Löw hat entschieden
Der Bundestrainer streicht nach dem 3:5 gegen die Schweiz Torhüter Marc-André ter Stegen, Sven Bender, Julian Draxler und etwas überraschend auch Cacau aus seinem Kader für die Europameisterschaft
Tourrettes Bundestrainer Joachim Löw hat Marc-André ter Stegen, Sven Bender, Julian Draxler und Cacau aus seinem vorläufigen Aufgebot für die Fußball-Europameisterschaft gestrichen. Das teilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Montag vor dem Training in Tourrettes mit. Das Quartett befand sich da bereits auf der Heimreise. Am heutigen Dienstag muss Löw seinen 23-Mann-Kader für das Turnier in Polen und der Ukraine der Uefa melden.
Der FC Bayern München stellt mit acht Spielern wie erwartet den größten Block des endgültigen deutschen Kaders. Nach dem Verzicht auf Mittelfeldspieler Sven Bender von Borussia Dortmund stehen vier Profis des Double-Gewinners im Aufgebot.
Enttäuschung nach dem Debüt
Im Tor vertraut Löw Stammkeeper Manuel Neuer, Tim Wiese und Ron-Robert Zieler. „Natürlich bin ich enttäuscht. Dennoch waren die Tage im Kreis der Nationalmannschaft für mich eine interessante Erfahrung“, sagte der Gladbacher ter Stegen. Er war bei der 3:5-Niederlage gegen die Schweiz in Basel zu seinem ersten Länderspieleinsatz gekommen. Auch Schalkes Mittelfeldspieler Draxler hatte am Samstag sein Debüt gegeben. Für den Stuttgarter Angreifer Cacau kam das EM-Aus hingegen relativ überraschend. „Wie die jüngeren Spieler bin auch ich enttäuscht, aber ich fühle mich weiterhin als Teil der Mannschaft und wünsche ihr von ganzem Herzen, dass sie eine tolle EM spielt“, sagte der Stürmer.
Nach den fünf EM-Warnschüssen der kleinen Schweiz startet Joachim Löw den EM-Countdown neu. Der Bundestrainer muss mehr denn je auf die Frust-Bayern setzen und Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm & Co. unter Zeitdruck fit machen für seine Titelmission.
„Einige Spieler haben gefehlt, die unsere Mannschaft prägen in ihrem Spiel“, hob Löw nach der irritierenden 3:5-Pleite beim vorletzten Test exakt 14 Tage vor dem Turnierernstfall am 9. Juni gegen Portugal hervor. Der Chefcoach stellte die Uhr nach dem Betriebsunfall notgedrungen zurück auf null: „Jetzt beginnt die Vorbereitung auf die EM. Ich habe keine Bedenken, dass bei den Bayern etwas hängen bleibt vom verlorenen Champions-League-Finale.“
Bundestrainer verzichtet auf Formel-1-Besuch
Löw war am Pfingstwochenende sogar die Lust auf einen Besuch des Formel-1-Spektakels in Monaco vergangen. Er blieb im Quartier in Tourrettes und arbeitete mit seinem Trainerstab das Fehlerfestival von Basel auf, das ihn trotz der harten Trainingsarbeit im Ausmaß erschreckt hatte. „Die Frische fehlte, es gab Konzentrationsfehler, schlechtes Spiel ohne Ball, schlechte Defensivarbeit, Abstimmungsprobleme. Alles ist aufgedeckt worden“, sagte Löw. Und doch wollte der Chefcoach keinen EM-Alarm auslösen. „Viele Dinge haben nicht gepasst. Aber es macht mir keine großen Sorgen, weil ich weiß, dass wir uns in der nächsten und übernächsten Woche eindeutig verbessern werden. Wir werden schon richtig in die Spur kommen“, übermittelte Löw an die beunruhigten Fußballfans daheim.
Vom Turnieranspruch rückte der 52-Jährige trotz des Dämpfers nicht ab: „Wir sind eine Elitemannschaft mit großem Ziel.“ Es war ja nicht die EM-Elf, die gegen die Schweiz versagt hatte. „Wir spielen als Mannschaft seit Jahren zusammen, jetzt haben acht Bayern-Spieler gefehlt“, gab Sami Khedira zu bedenken, der ebenso wie sein Real-Kollege Mesut Özil meist im Leerlauf agierte. Teammanager Oliver Bierhoff, der am Pfingstsonntag mit 25 Nationalspielern beim Großen Preis von Monaco Ablenkung suchte, betonte ebenfalls den Bayern-Faktor: „Natürlich erhöhen sie unsere Qualität.“ Trotzdem war der Manager verärgert. Besonders die Abwehr vor dem frustrierten Debütanten Marc-André ter Stegen war löchriger als jeder Schweizer Käse. Fünf Gegentore gab es letztmals in einem Länderspiel vor acht Jahren beim 1:5 in Rumänien; wenige Wochen später folgten bei der EM in Portugal der Vorrunden-K.-o. und der Rücktritt des damaligen Teamchefs Rudi Völler. Löw nahm einzig und allein den 20 Jahre alten Gladbacher Schlussmann ter Stegen in Schutz: „Er muss den Kopf jetzt nicht hängen lassen.“
Dreimal wurde ter Stegen vom künftigen Hoffenheimer Eren Derdiyok bezwungen, dazu von Lichtsteiner und Mehmedi. Hummels und Reus durften sich über ihre ersten Länderspieltore freuen. Dazu betrieb Schürrle Schadensbegrenzung. Bei der Suche nach der EM-Formation kam Löw nicht weiter. Mertesacker und Torjäger Klose sind nach ihren Verletzungspausen ebenso wie der Dortmunder Götze noch weit entfernt von der Turnierform. (dpa)"Randbemerkung
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