Der schwierige Gast: Chinas Präsident startet Europabesuch in Frankreich
Xi Jinping kommt zum Staatsbesuch nach Frankreich – zwischen dem Dissens zum Ukraine-Krieg und dem Vorwurf unlauterer Handelsmethoden gibt es schwierige Themen zu besprechen.
Das Foto sieht aus wie ein zufälliger Schnappschuss. Es zeigt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte am späten Donnerstagabend beim angeregten Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Frau Britta Ernst in der Pariser Lieblings-Brasserie der Macrons, „La Rotonde“. Ebenso wenig zufällig, wie es wohl aufgenommen wurde, tauchte das Bild in Instagram-Profil des französischen Präsidenten auf, versehen mit dem Kommentar „Afterwork“, wie, um zu zeigen: Das war ein privates Gespräch, kein Arbeitsessen.
Tatsächlich dürften die Themen aber ziemlich politisch gewesen sein und sich um den hochkarätigen Gast gedreht haben, den Macron am Montag empfängt: Der chinesische Präsident Xi Jinping kommt zum zweitägigen Staatsbesuch nach Frankreich. Es handelt sich um seine erste Visite in Europa seit Beginn der Coronapandemie. Offizieller Anlass ist die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern vor 60 Jahren.
Macron führt Xi in die Pyrenäen, wo er früher die Ferien verbrachte
Bei Xis letztem Besuch in Frankreich 2019 hatte Macron den damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dazu gebeten. Diesmal wird Junckers Nachfolgerin Ursula von der Leyen zunächst mit von der Partie sein. Scholz hingegen traf bereits Mitte April in Peking mit Chinas Staatschef zusammen und hat für den Wochenbeginn eine Reise ins Baltikum geplant. Dass der deutsche Kanzler und der französische Präsident geeint sind, sollte aber zumindest jene Aufnahme aus „La Rotonde“ zeigen.
Laut Élysée-Palast folgt auf einen protokollarischen Teil am Montag in Paris ein etwas persönlicherer Austausch am Dienstag. Dann reisen die beiden Präsidenten und ihre Ehefrauen in die französischen Pyrenäen, wo Macron in seiner Kindheit die Ferien verbrachte. Das sei ein geeigneter Rahmen für eine Annäherung, so die Hoffnung in Paris. Zwar handele es sich um einen „sehr politischen Besuch“, aber man wolle „mit einer positiven Agenda“ vorangehen. Doch es gibt heikle Themen zu besprechen und „unter dem diplomatischen Lack häufen sich die Schwierigkeiten“, analysiert Marc Julienne, Leiter der Asienabteilung am Französischen Institut für internationale Beziehungen.
Xi soll mäßigend auf Putin einwirken
Hinsichtlich Chinas militärischer Unterstützung Russlands beim Krieg gegen die Ukraine will die französische Seite Xi auffordern, „alle möglichen Hebel zu verwenden“, um mäßigend auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin einzuwirken. Allerdings, so Marc Julienne, tue dieser „alles, um auf Abstand zu dem Konflikt zu bleiben“.
Schwierig ist auch die Debatte um fairere Konkurrenzbedingungen und den Zugang für französische und europäische Unternehmen zum chinesischen Markt. Es gilt ein Gleichgewicht zu finden zwischen einer offensiven Haltung und dem Bemühen, chinesische Investoren in Frankreich, vor allem im Bereich der Elektromobilität, anzuwerben. In einem Interview mit dem Magazin The Economist sagte Macron, man sei bisher „nicht deutlich“ gegenüber Peking gewesen, das Handelsregeln nicht einhalte und Überkapazitäten aufgebaut habe, um „massiv zu exportieren, insbesondere nach Europa“.
Die EU prüft Strafzölle gegen E-Autos aus China
Die EU-Kommission prüft chinesische Subventionen für Elektrofahrzeuge und die Fotovoltaik-Industrie. Auch die Einführung von Strafzöllen steht im Raum. Peking hat als Reaktion eine Untersuchung möglicher Subventionen für Cognac und Weine eingeleitet. „Davon ausgehend, dass 96 Prozent des europäischen Alkohols, der nach China exportiert wird, aus Frankreich kommen, ist die Botschaft der Einschüchterung angekommen“, so Julienne.
Der Forscher betont, dass wohl auch gewisse Themen ausgespart würden, darunter die Meerenge zwischen China und Taiwan, die „drastische“ Vergrößerung des chinesischen Atomwaffen-Arsenals und der Vorwurf der Einmischungsversuche in Europa.
Auch die weiteren Etappen Xis auf seiner Europareise seien als Signale zu deuten: In Serbien gedenkt er mit Präsident Alexksandar Vučić der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad am 7. Mai 1999 durch US-Flugzeuge im Rahmen einer Nato-Mission, anschließend verbringt er drei Tage in Ungarn. Die Botschaft dahinter, so der Forscher: „Gegnerschaft zur Nato, Einflusskämpfe mit den Amerikanern in Europa und Unterstützung illiberaler Regime“. Frankreich wurde demnach aufgrund seines Bestehens auf „strategischer Autonomie“ ausgewählt, welche fälschlicherweise als Wille der Distanzierung von den USA und der Nato verstanden werde.
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Warum die ganze Aufregung, trotz der dubiosen Berichterstattungen in den westlichen Medien über China? Die derzeitigen Weltpolitik wird in spätestens fünf Jahren dazu führen, dass der Westen den Chinesen TAIWAN auf einem silbernen Tablett serviert.
"Hinsichtlich Chinas militärischer Unterstützung Russlands beim Krieg gegen die Ukraine will die französische Seite Xi auffordern, „alle möglichen Hebel zu verwenden“, um mäßigend auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin einzuwirken."
Die Chinesen würden sich damit selbst ins Knie schießen. Aktuell gibt es billige Energie und Rohstoffe aus Russland. Es läuft für China. Warum sollte der chinesische Regierungschef das ändern? Was hätte die EU, die ja eine Distanzierung von China, dem" systemischen Rivalen " vollmundig propagiert den dafür zu bieten? Wenn Russland fällt, rückt China in den Focus. Das ist den Chinesen bekannt. Also werden sie Russland weiterhin die Stange halten. Das ist doch recht einfach zu erkennen. Die Chinesen sind weder naiv, noch lassen sie sich mit einem feuchten Händedruck abspeisen.
Richtige Einschätzung der Politik Chinas zum Verhältnis Peking- Moskau. Da kann die EU noch so viel appellieren und Sanktionen androhen. China profitiert im UA Krieg durch günstige Lieferung von Energie und Rohstoffen aus RU und revanchiert mit Hilfestellungen bei der Lieferung von dringend benötigten Hochtechnologieprodukten für die RU Rüstungsindustrie. Die Weltwirtschaft so weit verzahnt, dass Europa auf den chines. Markt nicht verzichten und umgekehrt viele Produkte der Elektronikindustrie ohne chines. Zulieferer nicht auskommen können. Das ist nur vielen europ. Politikern nicht bewusst in ihrer Blase. Kaufen Sie heute einen Laptop - nach aussen Made in Europe oder USA , praktisch assembled in China. Und Peking läßt sich nicht vorschreiben, wie es sich zu den realitätsfernen Friedensvorstellungen des derzeitigen UA Präsidenten stellt.
Unsere Globalisierte Welt ist inzwischen so aufgebaut dass wir uns alle untereinander brauchen.. Die Welt ist ein Dorf und egal wen wir ausschließen, sanktioniere, sind immer noch durch Wirtschaft, Natur und Klima, Bodenschätze, Energie usw. verbunden.
Xi Jinping kann keiner durchschauen oder ist ein Plappermäulchen wie die unseren.. er spricht erst wenn er wirklich was zu sagen hat.. In China geschehen wie überall viele und schlimme Menschenrechtsverletzungen und trotzdem wird er ganz anders als Putin , Trump hofiert..er würde es sich auch nicht gefallen lassen, wenn man ihn auf seine Haare reduzieren würde oder ihn Troll nennt..
Nicht nur China oder andere Länder brauchen uns... sondern wir brauchen auch China und die anderen Länder.. wenn die Welt moderner wird in Digitalisierung und KI geht nichts mehr ohne den anderen.. wir gehören Bildungsmäßig eh zu den Schlusslichtern..
VonMarianne B >>In China geschehen wie überall viele und schlimme Menschenrechtsverletzungen ...<<
Falsch! In Deutschland und in Europa geschehen solch schlimme Menschenrechtsverletzungen nicht.
>>... wir gehören Bildungsmäßig eh zu den Schlusslichtern..<<
Einige schon. Deutschland insgesamt nicht.
Raimund Kamm
>>Falsch! In Deutschland und in Europa geschehen solch schlimme Menschenrechtsverletzungen nicht.<<
Nein, weil wir sie anderswo geschehen lassen, um unseren Wohlstand zu sichern, werter Herr Kamm...
Die Spaltung der Europäer scheint Xi schon noch wichtig genug zu sein. Der Führer eines 1,4 Mrd. Einwohnerstaates hält sich 3 Tage bei einem 9,6 Mio. Einwohnerstaat (Ungarn) auf. Fast schon beruhigend....
Ansonsten ist die Schwerkraft des Riesen China bald so überwältigend, dass wir langsam anfangen, wie Satelliten uns um ihn zu drehen. Die gegenseitige Abhängigkeit kippt in eine einseitige Abhängigkeit. Und die Schnelligkeit mit der eine Diktatur Entscheidungen treffen kann im Vergleich zu einem Bund vieler europäischer Demokratien mit unterschiedlichen Sichtweisen tut ein übriges. Bis wir öffentlich hin und her abwägen, wie wir Abhängigkeiten beenden, hat China schon lange auf seiner Seite reagiert.
@Richard M.
Antwort von Gunther Kropp, Basel
Welt Stefan Beutelsbacher, Karsten Seibel 10.10.2021: "Mit Chinas Kredit an Ungarn schwindet die Dominanz von Weltbank und IWF...Westliches Wertesystem unter Druck"
Peking hat wohl vor einigen Jahren schon erkannt, dass Ungarn für China ein idealer Brückenkopf ist, weil der ungarische Ministerpräsident Viktor Mihály Orbán ständig Probleme mit der EU hat.
Herr Gunther Kropp, Basel
Petér Magyar: Der Mann, der Orbán gefährlich werden könnte, vielleicht passiert bald Ähnliches wie in Polen
@Gisela B.
Antwort von Gunther Kropp, Basel
NZZ Meret Baumann, Wien 28.03.2024: "«Ungarn wird von einer Mafia regiert»: Ein Insider prangert das System Orban an
Peter Magyar war einst ein Günstling der ungarischen Machtelite. Nun packt der Ex-Mann von Justizministerin Judit Varga aus und wirft Orbans Regierung Korruption, Justizbehinderung und Machtmissbrauch vor."
Wenn Peter Magyar "ein Günstling der ungarischen Machtelite" war, dann wird wohl in einer Schublade eine Akte liegen und die wird herausgeholt werden, wenn er Ministerpräsident wird.....
Schwierig ist der Gast nur, weil man nicht ein klein wenig auf ihn eingeht und auf seinen Prinzipien wie ein störrischer Esel beharrt.
Stimmt schon. Diejenigen, die dem chinesischen Diktator etwas anzubieten haben, können sich abschmieren lassen und führen soweit ein schönes Leben auf Kosten dieser seltsamen Demokraten und Rechtsstaatlichkeitsbeharrer.
OAV Justus Krüger: 10/17: "Die größte Urbanisierung der Weltgeschichte Heute gibt es in China 125 Städte, die mehr als eine Million Einwohner zählen. Im Laufe der nächsten zehn Jahre soll ihre Zahl auf 221 ansteigen. Zum Vergleich: In ganz Europa gibt es 35 Städte in dieser Größenordnung. Mehr noch: 23 chinesische Städte haben mehr als fünf Millionen Einwohner."
Für Präsident Xi Jinping und dem Politbüro der Kommunistischen Partei Chinas wird wohl die grösste Sorge sein, dass die Europäer eines Tages chinesischen Produkte boykottieren könnten. Das chinesische Wirtschaftssystem bricht zusammen und die Sicherheitsorgane wären überfordert für Ruhe und Ordnung zu sorgen, wenn es in den Millionenstädten zu Unruhen kommen könnte. Die Millionen-Städte könnten nicht mehr mit Lebensmittel versorgt werden etc. etc. Möglich, dass in Paris und Berlin noch nicht erkannt wurde, was für eine Machtposition die EU haben könnte, der chinesischen Führung die Realitäten aufzuzeigen, wenn es keine Kooperation geben könnte.
Gunther Kropp, Basel
>>Das chinesische Wirtschaftssystem bricht zusammen und die Sicherheitsorgane wären überfordert für Ruhe und Ordnung zu sorgen, wenn es in den Millionenstädten zu Unruhen kommen könnte.<<
Das sind maximal feuchte Träume irgendwelcher Utopisten. Dazu ist die Abhängigkeit der EU von China viel zu groß. Volkswagen verkauft fast zwei Fünftel ihrer Produktion in China, BMW und Mercedes-Benz fast ein Drittel. Was wäre, wenn dieser Markt plötzlich wegfiele? China ist nicht auf deutsche Autos angewiesen, deutsche Automobilhersteller auf den chinesischen Markt jedoch sehr wohl.
Robert M.
Antwort von Gunther Kropp, Basel
Sie haben es richtig erkannt, beide Seiten sind voneinander hängig geworden. Das Gleichgewicht der Kräfte ist angesagt.