Streit zwischen CSU und Freien Wählern: Streibl giftet gegen Holetschek
Dass sich der CSU-Fraktionschef mit einer Resolution für den ländlichen Raum in Szene setzt, provoziert bei seinem Kollegen von den Freien Wählern äußerst gereizte Kommentare.
Die viel gepriesene Harmonie in der "Bayern-Koalition" ist offenbar dahin, die Spannungen zwischen CSU und Freien Wählern nehmen erkennbar zu. Als CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek am Mittwoch Seite an Seite mit Vertretern des Bauernverbandes, der Hotellerie, des Handwerks und der Industrie eine Resolution zur Entwicklung der ländlichen Räume präsentierte, ließ eine gereizte Reaktion seines Kollegen Florian Streibl von den Freien Wählern nicht lange auf sich warten. Um politische Inhalte ging es in dem dann folgenden Hin und Her offenkundig nicht, sondern – hier wie dort – eher ums Gefühl.
Die Resolution, die in der CSU-Landtagsfraktion einstimmig verabschiedet wurde, trägt den Titel "In Bayern leben, heißt besser leben – in den Städten und auf dem Land". Um darüber zu reden, hatte Holetschek ausgerechnet die Vertreter jener Verbände eingeladen, die auch von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger stets besonders umworben werden. Es kamen: Angela Inselkammer (Präsidentin Hotel- und Gaststättenverband), Günther Felßner (Präsident Bauernverband), Klaus Lutz (Präsident Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern) und Dieter Vierlbeck (Vize-Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer für München und Oberbayern). Und gemeinsam traten sie auch vor die Presse, was den Freien Wählern nicht so gefiel.
Freie Wähler-Fraktionschef Florian Streibl: "Wer lesen kann, ist klar im Vorteil"
In der Resolution, die kaum Neues enthält, schlägt die CSU unter anderem vor, für mehr Mobilität im ländlichen Raum den Erwerb von Führerscheinen zu erleichtern. "Wir setzen uns dafür ein, dass in begründeten Ausnahmefällen Minderjährigen für Fahrten von und zur Arbeits- und Ausbildungsstätte eine Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt werden kann. Insgesamt muss der Führerschein gerade für junge Menschen wieder leichter erschwinglich sein", heißt es in dem Papier.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler reagierte ziemlich giftig. Unter Anspielung auf den gerade erst beigelegten Streit über den Grundschullehrplan sagte Streibl: "Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: Das gilt für die Pisa-Studie ebenso wie für den Koalitionsvertrag zwischen Freien Wählern und CSU." Insofern freue es ihn, "dass selbst die kleineren Verästelungen der CSU-Fraktion mittlerweile wenigstens bis Seite 76 von 85 unseres Koalitionsvertrags vorgedrungen sind". Dort heißt es: "Wir setzen uns dafür ein, dass in besonderen Ausnahmefällen (Fahrten von und zur Arbeits- und Ausbildungsstätte) eine Fahrerlaubnis der Klasse B ab 16 Jahren durch die Verwaltungsbehörden erteilt werden kann." Und auch die weiteren Vorschläge des CSU-Positionspapiers "entstammen unserem Koalitionsvertrag", sagte Streibl.
CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek: "Ich verstehe gar nicht, worum es Herrn Streibl da geht"
Und er setzte noch eine Bemerkung obendrauf. "Dass die CSU unsere gemeinsame Agenda für den ländlichen Raum jetzt als eigene Ideen verkauft, ist offensichtlich ein Reflex darauf, in der Fläche nicht mehr als Kümmerer wahrgenommen zu werden", sagte Streibl. "Dabei müsste die CSU nur rausgehen und den Menschen zuhören – so wie wir Freie Wähler das tun."
Holetschek zeigte sich über die Anmerkungen seines Kollegen Streibl bei der Pressekonferenz nicht erfreut. Er konterte die Kritik mit den Worten: "Ein Geplänkel, das überflüssig ist." Im Gespräch mit unserer Redaktion legte Holetschek nach: "Ich verstehe gar nicht, worum es Herrn Streibl da geht. Uns geht es um Politik für die Menschen und nicht um Urheberrechtsfragen."
Er habe, so sagte Holetschek, "das Gefühl, dass die Freien Wähler ziemlich nervös sind." Den Verdacht, dass er mit seinem Auftritt einen Kontrapunkt zu Aiwanger setzen wollte, wies Holetschek zurück: "Wir machen Politik für die Menschen, nicht gegen jemanden." (mit dpa)
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Daran werden sich die Freien Wähler gewöhnen müssen, dass die CSU klar macht, wer Koch und wer Kellner ist. Und die Verbände wissen das natürlich bereits.
Und die Freien Wähler entwickeln langsam ein Problem, das ihnen bei der Wahl noch geholfen hat. Sie haben mit Aiwanger, einen gnadenlosen Populisten, der im Bierzelt bei einer bestimmten Schicht hervorragend ankommt, der aber, und das wird immer deutlicher, seinen Job als Wirtschaftsminister nicht macht. Beispielsweise stellte er sich lieber auf Bauerndemos in München und Landshut am 8.1.24 und sagt deshalb seinen Auftritt bei einer Bürgerversammlung in Mehring ab, bei der es um 10 Windkraftanlagen für den 40 Windkraftanlagen umfassenden Windpark für den Südosten Bayerns und vor allem um den Erhalt der Chemischen Industrie im Chemiedreieck in Bayern geht. Die Bürger dort lehnten mit sehr klarer Mehrheit letzten Sonntag die Windkraftanlagen ab. Wenn es dem Energie- und Wirtschaftsminister wurscht ist, dann ist das halt auch eine klare Ansage. Die mittelständische Wirtschaft hat wahrscheinlich längst kapiert, dass sie sich an die CSU halten muss, wenn es um die Verbesserung der Rahmenbedingungen geht.