Räuber Kneißl - Gewalttäter und bayerischer Robin Hood
Aichach Wer war eigentlich Mathias Kneißl, der Räuber Kneißl, der Schachermüller-Hias? Er war vieles: Gewalttäter, Volksheld - ein bayerischer Robin Hood.
Kindheit Die Geschichte vom "Räuber Kneißl" beginnt am 12. Mai 1875 in Unterweikertshofen, wo Kneißls Großvater Alois Pascolini (eingewandert aus Venetien) beim Ober-Wirt dubiose Geschäfte betrieben haben soll. Der Großvater (auch ein Räuber) wird 1871 auf der Flucht, vermutlich versehentlich, von einem Kumpan erschossen.
Jugend 1886 verkaufen die Kneißls das Anwesen und erwerben eine alte Mühle nahe dem Weiler Altstetten (bei Sulzemoos), die sogenannte Schachermühle. Es ist eine harte Jugend. Seine Eltern, Theresia und Mathias, rauben und wildern, um die Familie ernähren zu können, stets verfolgt vom Dorfgendarmen. In der Mühle geht raues Gesindel ein und aus und Mathias lernt die Wilderei. Als Mathias 16 Jahre alt ist, muss er eine dreitägige Haftstrafe absitzen. Sein "Vergehen": Er hat die Sonntagsschule geschwänzt.
Eltern Im Sommer 1892 wird in der Schachermühle über die prächtig ausgestattete Wallfahrtskirche Herrgottsruh (Friedberg) geredet. Wenig später ist die Kirche ausgeplündert. Der Verdacht richtet sich schnell auf Vater Kneißl und bald darauf wird die Mutter erwischt, als sie das Diebesgut in München verhökern will. Eine Streife nimmt Vater Kneißl, der sich im Mühlbach versteckt hat, fest. Auf dem Transport ins Gefängnis nach Dachau stirbt er - unter ungeklärten Umständen. Bei einer Durchsuchung der Schachermühle wird kurz darauf der Gendarm Gößwein angeschossen und schwer verletzt. Bruder Alois Kneißl wird am nächsten Tag, Mathias Kneißl nach zweiwöchiger Flucht verhaftet und unter anderem wegen Mordversuchs zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, obwohl er gar nicht geschossen hat.
Gefängnis Im Knast erlernt Kneißl das Schreinerhandwerk. Doch nach seiner Entlassung am 28. Februar 1899 findet er keine rechte Arbeit: Seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein. So träumt Kneißl von Amerika. Auswandern will er, doch dafür braucht er Geld. Er holt es sich mit einem Kumpan in der Hallertau. Unblutig erbeuten sie Pfandbriefe (2500 Mark).
Kneißl-Jagd Die Münchner Polizei setzt 400 Mark Belohnung auf den Räuber aus - die Jagd auf Kneißl, den ehemaligen Zuchthäusler, beginnt. Er versteckt sich im Dachauer und Aichacher Land, wo er jeden Winkel kennt, auf Freunde und Rückhalt bei der Landbevölkerung vertraut. Vor allem bei den Ärmsten findet er Unterschlupf - in Gachenbach oder in Unterwittelsbach. Ein Ehepaar aus Rapperzell (heute Schiltberg) und ein Aichacher werden später dafür verurteilt. Kneißl verschafft sich geschickt Sympathien: Fünf Goldmark schenkt er einer Bäuerin auf dem Feld und ein halbes Reh einer Tagelöhnerin. Einen kleinen Buben, der sich im Wald verlaufen hat, bringt er nach Hause. Die Gendarmen macht er dagegen durch sein Katz-und-Maus-Spiel lächerlich. Legendär ist die Kneißl-Flucht aus einem umstellten Ort, versteckt in einem Odelfass. Die Polizisten erreichen trotz Großaufgebot nichts und werden bei der Tanzmusik in Wirtschaften ausgesungen. Am 26. November 1900 verschlägt es Kneißl bis nach Paar bei Kühbach, wo er aus Hunger ein paar Hennen erwürgt und auf der Flucht einem Burschen eine Schrotladung ins Knie verpasst. Vier lange Monate ist der Schachermüller-Hiasl unterwegs auf dem Fahrrad zwischen Aichach, Fürstenfeldbruck und Dachau.
Schießerei Irchenbrunn Das geht zunächst bis zum 30. November 1900, ehe Kneißl beim Flecklbauern in Irchenbrunn (heute Markt Altomünster) Unterschlupf sucht. Der verrät ihn aber an die Polizei. Zwei Gendarmen aus Altomünster und einige Burschen aus Oberzeitlbach (angelockt von der stattlichen Belohnung) wollen Kneißl dingfest machen. Bei einer Schießerei wird der Gendarmeriekommandant Benedikt Brandmeier getötet, sein Kollege Scheidler so schwer verwundet, dass er bald darauf stirbt. Spätestens jetzt ist Schluss mit lustig. Das Bezirksamt Aichach fordert Verstärkung an. Die Belohnung auf Kneißls Kopf wird auf 1000 Mark erhöht. Kneißl ist der meistgesuchte Verbrecher seiner Zeit. Prinzregent Luitpold lässt sich täglich über die Kneißl-Verfolgung Bericht erstatten.
Festnahme Seine Flucht aber zieht sich hin. Die Polizei errichtet mobile Stationen von Dachau bis nach Kühbach und Sielenbach. Zunächst alles vergebens. Am 5. März 1901 schnappt die Falle zu: Kneißl wird im Aumacheranwesen in Geisenhofen (bei Nannhofen) entdeckt und in Schach gehalten, bis eine 75 Mann starke Polizeitruppe anrückt und Kneißl nach einer wilden stundenlanger Schießerei verhaftet.
Prozess Kneißl wird lebensgefährlich verletzt und monatelang in der Münchner Universitätsklinik gesund gepflegt, um ihm im November kurzen Prozess machen zu können. Die Geschworenen am Landgericht Augsburg verurteilen ihn wegen Mordes zur Todesstrafe.
Hinrichtung Kneißl (26) wird am 21. Februar 1902 in Augsburg auf der Guillotine geköpft.
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