bereits da seine Linie aufzuweichen, indem er auf den rechtlichen Prozess verwies. Es gab also Raum für Kompromisse.
EU gibt Gelder für Ungarn frei
Noch bevor die Staats- und Regierungschefs offiziell ihre Verhandlungen starteten, trafen sich Scholz, Michel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Orbán zum Frühstück. Es handelte sich in gewisser Weise um einen Last-Minute-Rettungsversuch, um eine Lösung zu suchen und den Gipfel zu retten. Am Abend zuvor hatte die Brüsseler Behörde außerdem eingefrorene Gelder in Höhe von zehn Milliarden Euro freigegeben, was der Kommission die Kritik einbrachte, die Zustimmung des Ungarn erkaufen zu wollen.
Orbán wies entsprechende Vorwürfe ebenfalls zurück, nach denen er mit seiner Blockade die zurückgehaltenen Gelder für sein Land freipressen wolle. „Wir sind nicht hier, um Geschäfte zu machen“, so der Regierungschef. „Es geht hier nicht um einen Handel, es geht nicht um einen Deal.“ Ungarn stehe für Prinzipien. Tatsächlich sind es genau diese Poker-Spielchen, die regelmäßig für Ärger im Kreis der Gemeinschaft sorgen. „Wir befinden uns nicht auf einem ungarischen Basar, auf dem wir eine Sache gegen eine andere austauschen können“, kritisierte etwa der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo. Trotz der aktuellen Überweisung nach Budapest bleiben noch rund 21 Milliarden Euro an EU-Geldern für Budapest wegen Rechtsstaatlichkeitsbedenken und Korruptionsproblemen auf Eis gelegt.
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Sollen Sie doch plaudern (= Beitrittsverhandlungen). Der Link von @Andreas B. (einige Posts weiter unten) beschreibt die Symbolik nochmals überdeutlich. Und zu aller Überraschung: auch Rußland wird die Symbolik richtig einschätzen; d.h. einfach mal zur Kenntnis nehmen - nicht mehr.
Sollen Sie doch plaudern (= Beitrittsverhandluingen). Der Link von @Andreas B. (einige Posts weiter unten) besvchreibt die Symboilik nochmals überdeutlich. Und zu aller Überraschung: auch Rußlan die wird die Symbolik richtig einschätzen; d.h. einfach mal zur Kenntnis nehmen - nicht mehr.
Ich habe zu meine Kindern immer gesagt .. Kinder es gibt nichts was es nicht gibt.. . und diese Aussage gibt mir inzwischen recht.
Man hat in der europäischen Union mit kleinen Betrügereien begonnen und heute passiert es im großen Stil.. und wer steht davor .. eine Deutsche.. Von der Leyen, die von der deutschen Kanzlerin Merkel unrechtmäßig auf diesen EU Posten gesetzt wurde. Orban sagt nein und doch wird ein neuer Weg aufgemacht und Orban mit Millionen bezahlt, um den Beitritt der Ukraine voran zu treiben.. Ich wette dass die Ukraine an dem Tag der EU beitreten kann, an dem der Krieg endet, oder sie ihn enden lassen.. damit die Nato eingreifen kann, weil Russland uns sonst angeblich alle angreift.
Es ist ja inzwischen schon so, dass wir in unserem Land nicht mal Bäume pflanzen können ohne Genehmigung der EU.. wenn wir mehr Geld einnehmen, müssen wir der EU Gemeinschaft mehr abgeben.. Kein Land in der EU ist in seinem Tun mehr Autonom. Mich wundert dass die Ukraine unbedingt in die EU will .. sie bekommen dadurch keine Freiheit, sondern müssen sich einem Kollektiv unterordnen.. Ob sie das können wo sie doch die intelligenteste Elite in der europäischen Gemeinschaft sein wollen. Europa wird heute auf Lügen und Betrug aufgebaut und hat ihre Werte und Seele billigst verkauft.. und die Deutschen und ihre Nachkommen werden denen ihr Paläste bezahlen müssen.. Der europäische Gedanke von den Gründungsmitgliedern war ein anderer.. man wollte ein dauerhaftes friedliches Zusammenleben der Völker und Staaten auf dem europäischen Kontinent und keine Abhängigkeit von so vielen unterschiedlichen Nationen, das unweigerlich zu Spannungen führen muss.
Europa ist wie ein Minenfeld.. es kann jederzeit irgendwo exploitieren.. !
Walter K.
Die Ukraine hat laut EU Kommission und Kanzler Scholz nicht alle Kriterien für die Aufnahme von Beitritt Verhandlungen erfüllt.
Zur Durchführung der Abstimmung hat man Ungarn Schmiergeld bezahlt, so dass dessen Regierungschef kurz das Zimmer verlässt.
Es steht die gezielte Tötung von Zivilisten der ukrainischen Opposition im Ausland durch den Ukraine Geheimdienst im Raum.
"Ukraine bekennt sich zu Politiker-Mord"
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/ukraine-geheimdienst-toetet-politiker-ilja-kywa-krieg-russland-100.html
Wer das alles gut findet, der passt auch gut zu Lukaschenko.
Das Ganze ist mehr ein "symbolischer Schritt" - bietet der UA ein strahlenden Lichtblick und läßt sich gut bei den Bürgern des Landes verkaufen. Symbolik wie sie der UA Präsident liebt- große Auftritte auf der internat. Bühne. Ändert nur an der misslichen Lage des Landes nichts. Und wenn je der Beitritt erfolgt steht in den Sternen.- da sind Leute wie der derzeitige Präsident der UA und Frau v.d. Leyen schon längst Geschichte und vergessen. Der gestrige Beschluss- verheerend für die wirtschaftliche Zukunft Europas.
"Missliche Lage"? Das ist eine sehr euphemistische Umschreibung dafür, daß sich das Land im Krieg befindet. Warum kritisieren Sie eigentlich nie den Aggressor? Man kann Sie wohl mit Fug und Recht als Putin-Troll bezeichnen!
Hier ein recht guter Kommentar zu dem symbolischen Schritt.
https://www.tagesschau.de/ausland/eu-gipfel-ukraine-beitritt-100.html
:D gelebte Demokratie. Den Trick hat ihnen wohl Selenskyj verraten. Zustände wie in Bogota. :D Schönes Foto dreier Muster Demokraten. :.D
Also wenn man Kandidat wird, weil man die Voraussetzungen nicht erfüllt, dann sollte sich Gaza als EU Beitritt Kandidat bewerben. Die erfüllen die erforderlichen Kriterien auch nicht, genau wie die Ukraine.
Also beste Chancen.
Das lustige ist, nach dem Muster hier kann jetzt einstimmig auch gegen Deutschland entschieden werden. Einfach warten bis der Kanzler nicht im Zimmer ist.
Am heutigen Tag wurde sie Rechtsstaatlichkeit mit den Füßen getreten und alle feiern es. Man ist dadurch nicht mehr besser als irgendein Bananen Staat.
Wir sind sowas von geliefert...
>>Am heutigen Tag wurde sie Rechtsstaatlichkeit mit den Füßen getreten und alle feiern es. <<
Was soll der Quatsch? Man hat lediglich beschlossen, VERHANDLUNGEN zu einem EU-Beitritt aufzunehmen, nicht mehr. VOR einem Beitritt müssen Bedingungen erfüllt werden, Viktor Orban hat nach dem Beitritt Ungarns zur EU einige Bedingungen stark geändert. Er ging auch ganz bewusst aus dem Raum, dadurch kann er sich selber als standfest in seiner Meinung darstellen.
Beitrittsverhandlungen dauern Jahre, eben weil bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Und am Ende müssen dann auch noch alle 27 Parlamente dem Beitritt zustimmen. Der Beginn der Verhandlungen soll nach meiner Ansicht nur etwas Hoffnung für die kriegsgebeutelte Bevölkerung der Ukraine senden, ein Zeichen, dass sie nicht allein gelassen werden. Denn aus dem Beginn von Verhandlungen ergeben sich noch lange keine Rechtsansprüche an die EU. Und die Rechtsstaatlichkeit ist mitnichten mit den Füßen getreten worden, die ist nach wie vor gegeben.
Wie die Bedingungen erfüllt werden, hat man ja bei Griechenland gesehen.... hat auch niemand interessiert.
Ich sehe nur einen rücksichtlosen Opportunisten, der sich bei Putin einschmeichelt.
Ungarn kann sich im Gegensatz zur Ukraine freuen, seit 1989 endgültig aus den Krallen der Sowjetherrschaft befreit zu sein. Aber offensichtlich haben 34 Jahre Freiheit nicht gereicht, um Ungarn wirtschaftlich auf ordentliche Beine zu stellen, leider herrscht immer noch Schlamperei und Ineffizienz vor. Ich kenne das Land sehr gut und weiss wovon ich spreche.
So viel zu irgendwelchen Prinzipien, die Orban für sich reklamiert, während er die Nettozahler der EU großzügig das Straßennetz ausbauen lässt.
Ja, @Walter K.: 27 müssen zustimmen. Und da wird es große Differenzen geben. Vor einigen Wochen las ich z.B., daß durch einen Beitritt der Ukraine ein nicht unerheblicher Teil der Agrarsubventionen an sie gehen würde. Anders rum: alle Subventionsempfänger müssten größere Abstriche machen. Nur in diesem Punkt werden gotteseidank nicht alle mitziehen. Aber vielleicht erledigt sich ja das Ukraine-Problem auf eine andere Art.