Liga-Auftakt in der Corona-Krise: Starten oder warten?
Während in dieser Woche die Handballer beginnen und auch die Basketball-Klubs für den Auftakt am 6. November planen, zögern die Eishockey-Vereine noch.
Wer ist die Nummer zwei im Teamsport hinter König Fußball? Die aktuellen Zahlen sprechen für das Eishockey. Gut 2,3 Millionen Zuschauer sehen die Spiele der Deutschen Eishockey Liga. Doch der Segen verkehrt sich in der Corona-Krise zum Fluch. Die extreme Abhängigkeit vom zahlenden Fan bereitet der Puckbranche Kopfzerbrechen, die Liga zögert mit dem Auftakt. Dagegen starten die Handballer in dieser Woche. Die Basketball-Bundesliga (BBL) hält am Starttermin der Basketball-Spielzeit am 6. November fest. Was läuft schief, wer verrechnet sich am Ende? Ein Blick auf die drei Branchen, die sich in einer Arbeitsgemeinschaft organisiert haben, um gegenüber der Politik mit einer Stimme zu sprechen.
Eishockey: Panther und DEL auf Zuschauer angewiesen
"Ich verstehe nicht, wie die Handballer und Basketballer starten können", sagt Leonardo Conti, Prokurist der Augsburger Panther. Wenn die jetzige Regelung mit einer Zuschauerauslastung von 20 Prozent bestehen bleibt, sieht sich das Gründungsmitglied der Deutschen Eishockey Liga (DEL) vor existenziellen Problemen. "Das wäre ein Himmelfahrtskommando. Dann befürchte ich ein siebenstelliges Minus im Etat", sagt Conti. Bis zu 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaften die Klubs an den Spieltagen. Pro Saison sind es nach Liga-Angaben rund 130 Millionen Euro. Zudem ist Eishockey ein teurer Sport und ein Spielerkader umfasst mindestens 25 Profis.
In der jüngsten Versammlung richteten die DEL-Gesellschafter einen Hilferuf an die Politik. Ohne eine Finanzspritze von 60 Millionen Euro gibt es in dieser Saison kein Erstliga-Eishockey. Zum Vergleich: Der FC Augsburg nimmt rund 50 Millionen Euro TV-Geld pro Saison ein. Im Eishockey gibt es rund 200.000 Euro pro Klub. Am Freitag will die DEL entscheiden, ob der Starttermin 13. November gehalten werden kann. Auch ein späterer Beginn wird diskutiert, selbst die Komplett-Absage scheint möglich. "Wir alle wollen zurück in den Spielbetrieb, aber es bringt nichts, eine Saison krampfhaft durchzuziehen. Da bleiben am Ende ein paar Vereine auf der Strecke", sagt Conti. Paradox: Mit dem Kurzarbeitergeld kommen die Klubs gut über die Runden, einen Spielbetrieb mit stark eingeschränktem Zuschaueraufkommen kann sich Eishockey nicht leisten. Selbst wenn die Spieler durch die Corona-Vertragsklauseln auf bis zu 25 Prozents ihres Gehalts verzichten.
Handball: Kapitän der Nationalmannschaft ist skeptisch
Die kritische Sichtweise der Eishockey-Branche unterschiedet sich grundsätzlich von der Zuversicht in den beiden anderen Hallensportarten. Am Donnerstag nehmen die Handballer den Spielbetrieb auf und Handball-Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann freut sich über einen "kleinen Schritt zurück in die Lebenswirklichkeit". Wie Eishockey-Chef Tripcke betont auch Bohmann, dass die "20 Prozent auf Dauer nicht ausreichen". Trotzdem will man unbedingt loslegen.
Teils wurden die Spielerkader gestrafft, um Kosten zu sparen. Doch niemand weiß, ob die Runde wie geplant zu Ende gespielt werden kann. Es ist noch nicht mal sicher, ob alle Vereine die zum Teil drastischen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise überleben werden. Uwe Gensheimer, Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen und Kapitän der Nationalmannschaft, äußert sich skeptisch: "Aus Sicht der Klubs ist die wirtschaftliche Situation weiterhin katastrophal."
Basketball: Ratiopharm Ulm startet vor 1200 Fans im EuroCup
In der BBL planen die Klubs, anders als im Eishockey, ihre Etats ohne Zuschauereinnahmen. Das Finalturnier ohne Fans im Sommer wertet man als erfolgreichen Test. Ein Abrücken vom Saisonstart am 6. November ist laut BBL-Geschäftsführer Stefan Holz keine Option: "Wir sind zuversichtlich und gelassen." Holz räumt ein, dass ein Klub bei einer Auslastung von 20 Prozent Geld bei einem Heimspiel verliere. In Ulm sollen teure Verträge mit Ausländern aufgelöst worden sein. Mit deutlich günstigerem Personal will man den Einnahmeverlust offenbar ausgleichen. Bereits am Mittwoch tritt Ratiopharm Ulm zu Hause im EuroCup gegen Mornar Bar aus Montenegro an. 1200 Fans dürfen in die Halle. Ungetrübt ist die Vorfreude auf den ersten Heim-Auftritt nach 204 Tagen auch bei Ulms Kapitän Per Günther nicht: "Wir freuen uns sehr auf das erste Spiel vor Zuschauern – wenn auch mit ein bisschen Vorbehalt."
Während Eishockey auf Zeit spielt, wollen Handball und Basketball loslegen und hoffen auf eine schrittweise Erhöhung der Zuschauerzahlen. Riskant scheinen die unterschiedlichen Wege allesamt.
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Ich habs schon mal geschrieben. Eigentlich bin ich Eishockey-Fan. Was die DEL aber derzeit und in den letzten Wochen so alles macht, ist wenig hilfreich. Die Cororna-Pandemie nimmt wieder Fahrt auf. Und die DEL stellt Forderungen, die aktuell einfach nicht zu erfüllen sind. Das muss doch jedem halbwegs normal denkenden Menschen klar sein. Die Clubs hätten sich ja auch selbst etwas besser auf die Situation einstellen können. Wenn man sieht, dass die kommende Saison nicht annähernd die Einnahmen bringen kann, warum bitte werden über Wochen immer neue Spieler verpflichtet? Neueinstellungen in Kurzarbeit zu bringen funktioniert nicht. Das ist doch wirtschaftlicher Blindflug! Oder wurden die Verträge etwa schon vor Monaten geschlossen und erst jetzt bekannt gegeben? Wird etwa der Fan mal wieder verar...? Den Vogel haben die Augsburger Panther abgeschossen mit ihrem Konzept, aus ein und demselben Eishockeyspiel 5 Einzelevents mit je 1.000 Zuschauern machen zu wollen. Hat im Management irgendeiner wirklich ernsthaft geglaubt, dass das zugelassen werden kann? Dann würde der FCA 30 Einzelevents a 1.000 Zuschauer pro Heimspiel anmelden, der FC Bayern 80 usw. Jetzt jammern die Eishockeyvereine (nein die GmbHs) wieder, wie schlecht es Ihnen ja schon immer geht. Sie würden bei einer perfekt laufenden Saison bestenfalls eine schwarze Null schreiben. Ist das nicht ein wenig wie bei Donald Trump und seinen Steuerzahlungen? Entweder ist Eishockey eine Erfolgsblase oder ein Steuervermeidungsmodell. In beiden Fällen wären die Bosse bestens beraten, mal ihr eigenes Handeln zu hinterfragen. Wenn man sich etwas nicht oder nur schwer leisten kann, könnte man ja auch abspecken. Oder man hat vermögende Gönner, die jede Saison die Verbindlichkeiten ausgleichen. Dann ist das aber deren Privatvergnügen. Und warum sollte jetzt der Staat an die Stelle dieser Privatiers treten und dieses Loch ohne Boden auffüllen? Liebe Eishockey-GmbHs, versucht es doch mal mit Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit und macht mal die Augen auf, was so alles außerhalb Eurer "eiskalten Leidenschaft" so alles passiert. Ich bin mir sicher, dass dann auch das Verständnis bei der nicht Eishockey-affinen Bevölkerung einschließlich der Politik deutlich größer ist.