Glatteis im Augsburger Land: Totalausfall bei der Bahn, Streudienste im Dauereinsatz
Für Autofahrer ist Blitzeis ein Horrorszenario. Fahrschülern bereitet es schlaflose Nächte, den Bahnverkehr im Augsburger Land legt es zeitweise vollkommen still.
Der Garten gefroren, das Thermometer zeigt Minusgrade im beinahe zweistelligen Bereich. Trotzdem regnet es und die Straßen frieren sofort zu. Das Wetter lädt derzeit nicht zum Verlassen des Hauses ein. Wer nicht drum herum kommt, muss sich auf gefährliches Glatteis einstellen. Trotz der hohen Unfallgefahr ist man bei der Polizei überrascht über den Verkehr im Landkreis. Bei der Bahn dürfte der Schock tiefer sitzen. Wie es bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt im Landkreis überhaupt regnen kann, erklärt ein Meteorologe.
Über Stunden kam es immer wieder zu gefrierendem Regen und Glatteisgefahr. Im Bereich der Integrierten Leitstelle Augsburg, zu der auch der Landkreis zählt, wurden am Mittwoch Rettungskräfte zu einigen Notfalleinsätzen gerufen. "Es gab mehrere Unfälle, vor allem auf B17 und A8. Zum Glück ohne Schwerverletzte. Außerdem mussten viele gestürzte Radfahrer und Fußgänger behandelt werden", berichtete Feuerwehrsprecher Anselm Brieger.
Wenige Unfälle auf der Straße, Totalausfall bei der Bahn
Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer wurden am Mittwochnachmittag kalt erwischt. Wie der Bahnbetreiber Go-Ahead mitteilte, kam zeitweise der gesamte Zugverkehr im Augsburger Land zum Erliegen. Verantwortlich dafür waren vereiste Oberleitungen, die außerdem dazu führten, dass in der Region mehrere Züge auf der Strecke liegen blieben. Go-Ahead riet allen Menschen von Bahnfahrten auf den von ihnen betriebenen Strecken ab.
Ebenso gefährlich, doch weniger spektakulär ging es dagegen auf den Straßen zu. "Es ist extrem rutschig, oft sind Autoscheiben eingefroren und man braucht länger für seinen Heimweg", fasst Polizeihauptkommissar Achim Winterstein von der Zusmarshauser Polizei die Lage am Mittwochnachmittag zusammen. Sowohl mit dem Auto als auch per Rad oder zu Fuß sind die Bedingungen gefährlich. "Man sollte sich überlegen, ob man überhaupt aus dem Haus geht, wenn man nicht unbedingt muss", rät der Polizist. Trotz der Bedenken des Beamten war es auf den Straßen erstaunlich ruhig. Einige Autos seien von der Fahrbahn abgekommen, zu größeren Verletzungen oder Schäden kam es bis Redaktionsschluss aber nicht. Bei der Gersthofer Polizei zeigte man sich darüber überrascht, die Behörden hatten mit Schlimmerem gerechnet.
Dass es bei den wenigen Unfällen bleibt, liegt unter anderem an den vielen Streudiensten im Landkreis. Bei der Autobahnmeisterei Pansuevia waren den gesamten Mittwoch über die Streufahrzeuge im Einsatz. "Alle Fahrer sind draußen, selbst der Autobahnmeister", sagt Andre Scholz vom Betrieb, der die A8 westlich von Augsburg bis Ulm betreut. Für den Streckenabschnitt waren rund um die Uhr sechs Lastwagen und zwei Unimog im Einsatz. Vermeiden ließ sich Glatteis trotzdem nicht überall.
"Selbst das Kopfsteinpflaster ist vereist", sagte Wolfgang Zeller von der Polizeiinspektion Schwabmünchen. Dort wurden drei kleinere Verkehrsunfälle gemeldet und ein gestürzter Radfahrer, der ins Krankenhaus gebracht werden musste. In Königsbrunn wurde am frühen Nachmittag der städtische Friedhof in der Wertachstraße geschlossen, weil die Sturzgefahr zu groß war, teilte Pressesprecherin Anke Maresch mit. Im Bereich der Bobinger Polizei kam es zu zwei kleineren Autounfällen ohne Verletzte, eine Fußgängerin zog sich leichte Verletzungen durch einen Sturz zu.
Winterdienst ist im Landkreis Augsburg ununterbrochen im Einsatz
Der Winterdienst war am Mittwoch pausenlos im Einsatz. "Unsere Mitarbeiter sind seit dem frühen Morgen mit den Streufahrzeugen unterwegs", berichtete der Schwabmünchner Bauhofleiter Hermann Müller. Geholfen habe, dass noch Restsalz von den vergangenen Tagen vorhanden war. "Wenn wir die Glätte rechtzeitig erwischen, bekommen wir sie relativ gut in den Griff."
In Königsbrunn waren Mitarbeiter des Betriebshofs in verschiedenen Schichten von 4 Uhr ununterbrochen bis 21 Uhr auf den Straßen zum Streuen. Pressesprecherin Anke Maresch sagte: "Die komplette Mannschaft war im Einsatz, wir haben sogar Urlauber zurückgeholt. Durch die gute Vorbereitung lief bisher alles problemlos." Allerdings hat auch die Wirkung von Streusalz ihre Grenzen, weiß Bauhofleiter Müller. "Die Salzkerne brauchen ständigen Kontakt zum Eis, damit dieses schmilzt. Auf viel befahrenen Straßen funktioniert das ganz gut. Wenn es sich in Wasser auflöst und die Reifen darüber fahren, verteilen sie das Salz." Auf Fußwegen und wenig befahrenen Straßen wurde es hingegen problematisch. Eine Situation wie am Mittwoch sei selten - in seinen 22 Jahren beim Bauhof hat Hermann Müller erst einmal einen so dicken Eispanzer erlebt und das ist schon länger her, erinnert er sich.
In Fahrschulen sorgt das Wetter für schlaflose Nächte
Für besonders große Verunsicherung sorgt das gefährliche Wetter zurzeit in Fahrschulen, weiß Fahrlehrer Arno Bruggner aus Gersthofen. "Die Jugendlichen machen sich Sorgen – vor einer Prüfung bei dem Wetter können die meisten nachts nicht mehr schlafen", verrät er. Oft trauen sich junge Fahrschülerinnen und Fahrschüler bei den frostigen Temperaturen gar nicht erst, Termine zu buchen, so Bruggner. "Dabei wäre genau jetzt die richtige Zeit zum Üben." Denn: Bei Bruggner haben am Mittwoch mehrere Fahrschülerinnen und Fahrschüler ihre praktische Prüfung abgelegt, "die bisher noch nie mit Glatteis in Berührung gekommen sind". Sie können deshalb noch gar kein Gefühl dafür haben, so der Fahrlehrer. "Das ist, wie mit glatten Schuhsohlen zum ersten Mal bei Schnee und Eis um eine Kurve rennen zu wollen."
Bestanden haben am Mittwoch alle ihre Prüfung. Fahrlehrer Bruggner sieht zurzeit aber auch bei geübten Autofahrern noch Nachholbedarf. "Da gibt es schon einige, die momentan mit spannenden Überholmanövern auffallen oder viel zu schnell durch Schnee- und Matschfelder fahren." Zu viele Menschen würden sich auf ihre intelligenten Autos verlassen und die Gefahren unterschätzen.
Eisregen und Blitzeis: Wie kann es bei Minustemperaturen überhaupt regnen?
Wie aber kann es sein, dass bei einer Lufttemperatur von minus vier Grad Regen fällt? "Es gibt über dem Boden eine mehrere Hundert Meter dicke Schicht, in der wir noch kalte Luft mit Minusgraden haben", erklärt Klaus Hager, Meteorologe aus Neusäß. Darüber hat sich eine Blase mit warmer Luft geschoben. In bis zu acht Kilometern Höhe bilde sich Niederschlag in Form von Schneeflocken, der durch die warme Luft aber zu Regen und erst am Boden zum berüchtigten Blitzeis wird. Auf den Straßen habe dieses eine Dicke von ein bis zwei Millimetern: "Bei einer solchen Eisschicht könne man als Autofahrer wenig machen.
Meteorologe gibt verhalten optimistische Wetteraussicht
"Das Besondere am Mittwoch war, dass das nicht in einer Stunde erledigt war, sondern mehrere Stunden die Gefahr von gefrierender Nässe bestanden hat." Für die nächsten Tage aber gibt der Meteorologe Entwarnung: "Am Donnerstag und Freitag könnte es noch mal schneien, aber mehr als ein bis drei Zentimeter werden es wohl nicht werden. Am Wochenende wird es mit minus fünf bis minus acht Grad noch mal richtig kalt, ehe es zum Wochenanfang milder wird."
Sollte es am Donnerstag mancherorts noch einmal glatt werden, ist höchste Vorsicht geboten. Bei Glatteis empfiehlt die Polizei, unbedingt langsam, vorausschauend und übervorsichtig zu fahren. Wolfgang Zeller sagt: "Wenn es irgendwie möglich ist: Lassen Sie das Auto stehen, steigen Sie auf die öffentlichen Verkehrsmittel um oder gehen Sie gar nicht erst raus." Auch Tobias Kellermann von der Bobinger Polizei rät, bei gefrierendem Regen unnötige Fahrten oder Spaziergänge zu vermeiden. Der stellvertretende Dienststellenleiter ergänzt: "Wer unbedingt raus muss, sollte das bitte mit der entsprechenden Ausrüstung tun."
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