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26.04.2006

Es begann an dem Tag, als Bobby Ewing starb

Augsburg (AZ). Vor 20 Jahren bewegte die Menschen vor allem ein Thema: der Reaktorunfall von Tschernobyl. Die Augsburger Allgemeine berichtete auch in ihren Lokalteilen von dem Unglück. Martin Deibl, Redaktionsleiter der Ausgabe Augsburg Land, dokumentiert die Schlagzeilen von damals.

Von unserem Redakteur Martin Deibl, Landkreis Augsburg


Der Tag, an dem Bobby Ewing starb  - der Film ist neulich im Fernsehen ausgestrahlt worden. Der Tod des Dallas-Lieblings hat damals die TV-Nation erschüttert. Es war ein Traum ­ der Alptraum folgte. Am Vortag hat die Zeitung über einen erneuten Störfall im nahen Atomkraftwerk Gundremmingen berichtet. "Defekt im Atom-Block C ­ Schnellabschaltung ­ Gefahr verneint" lautet die Schlagzeile. Ein elektronischer Fehler habe die für die Kühlung des Reaktors gebrauchte Wassermenge vermindert, der Vorfall habe dem bayerischen Umweltministerium zufolge keine sicherheitstechnische Relevanz. Bereits am 12. März war es zu einem Störfall im AKW Gundremmingen gekommen.

Der Augsburger Kreistag ist zurückgekehrt von einer dreitägigen Fahrt ins Grenzland zur DDR , wo er sich unter anderem über die Probleme der Umweltverschmutzung informiert hat.

In Tschernobyl ereignet sich ein folgenschwerer Reaktor-Unfall. Welche Folgen das haben wird, ahnt an diesem Tag niemand.


Es regnet, wie vom Wetterbericht vorhergesagt. In der A-Klasse bezwingt der TSV Zusmarshausen den SC Biberbach mit 3:2.


Erst langsam wird das Ausmaß der Reaktorkatastrophe deutlich; erste Kurzmeldungen in Rundfunk und Fernsehen. Im Lokalteil wird der erdrutschartige Wahlsieg von Peter Heil verkündet, der SPD-Mann aus Welden ist zum Bürgermeister von Ottobeuren gewählt.


Die zweite Schlagzeile auf Seite 1 lautet: "Schwerer Unfall in einem Atomkraftwerk bei Kiew". Das Wetter ist weiterhin stark bewölkt mit zum Teil länger anhaltendem Regen.


Es regnet weiterhin. Die Behörden beruhigen: "Keine Gefahr für Bayerns Bevölkerung." Dennoch könne die radioaktive Wolke bei anhaltendem Ostwind auch die Bundesrepublik erreichen.


Die Tradition blüht weiter: In Stadt und Land werden Maibäume aufgestellt. Viele Menschen tun dies vermutlich mit einem etwas komischen Gefühl in der Magengrube, denn in der Früh haben sie die Schlagzeile "Wind trägt radioaktive Luft auch nach Bayern" gelesen. Allerdings auch, dass die zuständigen Behörden eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung ausschließen.

Der Ball rollt auch am Feiertag -­ volles Sportprogramm ist angesagt. US-General Howord C. Eggleston sagt das deutsch-amerikanische Volksfest an der Ackermannstraße in Augsburg ab. Begründung: Wegen der verschärften Sicherheitslage nach dem amerikanischen Bombenangriff auf Libyen stellen größere Menschenansammlungen ein zu großes Sicherheitsrisiko dar.


Die Verunsicherung breitet sich aus wie die radioaktive Wolke aus der Ukraine. Im Lokalteil steht: "Das gesamte Ausmaß der Katastrophe . . . lag auch am Freitag, sechs Tage nach dem bisher schwersten Unglück dieser Art, im Dunkeln." Die Strahlenschutzkommission empfiehlt, Säuglingen und Kleinkindern in den kommenden Tagen keine Frischmilch zu geben, sondern mit Trockenmilch zu versorgen. Südbayern gehöre zu den Gebieten, in denen in der Milch leicht erhöhte Werte von Jod 131 registriert wurden.

Beim Gesundheitsamt laufen die Telefone heiß: Die Bürger sind trotz offizieller Entwarnung besorgt, so die Schlagzeile am nächsten Tag. Ein Physiker im Raum Augsburg misst in seinem Garten mit dem Geigerzähler eine 30- bis 40-fach erhöhte Radioaktivität in Bodennähe.

Die Hoechstwerke in Gersthofen haben inzwischen zehn Mitarbeiter, die auf einer Baustelle etwa 150 Kilometer vom Unglücksort Tschernobyl entfernt beschäftigt waren, zurückbeordert und ärztlich untersuchen lassen. Die Beschäftigten hätten vor Ort keine Ahnung von dem Reaktor-Unfall gehabt und seien erst von Deutschland aus informiert worden. Fünf weitere Mitarbeiter, die in den nächsten Tagen mit einem Montagetrupp in die Nähe von Kiew reisen sollten, werden vorerst in Gersthofen bleiben.

Am Nachmittag hält der Kreisverband Augsburg des Deutschen Kinderschutzbundes einen Flohmarkt ab.


Die AZ Augsburger Land greift die Sorgen der Menschen auf und will in einer aktuellen Umfrage wissen: "Haben Sie Angst vor verseuchter Milch?" Vier Frauen und ein Mann werden in Zusmarshausen befragt. Auszugsweise die wichtigsten Zitate: "Man muss den Behörden glauben, dass es bei uns nicht so schlimm ist." "In den Zeitungen sprechen sie von 2000 Toten, aber ob das so stimmt?" "Ich glaube, die halten uns hin, es ist gefährlicher, als immer gesagt wird." "Ich glaube, das hat bei uns keine Folgen mehr." "Ich glaube, die machen viel Panik; ich habe ein Kleinkind im Alter von vier Monaten, das braucht Frischmilch."


In Augsburg geht die Frühjahrsausstellung zu Ende. Ohne Besucherrekord ­- statt der erhofften 150 000 Menschen kommen 115000 auf das Messegelände beim Wittelsbacher Park.


"Ansturm auf das Info-Telefon" meldet die AZ. Allein am Samstag gingen über 500 Anrufe bei der Berufsfeuerwehr in Augsburg ein, am Sonntag nochmal 150. Im Text heißt es dann: "Die internen Strahlenmessungen bei der Berufsfeuerwehr ergaben am Wochenende einen weiteren Rückgang der Radioaktivität."

In Leitershofen wird die Volksbank überfallen. Eine Frau mit Schlapphut erbeutet 19.000 Mark.


"Ministerium rät: Kein Freilandgemüse essen" ­ die Schlagzeile zeigt, dass sich der Wind gedreht hat. Der Grenzwert von 250 Becquerel werde in ganz Süddeutschland überschritten, da helfe auch gründliches Waschen nicht.

Die Cema (Centralmolkerei Augsburg), Hauptlieferant von Frischmilch im Landkreis, versichert, man gebe nur Milch für den Verkauf frei, die den Höchstwert von 500 Becquerel nicht übersteige. Das Staatliche Schulamt erlässt erste Vorsichtsmaßnahmen. Die Bauern werden aufgefordert, auf Grünfutter zu verzichten und die Kühe nicht auf die Weide zu treiben. Die AZ zitiert den Landwirt Alois Schäfenecker aus Welden, der besorgt in Richtung Gundremmingen schaut: "Wenn's da mal losgeht, ist's sowieso aus."


Schlagzeile im Lokalteil: "Gärtner ratlos -­ Wer untersucht Gemüse?" Das Ministerium in München empfiehlt, zu hoch mit Radioaktivität belastetes Freilandgemüse abzuernten, zu beseitigen oder zu kompostieren. Das Problem: Niemand kann das Gemüse untersuchen. Sonja Gaugenrieder aus einer Gärtnerei in Zusmarshausen sagt resigniert: "Die Radioaktivität baut sich sowieso in den nächsten hundert Jahren nicht ab." Bäder und Spielplätze bleiben vorerst weiterhin offen.

Im Zusmarshauser Festzelt spricht sich der SPD-Politiker und ehemalige Bremer Bürgermeister Hans Koschnik für einen langfristigen Ausstieg aus der Kernenergie aus.


Die Menschen glauben den Beruhigungsversuchen der Behörden längst nicht mehr. Willi Sprenzel von der Bürgerinitiative Lützelburg macht zusammen mit dem Fachlehrer Günter Neuhäuser eigene Messungen, unter anderem am örtlichen Spielplatz.

Das Landratsamt hat ebenfalls Messungen durchführen lassen, über die die AZ wie folgt berichtet: Messung vom Mittwoch, 13 Uhr: Bobingen 0,06 m/rad in der Luft (dreifach erhöhter Wert gegenüber der normalen Strahlung), 0,2 bis 0,3 am Boden (zehn- bis 15-fach); Gersthofen 0,12 in der Luft (sechsfach), 0,3 am Boden (15-fach); Schwabmünchen 0,05 bis 0,1 in der Luft (drei- bis fünffach), 0,3 bis 0,4 am Boden (15- bis 20-fach).

Da bei Messungen in Sandkästen auf Spielplätzen deutlich erhöhte Werte festgestellt werden, wird den Gemeinden vom Landratsamt in einer telefonischen Rundrufaktion empfohlen, die Sandkästen zu sperren. Diese Empfehlung gilt auch für private Spielplätze.


Vor allem schwangere Frauen sorgen sich um die Gesundheit ihrer ungeborenen Kinder. Anlaufstelle ist das Gesundheitsamt. Schulleiter wollen wissen, ob Schulsport auf der Wiese unbedenklich sei und Gruppen noch Zeltlager durchführen können.


Schlagzeile im Lokalteil: "AZ-Leser gab heißen Tipp -­ Kripo fasst die ,Banklady` von Leitershofen."

Die Behörden teilen mit, dass die Strahlung innerhalb von zwei Tagen um die Hälfte gesunken sei. In Augsburg formiert sich ein dreieinhalb Kilometer langer Protestzug gegen die Atomkraft. 8000 bis 10 000 Menschen aus ganz Schwaben ziehen durch die Innenstadt.


Bei einer Versammlung in Diedorf entschließen sich 400 Milchlieferanten der Aretsrieder Molkerei Müller, für mindestens eine Woche auf eine Grasfütterung der Kühe zu verzichten. Theo Müller bietet an, zum Ausgleich fünf Pfennig mehr pro Liter Milch zu bezahlen.


Das Umweltministerium beginnt mit Messungen auch im Landkreis. Der Kreisausschuss diskutiert die Frage, ob das Augsburger Land für den Notfall gerüstet sei. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Heinz Müller kritisiert die starke Verunsicherung der Bevölkerung. Da die Werte weiter sinken, nimmt das Landratsamt die Empfehlung, gemeindliche Spielplätze zu sperren, wieder zurück.


"Bei Adelsried Diebesgut aus Kapelle an der Isar gefunden" meldet der Lokalteil.
Die Landwirte suchen weiterhin händeringend Winterfutter. Auch Trinkwasser aus einem Flachbrunnen bei Schwabmünchen wird untersucht. Der Wert liegt bei unter drei Becquerel pro Liter.


Wegen der erhöhten Strahlenbelastung bei Wild wird die Schonzeit bis 31. Mai verlängert. Exakte Werte werden aber nicht genannt.


Die AZ meldet: Dr. Peter Kahn, Chef der Kreissparkasse Augsburg, wechselt in den Vorstand der Bayerischen Landesbank.
Das Veterinäramt schickt Fleischproben von Kühen und Schafen nach Gundremmingen, wo sie auf Strahlenbelastung untersucht werden.


Die Messungen werden nur noch ganz gezielt durchgeführt.
In Diedorf kommt es zu einem Eklat: CSU und Freie Wähler verlassen aus Protest die Sitzung des Gemeinderates.


Die AZ berichtet über die Sitzung der Jungen Union vom Vorabend, bei der Günther Oppel aus Stadtberger als JU-Kreisvorsitzender bestätigt wird. Der schwäbische JU-Bezirkschef Gerd Müller fordert bei der Versammlung in Gersthofen: "Weltweit müssen alle Reaktoren vom Typ Tschernobyl abgeschaltet werden."

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